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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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ihm auch die Bundesliga-Ergebnisse. Ganz wichtig waren die Ergebnisse des HSV. Ich schrieb sogar kurze Spielberichte. Aber bevor diese Briefe bei ihm angekommen waren, telefonierten wir miteinander, und er lachte über mich. An Bord empfingen sie Deutsche Welle Radio. Also hörte ich auf mit meinen Berichten.
    Für Heribert war es jedes Mal ein Feiertag, wenn der Agent die Post brachte. Heribert erzählte mir, dass er es kaum erwarten konnte, die Briefe zu öffnen. Oft las er sie mehrmals hintereinander. Dass das tatsächlich stimmte, merkte ich daran, dass er bei unserem nächsten Telefonat daraus zitierte. Auch ich bekam Post von ihm, leider nicht ganz so häufig, aber wenn mich ein Brief erreichte, war ich sehr aufgeregt. Ein Telefonat ist schnell vorüber, einen Brief kann man aufheben und immer wieder lesen. Ich las Heriberts Briefe allerdings nie sofort, sondern legte sie vorsichtig wie einen Schatz auf meinen Nachtschrank. Das Lesen hob ich mir bis zum Abend auf. Erst im Bett, wenn ich ganz allein und ungestört war, öffnete ich den Umschlag vorsichtig. Ich roch an dem Papier, nahm jede Zeile, jedes Wort in mich auf. Auch ich las die Briefe immer und immer wieder. Dabei liefen mir dicke Tränen über die Wangen. Aber nicht aus Trauer, sondern vor Rührung und Glück.

    Nun, fast zehn Jahre später, sitze ich im Flughafenbus und bin wieder einmal allein. Heute haben wir uns zum zehnten Mal verabschiedet. Gewöhnen kann ich mich daran aber leider nicht. Ganz im Gegenteil. Eigentlich wird es mit jedem Mal schlimmer. Inzwischen wohnen wir in Berlin, in einer wunderschönen Altbauwohnung, die für mich allein viel zu groß ist. In einer großen leeren Wohnung fühlt man sich noch viel einsamer als in einer kleinen leeren Wohnung.
    Heribert ist meinetwegen nach Berlin gezogen. Direkt nach dem Studium habe ich ein Volontariat bei der Berliner Zeitung begonnen. Als Heribert mit dem Studium fertig war und von seiner ersten Schiffsreise als Offizier zurückkam, habe ich ihn regelrecht dazu gezwungen, zu mir zu ziehen. Mein Mitbewohner war gerade ausgezogen, der Zeitpunkt schien ideal und schließlich waren wir schon fast fünf Jahre zusammen. Heribert wollte nicht nach Berlin. Seine Freunde wohnten in Bremen, Hamburg, Köln und München. In Berlin kannte er niemanden. Ich schrieb ihm noch während seiner Reise, dass ich keine Lust darauf hätte, eine Beziehung mit einem Mann zu führen, der acht Monate im Jahr unterwegs sei und die restliche Zeit auch noch 300 Kilometer entfernt wohnte. Ich ließ nicht locker. Ich drohte sogar mit Trennung. Irgendwann hatte ich ihn überzeugt. Heriberts Umzug liegt nun fast fünf Jahre zurück. Mittlerweile fühlt er sich hier wohl. Seine Schwester und mein Bruder sind inzwischen ebenfalls nach Berlin gezogen. Seine Freunde kommen uns oft besuchen. Einer von ihnen hat sich vor kurzem in eine Berlinerin verliebt. Er ist jetzt fast jedes Wochenende in der Stadt. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch er hierherziehen wird.
    Ich sitze im Bus und sehe noch immer aus dem Fenster. Ich beobachte den langsam einsetzenden Berufsverkehr und bin froh, dass alles so gekommen ist. In meiner Tasche habe ich mehrere Zeitungen und Zeitschriften, aber ich kann mich nicht dazu aufraffen, sie herauszuholen. Es ist, als hätte jemand alle Energie aus meinem Körper gesogen. Allein der Gedanke, jetzt zu lesen, erscheint mir viel zu anstrengend. Ich rutsche noch ein Stück tiefer in den Sitz hinein, ziehe meine Beine nach oben und presse die Knie gegen die Rückenlehne des Vordersitzes. So habe ich mehr Halt und falle in der nächsten Kurve nicht herunter. Jetzt sitze ich nicht mehr, sondern hänge da wie ein »Schluck Wasser«. Mein Vater gebrauchte diesen Ausspruch früher häufig, wenn er mich ermahnte, mich ordentlich hinzusetzen. All seine Bemühungen haben nichts gebracht. Jetzt bin ich 31 Jahre alt und kann noch immer nicht richtig sitzen. Wenn mein Vater mich so sehen könnte, würde er mit den Augen rollen. Er würde nichts sagen, aber ich würde ihn trotzdem verstehen.
    Beim Gedanken an meine Eltern muss ich lächeln. Ich werde mich in den nächsten Wochen und Monaten wieder häufiger bei ihnen melden. Sie häufiger besuchen. Das ist immer so, wenn Heribert weg ist. Ich werde wieder zum Kind. Es ist, als hätte ich mich nie abgenabelt. Meine Mutter lacht, wenn sie ans Telefon geht. »Ich wusste, dass du es bist«, sagt sie dann. Manchmal rufe ich dreimal am Tag an. Am liebsten

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