Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
liegt das Kleid ganz eng an. Unterhalb der Hüfte wird es weit. Eileen sieht aus wie eine Prinzessin. In diesem Kleid wirkt sie ganz zart und zerbrechlich. Fast eine Stunde hat es gedauert, bis Eileen ihr Kleid endlich anhatte. Ihre Mutter, ihre Schwester und ich haben ihr geholfen, in das Kleid zu steigen und all die kleinen Knöpfe am Rücken zu schließen.
Vito hat die Nacht bei seinen Eltern verbracht. Eileen, ihre Familie und ich waren im Haus. Eileen überrascht mich. Dafür, dass sie in wenigen Stunden heiratet, ist sie erstaunlich entspannt. Auch der Rest der Familie ist sehr ruhig. Erst als das Hochzeitsauto, ein alter silberfarbener Rolls-Royce mit Chauffeur, vor dem Haus hält, sind alle etwas nervös.
Eileens Schwester Carolin, ihr Freund Simon, das Blumenmädchen, eine Großcousine von Vito, und ich setzen uns als Erstes in den Wagen. Eileen und ihre Eltern kommen nach.
Vor der Kirche treffe ich Martin. Auch er ist mit Eileen und mir zur Schule gegangen. Martin und ich waren sogar schon zusammen im Kindergarten, unsere Eltern wohnten in einem Haus. Martin ist mein ältester Freund. Wir kennen uns schon fast unser ganzes Leben. Unsere Begrüßung fällt überschwenglich aus. Nicola, seine Freundin, steht neben ihm. Die beiden sehen richtig gut aus, sie sind braun gebrannt und wirken sehr erholt. Sie machen gerade eine vierwöchige Tour durch Australien. Ihren Ausflug nach Sydney haben sie extra auf die Hochzeit abgestimmt. Ich bin froh, dass sie da sind. Gemeinsam gehen wir in die Kirche. Vito wartet bereits am Altar auf seine Braut. Alle paar Sekunden sieht er nervös zum Eingang. Ich winke ihm fröhlich zu. Seine Miene ist wie versteinert. Er sieht mich gar nicht.
Die Orgel beginnt zu spielen. Eileen läuft am Arm ihres Vaters langsam in die Kirche. Ich muss weinen. Ich wusste, dass das passieren würde. Ich bin auch nicht die Einzige. Überall werden Taschentücher gezückt. Auch so mancher Mann bekommt feuchte Augen. Aber bei ihnen fällt es weniger auf. Sie schluchzen nicht. Und sie müssen sich auch nicht ständig schneuzen.
Die Zeremonie in der Kirche ist sehr schön, aber kurz. Und das ist auch gut so. Hätte es noch ein paar Minuten länger gedauert, wäre wohl gar nichts mehr von meinem Make-up übrig geblieben.
Als wir uns außerhalb der Kirche in die Warteschlange einreihen, um dem Brautpaar zu gratulieren, sehe ich mich um und versuche, unter den australischen Gästen meinen Tischnachbarn auszumachen. Aber woran soll ich erkennen, wer von den Männern der charmante Weiberheld Jack ist? Vor der Kirche stehen mehrere Gruppen junger Männer. Die Frauen stehen etwas abseits in eigenen Gruppen. Ich kann also nicht einmal erkennen, wer von den Männern ohne Begleitung hier ist. Jack könnte so ziemlich jeder sein. Ich gebe auf.
Als wir ins Restaurant kommen, werden wir direkt am Eingang mit einem Glas Sekt empfangen. Martin, Nicola und ich sehen uns im Raum um. Alles hier ist sehr modern, die Wände und Möbel sind weiß, an der Decke hängen riesige Kronleuchter. Es gibt festlich gedeckte Tische, eine Bühne und eine Tanzfläche. Das Brautpaar und deren Familien sind noch beim Fotoshooting. Wir stellen uns an die Bar und nippen gutgelaunt an unseren Gläsern. Ich habe seit Stunden nichts gegessen. Ich war einfach zu nervös. Der Alkohol steigt mir sofort zu Kopf. Kaum haben wir unsere Gläser geleert, stellt uns der Kellner neue, volle Gläser auf den Tresen.
»Auf das Brautpaar!«, ruft Martin feierlich.
»Auf das Brautpaar!«, antworten Nicola und ich. Wieder prosten wir uns fröhlich zu.
Der Raum füllt sich langsam. Grüppchenweise treten die Gäste ein und fangen an, auf den Tischen nach ihren Namensschildern zu suchen. Auch wir wollen wissen, wo wir sitzen. Auf jedem Schild stehen zwei Namen. Meinen Namen habe ich schnell gefunden. Und dennoch laufe ich erst einmal daran vorbei. Im ersten Moment denke ich, dass dieses Schild zu jemand anderem gehören muss. »Nancy & Jack« steht auf dem Schild geschrieben. Die beiden Namen sehen so fremd nebeneinander aus. Gleich daneben steht das Schild »Nicola & Martin«. Dieses Schild wiederum wirkt ganz vertraut. Also war ich doch richtig. Ich denke an Heribert. Warum steht da nicht »Nancy & Heribert«?
Wir setzen uns und beobachten, wie sich immer mehr Gäste an ihren Plätzen einfinden. Plötzlich steht ein großer, dunkelblonder Mann neben mir.
»Hallo, ich bin Jack«, sagt er und reicht mir höflich die Hand. Er lächelt mich an, ich
Weitere Kostenlose Bücher