Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
ab, doch niemand meldete sich.
    Wütend schüttelte sie den Kopf. »Playboy«, schimpfte
sie leise. Konnte Alex nicht wenigstens diese eine verdammte Nacht im eigenen
Bett verbringen? Doch so schnell ihr Zorn auch entflammt war, so schnell legte
er sich wieder. Wie hätte er die Ereignisse draußen auf dem See vorhersehen sollen?
    Da an Schlaf ohnehin nicht mehr zu denken war, begab
sie sich in die Küche, schaltete das Radio ein und setzte Kaffee auf. Danach
zog sie sich um und machte sich frisch. Zu einer gründlichen »Restauration«
fehlte ihr die Zeit. Jetzt schon hörte sie die Kollegen lästern, kaum dass sie
ihr in den Redaktionsräumen begegneten: »Wohl versumpft gestern, was? Scheint
ja hoch hergegangen zu sein. Und ich dachte immer, Pathologen seien
Sauertöpfe!«
    Bis dahin allerdings würde noch einiges Rheinwasser
den See durchfließen.
    ***
    Erneut hatte sich der Wind gedreht. Er kam
jetzt, wenn auch abgeschwächt, genau aus Nordost. Das bedeutete: Der stinkende
Ölfilm trieb erneut auf die Mainau zu.
    Endlich hatte sich auch Staatsanwalt Dr. Schneidewind
eingefunden. Mit mürrischer Miene ließ er sich die Lage erklären, ehe er das
Gehörte zusammenfasste: »Wenn ich Sie recht verstehe, meine Herren, dann hat
die Feuerwehr den Ölteppich zur Mainau hin durch eine Sperre abgesichert … wie
lang etwa? Ich meine, wie lang ist die Sperre?«
    »Neunhundert Meter. Mehr Material stand für den Moment
nicht zur Verfügung. Nachschub ist angefordert, müsste in Kürze eintreffen«,
gab Horvath Auskunft.
    »Neunhundert Meter? Donnerwetter. Aber weiter im Text:
Mit Beginn der Morgendämmerung …«, er sah kurz auf die Uhr, »also in etwa zwei
Stunden, soll der Hubschrauber eintreffen und den Ölteppich mit einem
chemischen Stoff besprühen, von dem Sie, meine Herren, sich nach Lage der Dinge
jedoch keine durchschlagende Wirkung versprechen. Ist es so?«
    »So ist es. Ich halte den Helikoptereinsatz für reinen
Aktionismus, Herr Staatsanwalt.«
    Ungeduldig winkte Schneidewind ab. »Fatalismus bringt
uns aber auch nicht weiter. Nehmen wir an, Sie hätten recht mit Ihrer Annahme.
Das würde bedeuten, dass wir genauso gut die Hände in den Schoß legen und
einfach abwarten könnten, bis sich das Zeug irgendwann einmal von selbst
absenkt, mit allen ökologischen Folgen für den Seegrund und das Inselufer. Der
Schaden, der daraus entstehen könnte, wäre immens. Ich brauche Sie wohl nicht
daran zu erinnern, dass die Mainau eines der bedeutendsten touristischen Ziele
der Region darstellt.«
    »Sie werden’s nicht glauben, aber das ist uns bekannt,
Herr Staatsanwalt«, entgegnete Wolf mit erhobenen Augenbrauen. »Worauf wollen
Sie hinaus?«
    Schneidewind fasste ihn scharf ins Auge, ehe er mit
einer Gegenfrage antwortete. »Ist eigentlich die gräfliche Familie schon
verständigt worden?«
    Wolf und Horvath sahen sich wie zwei ertappte Schüler
an.
    »Von uns nicht«, entgegnete Wolf zerknirscht.
    »Ah ja! Und darf man fragen, weshalb nicht? Sie sind
seit Stunden am Einsatzort und halten es nicht für nötig, die Hauptbetroffenen
über das Desaster zu informieren? Ich muss schon sagen, meine Herren! Womöglich
haben Sie auch das befallene Seegebiet noch nicht sperren lassen, hab ich
recht?«
    Noch ehe Horvath das verdaut hatte, kam Wolfs scharf
formulierte Antwort: »Wir sind es gewohnt, solche Anordnungen einvernehmlich
mit der Staatsanwaltschaft zu treffen – sofern sie anwesend ist. Da Sie
inzwischen eingetroffen sind, werden Sie das sicher übernehmen wollen, nicht
wahr? Mich müssen Sie nun entschuldigen, nach zweiundzwanzig Stunden habe ich
mir endlich eine Mütze Schlaf verdient.«
    ***
    Fernes
Rauschen drang aus dem Hörer, gepaart mit einem hohen, an- und abschwellenden
Sirren, dann schien die Leitung zu stehen. Wie aus dem Off erklang Erich
Rottmanns sonore Stimme.
    »Alex, kannst du mich hören?«
    »Klar und deutlich. Wie kommt ihr voran?« Alex lehnte
sich, die Beine auf dem Schreibtisch übereinandergelegt und mit der rechten
Hand einen silbernen Drehbleistift jonglierend, ganz entspannt zurück. Er
genoss diese Haltung umso mehr, da er wusste, wie sehr »der General« sie
verabscheute. So pflegte er seinen Onkel, den Biotecc-Boss, bisweilen zu
nennen, und zwar englisch ausgesprochen, also »Dscheneräll«.
    »Geht so. Du kennst unsere Partner in den Staaten.
Sind harte Brocken. Na ja, das Meeting ist gleich zu Ende, in zwei Stunden
sitze ich in der Maschine nach London. Doch ich muss über etwas

Weitere Kostenlose Bücher