Seepest
anderes mit dir
reden. Wie ich erfahre, hast du dein Lieblingsprojekt noch immer nicht
aufgegeben.«
»Wer sagt das?«
»Spielt das eine Rolle? Soweit ich mich erinnere,
waren wir übereingekommen, dass du die Finger von diesem ›FuelEx‹ lässt.«
»Du meinst FE .23. Und von einem Übereinkommen kann keine Rede sein, lieber Onkel. Du
hast, wie so häufig, eine Anordnung erlassen …«
»Aus gutem Grund. Es gibt wahrhaft dringendere
Aufgaben. Was soll ich zum Beispiel unseren amerikanischen Partnern erzählen,
wenn sie mich nach dem Stand der neuen Kunststoffadditive fragen? Soll ich
sagen, mein Herr Neffe zieht es vor, seine Hobbys zu pflegen, einer Utopie
nachzujagen?«
Alex stieß ein heiseres Lachen aus. »Von wegen Utopie!
Es gibt hier eine ganz realistische Entwicklung …«
»Ich weiß, ich weiß, der Ölteppich vor der Mainau. Ich
bin zwar im Moment in Houston, aber deshalb noch lange nicht aus der Welt.«
Alex nahm die Beine vom Tisch und setzte sich aufrecht
hin. Offenbar hatte er den Alten unterschätzt.
»Ich sehe, deine Informanten arbeiten schnell und
zuverlässig. Gratuliere! Tatsache ist aber, dass die Tests der letzten
Versuchsreihe ausgesprochen positiv verlaufen sind. Ich würde sie sogar als so
gut wie abgeschlossen bezeichnen. Wir könnten in Kürze über ein neues,
hochinteressantes und vor allen Dingen marktfähiges Produkt verfügen … ach, was
sag ich: über eine echte Cashcow!«
»Dein Optimismus in Ehren, aber ich halte das Ergebnis
für viel zu unausgereift, um damit jetzt schon an den Markt zu gehen. Was ist
mit der Umweltverträglichkeitsprüfung? Den Serientests bezüglich
Nebenwirkungen? Den Untersuchungen über mögliche Langzeitfolgen? Darüber hinaus
scheinst du nach meiner Einschätzung die Bedeutung eines solchen ›Produktes‹
für unser Portfolio maßlos zu überschätzen.«
Alex wusste durchaus, wie weit er gehen durfte. Die
Entscheidung über ein neues Forschungsprojekt oblag noch immer und
ausschließlich dem Biotecc-Gründer. Noch, fügte er in Gedanken hinzu. Aus
diesem Grund war – jedenfalls im Augenblick – an eine Fortsetzung der Arbeiten
ohne Erich Rottmanns Einverständnis nicht zu denken. Dennoch wagte er einen
letzten Versuch. »Denk doch nur mal an die Publicity, Onkel Erich. Ich sehe
schon die Schlagzeilen vor mir: ›Mainau von Ölteppich bedroht. Biotecc
verhindert Umweltkatastrophe‹. Das brächte uns schlagartig in die Weltpresse.«
»Komm mir bloß nicht damit! Was ist, wenn deine
Rettungsaktion nicht nach Plan verläuft, wenn irgendetwas schiefgeht? Dann sind
wir auch in den Schlagzeilen, aber wie! Nein, das
Risiko ist mir viel zu hoch. Im Übrigen haben wir bedeutend dringendere Projekte,
und deshalb wird die Weiterarbeit an dem Zeug eingestellt.«
»Aber …«
»Tut mir leid, meine Antwort ist endgültig!« Kaum war
das letzte Wort verklungen, war die Leitung tot.
Alex legte resigniert den Hörer auf. Dann stahl sich
plötzlich ein Lächeln in sein Gesicht. Eigentlich konnte er mit dem Verlauf des
Gespräches ganz zufrieden sein. Wie hatte die Anordnung des Alten gelautet? Die
Weiterarbeit an FE .23 war einzustellen. Punkt! Von einem Testeinsatz des neuen Mittels hatte
er nichts gesagt.
Wetten, dass er seine Meinung nach einer erfolgreichen
Rettungsaktion vor der Mainau ändern würde? Nichts überzeugte schließlich mehr
als ein satter Erfolg. Und für den würde er schon sorgen.
***
Karin
nippte an ihrer Kaffeetasse – und verbrannte sich prompt die Lippen. Dieser
Montag schien unter keinem guten Stern zu stehen. Ohne die Musikberieselung aus
dem Radio wahrzunehmen, ließ sie sich die Ereignisse des gestrigen Abends noch
einmal durch den Kopf gehen und machte sich Notizen.
Möglicherweise handelte es sich nur um einen
Bootsunfall, verursacht durch eine bedauerliche, wenn auch folgenschwere
Verkettung unglücklicher Umstände, deren Auswirkungen nichtsdestotrotz
reichlich Stoff für einen Artikel bieten würden. Aber vielleicht steckte auch
mehr dahinter? Die Presse war extrem schnell informiert worden, in der
Redaktion hatte man schließlich schon Bescheid gewusst, als Wolf noch nicht mal
auf dem Wasser war. Sie nahm sich vor, später in der Redaktion die Aufzeichnung
des eingegangenen Anrufs anzuhören.
Ärgerlich, dass sich Wolf so verdammt zugeknöpft
gezeigt hatte. Bei etwas mehr Entgegenkommen seinerseits wäre sie sicher schon
ein ganzes Stück weiter. Wie kam er überhaupt dazu, sie wie eine x-beliebige
Reporterin zu
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