Seepest
geringer Höhe überflog der Biotecc-Hubschrauber die
betroffene Fläche.
»Ich werde jetzt wenden, dann fährt die Hydraulik die
Sprüharme aus, mit denen wir das FE .23 auf den Ölteppich ausbringen«, erklärte Alex, der selbst hinter dem
Steuerknüppel saß. Seine Stimme klang merkwürdig blechern aus Karins
Kopfhörern, die gleichzeitig als Gehörschutz dienten. Die Rolle des Kopiloten
hatte der ewig schniefende Leschek übernommen. Er war es auch, der Karin beim
Pförtner abgeholt und zum Hubschrauber geführt hatte, an dem Alex Rottmann
gerade eine letzte Kontrolle der zwischen den Kufen des Helis montierten FE .23-Tanks
vornahm.
Karin war anfänglich durchaus skeptisch gewesen, ob
sie die Einladung überhaupt annehmen sollte. Doch die Aussicht auf
Informationen aus erster Hand hatte den Ausschlag gegeben. Alex hatte sie ganz
unbefangen begrüßt, und nur wenig später hatte sie sich, von einem strammen
Gurt in den hinteren Sitz gepresst, in der Kabine des stark vibrierenden
Fluggerätes wiedergefunden.
Auf ihre Frage, weshalb er ihr erlaubte, mitzukommen,
hatte er anfangs nur hintergründig gelächelt, sich schließlich aber doch noch
zu einer Erklärung bequemt: »Keine Hintergedanken, ehrlich – außer dem, dass
wir es natürlich gerne sähen, wenn unser Engagement in der Öffentlichkeit
gebührend gewürdigt würde. Am liebsten vom ›Seekurier‹, noch dazu, wo ich
dessen Schreiberin überaus schätze … äh, als investigative Reporterin, meine
ich.« Sein Grinsen war noch eine Nuance breiter geworden. »Nennen wir es doch
einfach Öffentlichkeitsarbeit für Biotecc, einverstanden?«
Karin hatte eine spitze Antwort auf der Zunge gelegen,
doch die Worte waren ihr im Hals stecken geblieben, als die Maschine abhob,
sich steil zur Seite neigte und nach einer engen Kehre ihren Ausgangspunkt
erreichte. Von dem Moment an hatte die Sicht auf den Bodensee ihre gesamte
Aufmerksamkeit beansprucht.
Bahn um Bahn überflogen sie nun in geringer Höhe die
von dem Ölfilm bedeckte Fläche, dabei aus den Düsen der Sprüharme eine
weißliche Wolke ausstoßend, die sich wie Raureif über den unruhigen Seespiegel
legte und irgendwie an einen gigantischen Zuckerguss erinnerte, ehe das Wasser
seine ursprüngliche Färbung zurückgewann – nun aber, oh Wunder, frei von
irisierenden Farbschlieren.
»Treibt ihr so nicht den Teufel mit dem Beelzebub
aus?«, fragte Karin argwöhnisch und setzte für einen kurzen Augenblick ihre
Kamera ab.
»Könnte man meinen … oberflächlich betrachtet«, quäkte
Alex’ Stimme über die Bordfunkanlage. »Aber ich versichere dir, FE .23 ist absolut
umweltverträglich. Es verändert die hydromorphologische Struktur der
Mineralölmoleküle, indem es, laienhaft ausgedrückt, deren Verkettung aufbricht.
Die Moleküle zerfallen in ihre Einzelbausteine und sinken auf den Seeboden ab,
wo sie keinerlei Schaden mehr anrichten. Toll, was?«
»Das funktioniert wirklich?«
»Allerdings. Und zwar bei Süß- und bei Salzwasser.«
»Und wer hat den FE .23-Einsatz genehmigt? Ich meine, ihr werdet das Zeug ja wohl kaum auf
eigene Verantwortung ausbringen, oder?«
»Richtig gedacht«, bestätigte Alex. »Du kannst dir gar
nicht vorstellen, wer vor solchen Einsätzen alles gefragt sein will. Das geht
los bei den Natur- und Gewässerschutzbehörden, gefolgt von den zuständigen
Umwelt- und Tourismusverbänden, dann natürlich alle möglichen politischen
Instanzen wie die Landratsämter oder die staatlichen Wasserschutzämter bis
hinauf zum Regierungspräsidium. Und die Tatsache, dass der Bodensee als
Trinkwasserreservoir genutzt wird, macht unsere Mission auch nicht gerade
einfacher, wie du dir denken kannst. Immerhin werden von hier aus vier
Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt, da muss man doppelt vorsichtig
sein.«
»Moment mal … wie habt ihr das alles in so kurzer Zeit
auf die Reihe gekriegt?«
»Ganz einfach: Wir haben uns die unteren Instanzen
gespart und uns gleich ans Regierungspräsidium gewandt.«
»Montagmorgens um sechs?«
»Wofür gibt es eine Notfallbereitschaft? Die hat die
Verantwortlichen aus den Betten getrommelt. Ob du’s glaubst oder nicht: Eine
Dreiviertelstunde später hatten wir die Genehmigung. Wenigstens dieses eine Mal
sind die Korinthenkacker über ihren Schatten gesprungen. Die Aussicht auf
ölverschmutzte Mainau-Ufer scheint ihnen Feuer unterm Hintern gemacht zu
haben.«
Erneut flog Alex eine enge Kurve, um die nächste Bahn
in Angriff zu nehmen, während
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