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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Leschek stoisch die Instrumente im Auge behielt
und die Hydraulik betätigte, welche die Düsen mit dem FE .23 versorgte. Beim Einsteigen hatte Karin rein zufällig einen Blick unter
sein Jackett erhascht. Kein Zweifel, Leschek trug eine Waffe, vermutlich in
einem Schulterholster. Nun war ihr auch klar, warum er Alex Rottmann nicht von
der Seite wich: Ganz offensichtlich fungierte er als dessen Bodyguard.
    Doch so aufschlussreich diese Beobachtung auch war, so
schnell hatte Karin sie wieder verdrängt. Inzwischen beschäftigte sie nämlich
eine weit spannendere Frage. »Sag mal, wie habt ihr eigentlich von dem Ölunfall
vor der Mainau erfahren? Und vor allem um welche Uhrzeit?«
    Gespannt beobachtete sie Alex’ Profil.
    »Warum fragst du? Ist das wichtig?«
    »Wird sich noch herausstellen. Also?«
    »Durch einen Anruf. Aber ich verstehe den Sinn der
Frage nicht …« Er runzelte die Stirn.
    »Ach komm schon, Alex, lass dir nicht jedes Wort aus
der Nase ziehen. Wer hat euch angerufen?«
    »Na wer wohl?«, fragte er leicht genervt. »Die
Feuerwehr. Aber frag mich nicht nach der Uhrzeit. Ich war gerade eingeschlafen … hatte eine anstrengende Nacht hinter mir.« Er lächelte, als schwelge er in
Erinnerungen.
    Na gut, dann eben nicht, du Blödmann, dachte Karin und
ließ es dabei bewenden.

3
    Stöhnend wälzte sich Wolf im Bett hin und
her, sein Atem ging flach, die Lippen zuckten. Es schien, als kämpfte er gegen
einen unsichtbaren Feind, der sich wie eine Zentnerlast auf ihn legte und ihn
zu erdrücken drohte – bis ein durchdringendes Jaulen den Spuk jäh beendete.
Sein Kopf fuhr hoch, mit aufgerissenen Augen starrte er um sich. Es dauerte ein
paar Sekunden, bis er in die Wirklichkeit zurückfand. Langsam entspannten sich
seine Züge und machten einem befreiten Lächeln Platz.
    Ihm war nun klar, wer den Alptraum ausgelöst hatte. Es
war Fiona, seine Katze. Sie musste, wie so oft, auf sein Bett gesprungen sein,
um den Rest der Nacht zusammengerollt wie eine Schneckennudel auf seinem Bauch
zu verschlafen, in unregelmäßigen Abständen dezente Schnarchlaute ausstoßend.
Woher sollte das blöde Katzenvieh auch wissen, was es mit seiner Zutraulichkeit
anrichtete? Fiona hatte sich in seine Träume gedrängt, und so war es passiert:
Er hatte sie mit einer allzu heftigen Armbewegung ungewollt vom Bett gefegt und
war aufgewacht.
    Derweil saß die Geschasste in sicherer Entfernung auf
dem Boden und tat beleidigt.
    »Du hast ja recht, Fiona. Eigentlich kannst du nichts
dafür«, entschuldigte sich Wolf mitfühlend und klopfte mehrmals mit der Hand
auf die Bettdecke, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Doch ihr Verlangen nach
menschlicher Nähe schien fürs Erste gestillt; sichtlich enttäuscht trollte sie
sich in die Küche, um teilnahmslos auf ihren leeren Fressnapf zu starren.
    Erleichtert schwang Wolf die Beine aus dem Bett und
schlüpfte in seine Hausschuhe. Ein Blick auf die Uhr ließ ihn innehalten. Es
war erst kurz nach acht. Verdammt, er hatte gerade mal drei Stunden geschlafen!
Aber war das ein Wunder nach dieser Nacht?
    Brummend lief er in die Küche und schaltete das Radio
an. Ein argentinischer Schlagerfuzzi sang »Guantaname-e-ra«, Schmalz troff über
die wehrlose Hörerschaft. »Dudelfunk«, knurrte Wolf abfällig und zog eine
Grimasse. Seine Kniegelenke schmerzten, wie jeden Morgen. Diese verfluchte
Arthrose. Doch er wollte sich nicht beklagen, er wusste, es gab Schlimmeres.
Blocher zum Beispiel, der Kollege vom Einbruchsdezernat, hatte gerade einen
Bandscheibenvorfall gehabt. Und das im zarten Alter von sechsundvierzig, das
musste man sich mal vorstellen!
    Wolf versuchte, sich auf seine allmorgendlichen
Verrichtungen zu konzentrieren. Als Erstes galt es, Fiona zu versorgen. Sie
fiel mit einer solchen Gier über ihr Fressen her, dass Wolf zu fürchten begann,
der Napf müsse dran glauben.
    Noch während er den Kaffee aufsetzte, kündigte der SWR eine Sondermeldung an. Gespannt drehte er lauter.
    »Wie soeben gemeldet wird, konnte
der Ölfilm auf dem Überlinger See, der sich der Insel Mainau bereits bis auf
zehn Meter genähert hatte, am frühen Morgen erfolgreich bekämpft werden. Dabei
kam ein neuartiger Wirkstoff zum Einsatz, der in Kürze unter der Bezeichnung FE .23 auf den Markt kommen soll. Er wurde in den Labors der Überlinger
Biotecc  AG entwickelt. Ein Bergungsschiff ist derzeit mit dem
Heben der Motorjacht beschäftigt, deren Explosion nach Aussage eines
Augenzeugen den Ölunfall ausgelöst hatte.

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