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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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immerhin verraten«, antwortete Wolf etwas genervt.
    »Wenn wir also«, fuhr Sommer fort, »die Identität und
den letzten Aufenthaltsort der Männer ermittelt und dort Beweisstücke
sichergestellt hätten, die uns möglicherweise wichtige Hinweise auf den
Tathintergrund liefern. Was glauben Sie, was passiert, wenn diese Informationen
zu früh an die Öffentlichkeit gelangen? Dann könnten wir uns eine rasche
Aufklärung gleich abschminken, nicht wahr? Deshalb und nur deshalb ist Herr
Wolf zu Recht zurückhaltend bei der Weitergabe von Ermittlungsergebnissen. Sie
verstehen, was ich damit sagen will, Frau Winter?«
    Wolf nickte zustimmend, ein feines Lächeln umspielte
seinen Mund. »Besser als Kriminalrat Sommer hätte ich es nicht ausdrücken
können, Verehrteste.«
    Nun schlug auch Karin Winter einen versöhnlichen Ton
an. »Na sehn Sie, das hört sich doch gleich ganz anders an. Auf mich können Sie
sich jedenfalls verlassen – genauso, wie ich mich auf Sie verlasse, Herr Wolf.
Denn ich gehe davon aus, dass Ihnen meine Kooperationsbereitschaft auch in
diesem Fall einen klitzekleinen Zeitvorsprung gegenüber meinen Kollegen wert
sein wird, sollten Sie für die Öffentlichkeit geeignete Neuigkeiten haben,
nicht wahr?« Bezaubernd lächelnd, als sei nichts gewesen, stand sie auf und
griff nach ihrer Tasche. »Bitte bemühen Sie sich nicht, meine Herren, ich finde
allein hinaus. Tschau dann! Und danke für den Kaffee.«
    »Ihr Mitbringsel lassen Sie uns vorerst da, ja?«, bat
Wolf und schwenkte das Schreiben, das sie mitgebracht hatte.
    »Schenke ich Ihnen«, rief sie im Gehen über die
Schulter zurück. »Passen Sie gut darauf auf, es ist das Original.
Selbstverständlich hab ich Kopien davon.« Sprach’s und schloss die Tür hinter
sich.
    »Uff«, ächzte Wolf erleichtert und blies die Backen
auf. »Wie ich solche Nebenkriegsschauplätze liebe.« Unvermittelt nahm sein
Gesicht einen grüblerischen Ausdruck an. »Ich frage mich allerdings schon,
wieso das Schriftstück, das man dem ›Seekurier‹ zugespielt hat, im Unterschied
zu unserer Version eine Unterschrift trägt.«
    »Es hilft nichts, auch da müssen die Spezialisten ran.
Am besten überlässt du mir je eine Kopie der beiden Exemplare. Ich kenne da
einen Kollegen beim BKA , der ist mir noch einen
Gefallen schuldig …«
    »Kleiner Dienstweg, was?«, grinste Wolf.
    »Der Mann ist Spezialist für Arabisch und Islamismus.
Er soll uns den arabischen Text übersetzen und gleichzeitig eine Stellungnahme
zu Inhalt und Aufmachung der beiden Blätter liefern. Währenddessen kann sich
das Labor um die Originale kümmern. Okay?«
    »Gute Idee. Alles Weitere wie besprochen. Ich halte
dich auf dem Laufenden, insbesondere über das Ergebnis meines Telefonats mit
Hindemith.«
    »Tu das. Und vergiss im Augenblick alle anderen Fälle,
die werde ich bei der Lagebesprechung heute Nachmittag an die Kollegen
verteilen.«
    Wolf war schon fast aus der Tür, als Sommer ihm
hinterherrief: »Wie macht sich eigentlich dein Praktikant, Leo?«
    »Geht so. Der Kerl nervt gewaltig, spricht mehr
Englisch als Deutsch, aber das werd ich ihm schon noch austreiben. Und in drei
Monaten sind wir ihn eh wieder los.«
    ***
    Jos
erster Gang nach der Rückkehr aus Ludwigshafen war der zu den Kollegen von der KTU gewesen. Die hatten das
zerbrochene Handy, ohne mit der Wimper zu zucken, entgegengenommen.
    »Leg’s hierher«, hatte Mayer zwo bemerkt, kaum dass er
Jos Ausführungen zu dem Beweisstück festgehalten hatte. »Wir kümmern uns drum,
sobald wir Zeit haben.«
    »Das ist zu spät«, wagte Jo einzuwenden, »schließlich
geht es um mehr als nur ein Bagatelldelikt.«
    »Also gut, weil du’s bist: bis zum Wochenende.
Versprochen.«
    »Heute Abend!«
    »Du spinnst …«, fuhr Mayer zwo auf, sein Gesicht nahm
eine rötliche Färbung an. »Wie soll das gehen? Wir sind voll bis zur
Halskrause.«
    »Und ich hätte geschworen, du bist stocknüchtern«, gab
Jo grinsend zurück.
    Nur widerwillig rang sich Mayer zwo ein Lächeln ab.
»Im Ernst, wir wissen nicht, wo anfangen. Und dann fehlt auch noch Helmholtz
für ein paar Tage. Aber gut, ich will sehen, was sich machen lässt. Nur das mit
heute Abend, das kannst du dir abschminken. Wenn wir Glück haben, morgen
Vormittag. Und nun lass mich meine Arbeit machen. Grüß Leo von mir!«
    Damit hatte er sie hinausbugsiert. Jo wusste, sie
hatte das Menschenmögliche erreicht. Jetzt mussten sie eben Geduld haben. Zum
Glück hatten sie ja noch einige andere

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