Seepest
Sekretariate und
Schreibpools nun eingearbeitet werden mussten.
»Na ja, den einen Tag schaff ich auch ohne sie. Zum
Glück kann man eingehende Anrufe auf einen anderen Apparat umstellen, nicht
wahr?« Im Vorzimmer hantierte Sommer lautstark mit Kaffeegeschirr, ehe er
fortfuhr: »Ein dicker Hund, diese Sache mit der Ölpest.«
»Glücklicherweise ohne nennenswerte Folgen – dank
Biotecc und deren neuem Wundermittel.«
Sommer tauchte wieder auf, ein Tablett in den Händen.
Er stellte Geschirr, Zucker und Milch auf den Tisch, ehe er nochmals verschwand
und mit einer Warmhaltekanne und einer Dose dänischer Kekse zurückkehrte.
Während er Platz nahm, goss Wolf den Kaffee ein.
»Wer hat Biotecc eigentlich ins Spiel gebracht?«,
wollte Sommer wissen und angelte sich einen Notizblock.
»Irgendeiner bei der Feuerwehr hat von dem FE .23-Forschungsprojekt
erfahren.«
»Das Wundermittel.«
»So kann man es nennen. Heute früh bei der Bergung des
Wracks war der ausgelaufene Treibstoff wie weggeblasen. Keine Spur von Öl mehr
auf der Wasseroberfläche, weder zu sehen noch zu riechen. Angeblich hat sich
alles rückstandslos aufgelöst. Sollte sich diese Einschätzung bestätigen,
werden darüber nicht nur die Leute von der Bodenseewasserversorgung erleichtert
sein. Das war jetzt die gute Nachricht.«
Sommer setzte seine Tasse ab. »Okay. Und die
schlechte?«
Als wollte Wolf ihn noch etwas schonen, nippte er erst
mal an seiner Tasse, ehe er die Keksdose zu sich herüberzog und ein rundes
Teilchen mit Schokoladenüberzug herauspickte. »Schlechte Nachrichten gibt’s
gleich mehrere. Was ich besonders beunruhigend finde, ist Folgendes: Ziemlich
zeitgleich mit der Sprengung der Jacht wurden telefonisch führende
Nachrichtenagenturen, Zeitungen und das Fernsehen über den Vorfall informiert –
wohlgemerkt: die Medien, nicht die Rettungskräfte! Und die Umweltkatastrophe wurde
dabei ebenfalls schon angekündigt.«
»Moment mal … das hieße ja, das Boot wurde vorsätzlich
in die Luft gejagt?«
»Davon können wir wohl ausgehen.« Ausführlich
schilderte Wolf die vorläufigen Ergebnisse der Spurensicherung und des
Sprengstoffexperten. Er schloss mit den Erkenntnissen, die sie bei der
Durchsuchung des Hotelzimmers gewonnen hatten. »Und damit bin ich bei der
zweiten schlechten Nachricht«, sagte er und legte den Zettel mit dem Korantext
auf den Tisch.
Sommer beugte sich nach vorn, um den Text genauer in
Augenschein zu nehmen.
»Du kannst den Wisch ruhig in die Hand nehmen, es ist
eine Kopie«, brummte Wolf und griff noch einmal in die Keksdose. Diesmal
mussten gleich drei der süßen Verführer dran glauben.
Wieder und wieder las Sommer den Text, bemüht, einen
Sinn darin zu entdecken. Währenddessen labte sich Wolf am Inhalt der Dose. Er
hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, und seine rhythmischen
Kaugeräusche, die als Einziges die herrschende Stille unterbrachen, erinnerten
an ein Mahlwerk.
Endlich schob Sommer das Pamphlet zur Seite. Er machte
einen Vermerk auf seinem Notizblock, dann hob er den Kopf. »Was denkst du, wie
ernst müssen wir das nehmen?«
»Ernst genug. Zumindest so lange, bis unsere
Spezialisten den Wisch untersucht haben. Die Drohung ist zwar vage, sticht aber
dennoch hervor. Und wenn ein Zusammenhang mit der versenkten Jacht besteht: Wer
außer ein paar verqueren islamistischen Fundamentalisten sollte eine solche
Spur legen – und aus welchem Grund?«
»Tja, aus welchem Grund … hast du wenigstens eine
Idee, was dahinterstecken könnte?«
»Frag mich was Leichteres. Erpressung, Vergeltung,
Kampf um Vormacht unter rivalisierenden Gruppen, da gibt es tausend
Möglichkeiten. Für Spekulationen ist es noch zu früh, und die Faktenlage ist
dünner als dünn. Erst mal müssen wir die Auswertung der Spuren abwarten.«
»Du hast recht. Aber du weißt schon, was es bedeutet,
sollten tatsächlich Islamisten dahinterstecken?«
»Klar. Wir müssen das LKA einschalten.«
»Genau. Wie willst du das Ganze angehen?«
»Ich würde es gerne über den kleinen Dienstweg
versuchen. Was hältst du davon, wenn ich mich mit Goebbels … ich meine
natürlich, mit Hindemith in Verbindung setze? Er kommt aus der Region, bei ihm
wissen wir, wie er tickt. Und er hat den Biss, den dieser Fall erfordert.«
»Mach das – und halt mich auf dem Laufenden, ja?« Er
wollte noch etwas hinzufügen, als ihn ein Klopfen an der Tür unterbrach. Auf
sein »Herein« erschien eine Kollegin vom
Weitere Kostenlose Bücher