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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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gemeinsame
Sache machte? Im ersten Augenblick konnte Alex seine Verblüffung kaum
verhehlen. Damit hatte sie, wenn man’s genau nahm, seine Einschätzung
bestätigt, nicht vom General gekauft worden zu sein.
    »Natürlich, du hast recht«, erwiderte er erleichtert.
»Und jetzt geh und hol mir Leschek.«
    Der schien im Vorzimmer bereits auf seinen Auftritt
gewartet zu haben. »Was liegt an, Boss?« Mit diesen Worten verschränkte er die
Arme vor der Brust und baute sich vor Alex’ Schreibtisch auf.
    »Du sollst mich nicht immer ›Boss‹ nennen, wie oft
muss ich dir das noch sagen. Wir sind hier nicht im Wilden Westen.«
    »Entschuldigung, Bo… äh, Chef, eine dumme
Angewohnheit«, erwiderte Leschek lächelnd. Die Rüge schien an ihm abzuprallen.
    Alex überzeugte sich davon, dass die Tür zum Vorzimmer
geschlossen und die Gegensprechanlage ausgeschaltet war. Nachdem er wieder
Platz genommen und die Beine übereinandergeschlagen hatte, fasste er Leschek
scharf ins Auge.
    »Du musst den Spion des Generals enttarnen«, erklärte
er, jedes einzelne Wort betonend.
    Überrascht zog Leschek die Augenbrauen hoch, bevor
sich sein Gesicht zu einem Grinsen verzog. »Ist das ein dienstlicher Auftrag,
Chef?«, fragte er schniefend.
    »Was sonst?«
    »Gut. Und wie ich Sie kenne, haben Sie auch schon
einen Plan dazu, stimmt’s?«
    Nun war es an Alex, breit zu grinsen. »So ist es. Und
ich bin sicher, er wird dir gefallen.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Ganz einfach: Wir bereiten einen neuen FE .23-Einsatz
vor.«
    Leschek wirkte konsterniert. »Ja, aber … ich verstehe
nicht …«
    »Was gibt’s da viel zu verstehen? Du verbreitest – so
ganz nebenbei – bei gewissen Leuten genau diese Nachricht. Nicht mehr und nicht
weniger.«
    »Und an welche Leute denken Sie da so?«
    Alex schob ihm einen Zettel hin.
    »Da stehen aber nur zwei Namen drauf«, wandte Leschek
schniefend ein, nachdem er einen Blick auf die Notiz geworfen hatte.
    Alex nickte. »Das reicht. Einer von ihnen ist unser
Mann.«
    Nachdenklich fuhr sich Leschek mit der Zungenspitze
über die Lippen. »Also gut, ich informiere die beiden über den geplanten neuen
Einsatz … wie gesagt, so ganz nebenbei. Und dann … was passiert dann?«
    »Denk nach.«
    Nach kurzem Überlegen hob Leschek den Kopf, ein
Ausdruck des Verstehens glitt über sein Gesicht. »Ah, jetzt kapiere ich, Chef.
Sie denken, unser Mann wird die Nachricht brühwarm dem General überbringen –
und schwupp, haben wir ihn im Sack, nicht wahr? Verdammt raffiniert, das muss
ich schon sagen. Allerdings …«, er kratzte sich skeptisch hinter dem Ohr,
»woher wissen wir, welcher der beiden Verdächtigen geplaudert hat?«
    »Lass dir was einfallen. Erzähl meinetwegen dem einen,
das Zielgebiet läge auf Schweizer Seite, während du beim Zweiten etwas über die
Bregenzer Bucht fallen lässt. Aber merk dir, wem du was sagst, hörst du?«
    Leschek schniefte erneut und nestelte mit der Rechten
an seinem Pferdeschwanz herum, ehe er nickte. »Sie haben recht, so könnte es
klappen.«
    »Also, worauf wartest du noch? Ich verlass mich auf
dich.«
    Unter der Tür drehte sich Leschek noch einmal um. »Äh,
was den General betrifft … irgendwelche Änderungen?«
    »Nein, alles wie bekannt. Ankunft gegen Mitternacht in
Friedrichshafen. Jacques holt ihn ab.«
    »Klar, Boss.«
    Noch ehe ihn Alex erneut rüffeln konnte, war er
draußen.
    ***
    Hätte
man Jo zuvor gefragt, was sie in dem Schließfach zu finden hoffte, so hätte sie
wohl kaum eine Antwort gewusst. Auf alle Fälle mehr als das, was sie jetzt vor
sich sah. Ein abgegriffener weißer DIN-A 5-Briefumschlag, das war’s
denn auch schon.
    Dieser Fall schien es wahrlich in sich zu haben. Kaum
etwas lief so, wie sie es sich wünschten. Wäre ja auch zu schön gewesen!
Zuweilen verglich sie ihre Arbeit mit der eines Sternekochs, der aus mehr als
bescheidenen Zutaten ein leckeres Menü zaubern sollte, noch dazu ohne Rezept
und in der steten Gefahr, von seinen Juroren – in ihrem Fall den Richtern des
nachfolgenden Strafprozesses – verhackstückt zu werden.
    Frustriert zog sie ihre Latexhandschuhe hervor und
streifte sie über, bevor sie in das Fach griff und den Umschlag herausholte.
Sie überzeugte sich davon, dass er unbeschriftet und die Klappe nur eingesteckt
war, bevor sie ihn öffnete.
    Außer einem Packen Geldscheine – nach Jos
oberflächlicher Zählung etwa zehntausend Euro in Hunderterscheinen – enthielt
der Umschlag zwei deutsche Reisepässe,

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