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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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austreiben.«
    Für einen kurzen Moment erhellte ein Lächeln Hennings
Gesicht. Gleich darauf war es schon wieder vorbei. »Und was wirst du ihm
antworten, wenn er dir Fragen stellt? Fragen nach dem Grund der Eiszeit und ob
wir uns wieder vertragen?«
    Eine Ewigkeit verstrich, während der Wolf sein Glas
absetzte und mit verschlossener Miene ans Fenster trat, um in die Nacht
hinauszustarren. Endlich drehte er sich um und sah seinen Sohn offen an. »Ich
weiß nicht, was ich antworten werde. Aber ich verspreche dir, ich werde darüber
nachdenken.«
    ***
    Einen
Trolley hinter sich herziehend, durchquerte Alex Rottmann mit kurzen, schnellen
Schritten die Abfertigungshalle des Friedrichshafener Flughafens. Sein Ziel:
Die VIP -Lounge im hinteren Teil des
Gebäudes.
    Glücklicherweise hatte sich die Verletzung am
Hinterkopf als weniger schwerwiegend herausgestellt als ursprünglich
befürchtet. Der handtellergroße Verband, den Dr. Harm ihm verpasst hatte,
ließ sich gut unter einer Seglermütze verbergen. Er sah auf die Uhr: gerade mal
acht vorbei. In weniger als einer Minute würde er den Baselern gegenübersitzen … Heureka!
    Dabei hatte es zeitweise gar nicht rosig ausgesehen.
Der Vorfall mit Leschek hatte seine gesamte Planung über den Haufen geworfen.
Und wer konnte wissen, ob der Kerl ihm nicht doch noch auf andere Weise ans
Leder wollte? Niemand kannte Lescheks Gefährlichkeit besser als er. Nein, er
musste sich so rasch als möglich aus der Schusslinie bringen. Trotz
Terminproblemen war es ihm gelungen, den Abflug seiner Chartermaschine auf
einundzwanzig Uhr vorzuverlegen. Was den Flieger anbetraf, so war das Glück auf
seiner Seite gewesen: Seit Mittag stand die Maschine auf Parkposition, und auch
eine Crew hatte sich rechtzeitig eingefunden. Und Karin? Die war, wie es
schien, so geil auf die Vorgänge an der galicischen Küste, dass sie jeden noch
so kurzfristigen Termin akzeptiert hätte.
    Fast wäre sein Plan dennoch gescheitert: Ausgerechnet
die Baseler waren in Terminnot gekommen. Doch am Ende hatten sie das gemeinsame
Projekt als so essenziell eingestuft, dass sie dem Treffen am Flughafen
zugestimmt hatten.
    Und da vorne saßen sie auch schon!
    Mit ausgestreckter Hand ging Alex auf die beiden
Männer zu, die an einem der etwas abseitsstehenden Tischchen vor einem Notebook
und zwei leeren Gläsern saßen und sich bei seinem Erscheinen erhoben. Beide
waren um die fünfzig Jahre alt und trugen dunkle, gut geschnittene
Businessanzüge mit dezenten Seidenkrawatten. Damit waren die äußerlichen
Gemeinsamkeiten aber auch schon erschöpft. Denn während der eine von ihnen,
Phillipp Tobler, sich durch ungewöhnlich grobe Gesichtszüge und eine beeindruckende
Körpergröße auszeichnete, fiel Beat Frutiger neben schlankem Wuchs vor allem
durch akkurat geschnittene silbergraue Schläfen auf, die ein ebenmäßiges,
solariumgebräuntes Gesicht umrahmten und seiner Erscheinung etwas
Weltmännisches verliehen.
    »Ich bitte um Nachsicht, meine Herren, aber ich wurde
aufgehalten«, entschuldigte sich Alex und stellte seinen Trolley ab. »Widrige
Umstände, Sie kennen das ja. Und danke, dass Sie dieses Treffen möglich gemacht
haben.«
    Beat Frutiger schenkte ihm ein nachsichtiges Lächeln.
»Ich bitte Sie, Alex, wegen der paar Minuten …«
    »Bitte lassen Sie uns gleich zur Sache kommen, meine
Herren«, drängte Phillipp Tobler. »Zunächst aber eine Formfrage, Alex, ehe wir
tiefer einsteigen: Wir dürfen doch weiterhin davon ausgehen, dass Sie
ausreichend legitimiert sind und für alle Gesellschafter sprechen, oder?«
    »Haben Sie auch nur den geringsten Anlass, meine
Legitimation anzuzweifeln?«, entgegnete Alex schärfer als gewollt.
    Tobler wechselte einen vielsagenden Blick mit
Frutiger, ehe er antwortete: »Nun, ich will ehrlich sein, Alex: Uns ist da ein
merkwürdiger Vorfall zu Ohren gekommen, der sich heute Nachmittag in Ihrer
Chefetage ereignet haben soll und der … wie soll ich sagen … zu gewissen
Zweifeln Anlass gibt.«
    Für einen kurzen Moment war Alex sprachlos. Auf welche
Weise war der Kerl an diese Information gekommen? Bei ihren zahlreichen
Vorgesprächen hatte er ihn als einen mit allen Wassern gewaschenen Anwalt
kennen- und fürchten gelernt, als beinharten Verhandlungspartner, der die
Interessen seines Auftraggebers bedingungslos verfolgte. Dass er so weit gehen
würde, seine Gesprächspartner ausspionieren zu lassen, wäre ihm allerdings im
Leben nicht eingefallen.
    Er beschloss, dieser Sache

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