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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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ja«, empfing ihn Ernst Sommer. Er stand auf und drückte Wolf die Hand. Dann wies er auf den Besucher, der ihm gegenübersaß. »Sieht so aus, als wäre heute dein Glückstag, Leo.« Er lächelte verschmitzt, bevor er fortfuhr: »Darf ich dich mit unserem neuen Kollegen bekannt machen: Kriminaloberkommissar Gerd Vespermann. Er wird ab morgen euer Dezernat verstärken.«
    Der Neue erhob sich nun ebenfalls. Satte Zufriedenheit ausstrahlend, trat er auf Wolf zu und schüttelte ihm die Hand. »Auf gute Zusammenarbeit, Leo. Ich bin der Gerd … oder Dicky, wie die Rottweiler Kollegen zu sagen pflegten.« Während er sprach, streifte sein Blick Wolfs Kopfbedeckung.
    »Ah ja«, brummte Wolf. Er fühlte sich überrumpelt. »Hätt ich früher davon gewusst, hätte ich Jo gleich mitgebracht.«
    »Mit Jo ist Kriminalhauptmeisterin Joanna Louredo gemeint«, erläuterte Sommer.
    »Spanischstämmig?«, hakte Vespermann nach.
    »Portugal. Wieso, hast du ein Problem damit?«, raunzte Wolf.
    »Ich? Wo denkst du hin?«, beeilte sich Vespermann klarzustellen. »Nein, ich frage nur aus Interesse. Schließlich leben wir in einer Multikulti-Gesellschaft, da möchte man seine neuen Kollegen gleich richtig einordnen … sozusagen.«
    »Ah ja«, wiederholte Wolf gedehnt. Unterdessen hatte er den Neuen näher ins Auge gefasst. Sein Urteil fiel wenig schmeichelhaft aus. Der Kerl war knapp eins siebzig groß, hatte braune Haare und ebensolche Augen und verfügte über ausgeprägte Geheimratsecken. Auffallender aber war etwas anderes, nämlich seine stattliche Wampe; ihr hatte er wohl auch den Spitznahmen »Dicky« zu verdanken. Vermutlich haute er rein wie ein Scheunendrescher.
    Dem Neuen waren Wolfs Blicke nicht entgangen. Anstatt pikiert zu reagieren, lächelte er. »Ich weiß, was du jetzt denkst, Leo.« Liebevoll tätschelte er seinen Bauch. »Das ist in gewisser Weise mein Markenzeichen«, erklärte er. »Ich koche für mein Leben gern. Und was auf den Teller kommt, das wird auch gegessen – so halte ich das schon immer. Ich hoffe jedoch«, fügte er ernst hinzu, »dass ich hier nicht nach meinem Äußeren beurteilt werde, sondern ausschließlich danach, was ich kann und wie ich mich einsetze.«
    Bums! Das saß.
    Wenigstens ist er kein Duckmäuser, dachte Wolf. Die Zeit wird zeigen, was hinter der Fassade steckt. »Entschuldige, Kollege, war nicht so gemeint. Bei uns kann jeder nach seiner Fasson selig werden«, brummte er.
    »So ist es«, pflichtete Sommer ihm bei. »Und jetzt lasst uns die Präliminarien auf ein andermal verschieben. Einen Kaffee?« Die Frage war an Wolf gerichtet. Der nickte.
    Sie nahmen Platz, und Frau Bender brachte eine weitere Tasse. »Wie immer schwarz und ohne Zucker, Herr Wolf?«
    »Ganz genau. Danke, Frau Bender.«
    »Darf ich wissen, welche Fälle gerade anliegen?«, erkundigte sich Vespermann.
    »Gute Frage. Willst du sie beantworten, Leo? Auf diese Weise erfahre ich den neuesten Stand, und unser Kollege bekommt einen ersten Einblick.«
    Wolf schilderte die beiden aktuellen Fälle und ihre im Laufe der letzten Stunden gewonnenen Erkenntnisse. Sommer und Vespermann waren ganz Ohr, nur gelegentlich stellten sie eine Zwischenfrage. Kurz vor Ende seiner Ausführungen klingelte Sommers Telefon. Der reichte Wolf bereits nach wenigen Worten den Hörer. »Für dich, Leo. Die Spurensicherung.«
    Wolf meldete sich und hörte einen Moment lang zu. Dann erwiderte er: »Ich komme«, reichte Sommer den Hörer zurück und erhob sich von seinem Stuhl. »Kann ich meinen Bericht später nachreichen, Ernst? Die Spusi ist in Hauschilds Wohnung auf eine wichtige Spur gestoßen, das will ich mir ansehen. Scheint so, als lägen wir richtig mit unserer Vermutung, dass Hauschild nicht durch einen Unfall aus dem Leben schied.«
    »Aber klar. Der Fall hat Vorrang«, nickte Sommer und wandte sich an Vespermann. »Wie sieht’s aus: Haben Sie Zeit? Wollen Sie gleich ins kalte Wasser springen?«
    Schneller, als Wolf es ihm zugetraut hätte, war der Neue auf den Beinen. »Nichts lieber als das. Ich habe in Rottweil offiziell abgemustert, bin also selbst Herr meiner Zeit.« Erwartungsvoll sah er zu Wolf hinüber.
    »Also gut«, stimmte der etwas lustlos zu. »Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass wir auch zu dritt auf Dauer nicht gleichzeitig in zwei Mordfällen ermitteln können. Sollte meine Befürchtung zutreffen, dass die beiden Banker keines natürlichen Todes gestorben sind – und im Augenblick spricht einiges dafür –,

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