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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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vermutlich einen, der auf vier Beinen steht.«
    »Das hieße ja aber …« Sie stockte.
    »Denk’s ruhig zu Ende«, ermunterte Wolf sie.
    »Das hieße, jemand hat den vierbeinigen Gegenstand weggenommen, aus welchen Gründen auch immer. Und damit es nicht auffällt –  uns  nicht auffällt! – hat er ihn später durch die kleine Vase ersetzt. Die Frage, die uns interessieren sollte, lautet demnach: Warum hat er das getan?« Angestrengt versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. »Und wenn es stimmt … müssten wir dann nicht Hauschilds Tod neu bewerten?«
    »Zumindest können wir Alternativen zu dem bisher angenommenen Unfalltod dann nicht mehr ausschließen.«
    »Alternativen wie zum Beispiel Mord, genauer gesagt: Raubmord«, ergänzte sie leise.
    Wolf wollte nicht zu weit vorpreschen. »Zunächst einmal müssen wir uns über die Richtigkeit unserer Theorie Klarheit verschaffen.« Flüchtig wies er auf die Oberfläche der Säule. »Am besten, du holst die Petöfi her. Sie ist vermutlich die Einzige, die uns darüber Auskunft geben kann.«
    »Mach ich. Sie wohnt ja gleich in der Nähe. Hoffentlich treffe ich sie an.«
    »Ich werde hier noch einmal alles genau in Augenschein nehmen und anschließend das Türsiegel auf Beschädigungen untersuchen. Irgendwie muss der Unbekannte ja in die Wohnung gelangt sein.«
    Wenig später schob Jo Frau Petöfi zur Tür herein. Wolf reichte ihr die Hand und entschuldigte sich dafür, dass sie sie noch mal belästigen mussten. In neutralem Tonfall fuhr er fort: »Frau Petöfi, wir möchten Sie bitten, sich einmal in Ruhe hier umzusehen. Uns interessiert, ob sich seit Ihrem letzten Hiersein etwas verändert hat.«
    Er hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, als Frau Petöfi bereits zu der Säule hastete. »Was ist denn das?«, fragte sie erstaunt.
    »Was meinen Sie?«
    »Hier, dieses Ding da«, erwiderte sie und zeigte auf die Vase.
    Wolf tauschte unauffällig einen Blick mit Jo, bevor er antwortete: »Können Sie uns sagen, was hier gestanden hat …  vor  der Vase, meine ich.«
    »Aber sicher«, erwiderte sie. Den Schock von gestern schien sie überwunden zu haben. »Auf alle Fälle nicht dieses putzige Ding hier. Das gehört eigentlich in den Schrank dahinten. Nein, Herr Hauschild hatte da seinen Elefanten stehen.«
    »Seinen  was ?«, hakte Wolf erstaunt nach.
    »Sie haben schon richtig gehört: seinen Elefanten. Aus Jade, angeblich 17. Jahrhundert. Sehr beeindruckend. Und sehr, sehr teuer, wie mir Herr Hauschild mehrfach versichert hat. Er ließ mich immer nur ungern mit meinem Staubwedel da ran.«
    »Wann haben Sie die Skulptur zuletzt gesehen?«
    »Warten Sie … das war am Freitag. Ja, am Freitagmorgen.«
    »Sie haben demnach täglich hier geputzt?«
    »Nein, nur Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag.«
    »Und am Samstag ist Ihnen das Fehlen des Elefanten nicht aufgefallen?«
    »Nein, so leid es mir tut. Sie müssen wissen, den Wohnraum mache ich immer zuletzt, und als ich dann den Tod von Herrn Hauschild entdeckte … ja, da hat bei mir alles ausgesetzt.«
    »Verstehe. Diese vier Staubringe hier markieren also die Füße des Elefanten, richtig? Oh, entschuldigen Sie«, beeilte er sich hinzuzufügen, »ich wollte keinesfalls Ihre Arbeit kritisieren, ganz im Gegenteil. Ist bestimmt ganz schön stressig, diese Wohnung in Schuss zu halten, was?«
    Frau Petöfi schien plötzlich aufzublühen. »Oh ja. Da könnte ich Ihnen Dinge erzählen, Herr Kommissar …«
    »Ein andermal gerne«, fiel ihr Jo ins Wort, »der Kommissar muss jetzt dringend weiter.«
    Wolf nickte. »Ja, leider. Vielen Dank, Frau Petöfi, Sie haben uns sehr geholfen.«
    Jo begleitete Frau Petöfi hinaus, als Wolf noch etwas einfiel. »Ach ja, eine allerletzte Frage noch. Wissen Sie, wer alles einen Schlüssel zu dieser Wohnung hatte?«
    »Nur ich, soweit ich weiß. Und Herr Hauschild natürlich.«
    »Gut. Danke, das war’s dann. Auf Wiedersehen, Frau Petöfi.«
    Nachdem Jo Frau Petöfi nach Hause gebracht hatte und ein weiteres Mal zum Penthaus hochgestiegen war, fand sie Wolf vor der Eingangstür vor, wo er nachdenklich die beiden Hälften des zerrissenen Siegels betrachtete.
    »Kein Zweifel, das Ding war bereits aufgeschnitten, als wir ankamen, vermutlich mit einem Cutter. Sehr sorgfältig gemacht, da muss man schon ganz genau hingucken.«
    »Irgendwelche Beschädigungen an der Tür, die auf ein gewaltsames Aufbrechen schließen lassen?«
    »Nichts. Der Täter muss einen Schlüssel gehabt haben,
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