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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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oder wir haben es mit einem Profi zu tun.«
    »Passt doch«, sagte Jo und bat Wolf noch einmal zu der Säule. »Dieses Elefantenvieh muss, den Fußabdrücken nach zu schließen, ganz schön groß gewesen sein, Chef. Gut dreißig Zentimeter lang und mindestens ebenso hoch, schätze ich. Aus dem 17. Jahrhundert, hat die Petöfi gesagt, das muss man sich mal reinziehen. Ich könnte nicht eine Minute ruhig schlafen, wenn so was bei mir in der Wohnung rumstünde. Dabei hat das Penthaus nicht mal eine Alarmanlage – oder haben Sie eine bemerkt, Chef?«
    Nachdenklich schüttelte Wolf den Kopf. »Du willst sagen, dass das Ding in mancher Leute Augen durchaus ein Menschenleben aufwiegen könnte, nicht wahr?«
    »Es wurde schon für weit weniger gemordet. Jedenfalls haben wir mit der Jade-Figur ein starkes Motiv für einen Einbruch – und es wäre nicht der erste Einbruch, der in einem Raubmord endet.«
    »Und was sagt uns das konkret?«
    »Die Spusi muss her. Und wir sollten bei Hauschild eine Obduktion anordnen.«
    Wolf nickte. »In Ordnung, veranlasse das. Außerdem will ich schnellstmöglich alles auf dem Tisch haben, was die Jade-Figur betrifft: Expertisen, Kaufbelege, Beschreibungen, Fotos … einfach alles, was sich dazu in Hauschilds Nachlass findet. Mach der Spusi so richtig Dampf. Und schließ dich mit den Kollegen vom Betrugsdezernat kurz, die sollen ihre Kontakte zu Hehlerkreisen anzapfen.«
    »Mach ich. Da wäre noch was, Chef: Sollten wir nicht auch die Wohnung von …«
    Mit erhobener Hand fuhr ihr Wolf ins Wort: »Ich weiß, was du sagen willst. Ja, wir sollten auch Hörmanns Wohnung einen Besuch abstatten – allerdings erst, wenn wir die Sache hier zu Ende gebracht haben. Einverstanden?«

7
    Nachdem sie die Tür von Hauschilds Wohnung hinter sich zugezogen und ein neues Siegel angebracht hatten, sah Wolf auf die Uhr. »Halb elf. Genau die richtige Zeit, um unserer lieben Freundin Franzi Reichmann einen Besuch abzustatten, was meinst du?«
    Jo setzte ein süffisantes Lächeln auf. » Ihrer  Freundin«, korrigierte sie. »Ich bezweifle übrigens nach wie vor, dass Dr. Reichmann überhaupt schon in Überlingen ist, geschweige denn zu Hörmann etwas sagen kann.«
    »Sie kann. Wetten, dass?« Wolf streckte ihr die Hand entgegen, doch Jo ging nicht darauf ein, sondern machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zielstrebig die Treppe hinunter.
    Sie stellten ihren Dienstwagen nahe dem Eingang zum Kreiskrankenhaus ab. Wolf erkundigte sich bei der Dame am Infoschalter, ob Frau Dr. Reichmann bereits mit der Obduktion angefangen habe.
    »Wie soll ich das wissen? Anwesend ist sie jedenfalls schon seit acht«, antwortete sie schnippisch.
    »Ein schlichtes Ja hätte mir schon genügt«, knurrte Wolf. Er machte sich auf den Weg ins Untergeschoss, in dem die Räume der Gerichtsmedizin untergebracht waren. Jo hatte Mühe, Schritt zu halten.
    Als sie eintraten, strahlte die Pathologin über das ganze Gesicht. »Hab mich schon gefragt, wann ihr hier auf der Matte steht«, sagte sie gut gelaunt. Sie entledigte sich ihrer blutbefleckten Gummischürze und ging zu einem Handwaschbecken, bevor sie ihre Besucher begrüßte. Dann zuckte sie bedauernd mit den Schultern und sagte: »Tut mir leid, Leo, aber ich kann unglücklicherweise nicht hexen.«
    In Wolfs Gesicht machte sich Enttäuschung breit.
    »Ich hab Sie gewarnt, Chef«, lautete Jos Kommentar. »Entschuldigen Sie bitte, Dr. Reichmann, aber Sie wissen ja, wenn Herr Wolf sich etwas in den Kopf gesetzt hat …«
    Die Pathologin lachte schallend. »Na sicher, das weiß ich doch.« Dann wurde ihre Miene wieder ernst. »Damit ihr nicht völlig umsonst gekommen seid, reden wir doch einfach über das, was ich nach flüchtiger Begutachtung schon sagen kann. Von Hörmanns unfallbedingten Verletzungen mal abgesehen, gibt es da etwas, auf das ich mir keinen Reim machen kann.« Sie machte eine Kunstpause.
    »Nun reden Sie schon, Franzi«, drängte Wolf. Ihm dauerte das alles viel zu lange.
    Dr. Reichmann tat, als fiele ihr soeben etwas Wichtiges ein. »Hab ich Ihnen eigentlich  den  schon erzählt, Leo …«
    »Treiben Sie’s nicht auf die Spitze«, drohte Wolf schmunzelnd. »Mir ist jetzt wirklich nicht nach Medizinerwitzen. Sagen Sie mir lieber, auf was Sie sich keinen Reim machen können.«
    »Also gut, dann will ich Sie nicht länger auf die Folter spannen. An der linken Seite von Hörmanns Stirn habe ich eine kleine Wunde entdeckt. Nichts Ernstes. Trotzdem frage ich
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