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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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einer Wunde auf der Stirn.
    »Warum sind Sie nicht weggegangen?«, herrschte Sahin sie an – weiter kam er nicht, denn der Maskierte trat ihm mit dem Fuß in den Rücken.
    »Halt die Schnauze«, zischte er den am Boden Liegenden an. »Du redest nur, wenn ich dich dazu auffordere.« An Karin gewandt fügte er hinzu: »Kommen Sie rüber und setzen Sie sich da hin.« Er wies auf die linke Außenbank.
    So schnell es ging, machte Karin ihr Boot fest und wechselte in einem günstigen Moment zur »Anisha« hinüber. Jetzt erkannte sie auch den dunklen Gegenstand in der Hand des Mannes, eine Druckluftharpune, wie sie Taucher zum Jagen von Fischen benutzten – eine tödliche Waffe, das wusste sie.
    Er zog etwas aus der Tasche und warf es Karin vor die Füße. »Hier, legen Sie sich das um die Knöchel. Ein bisschen fix, wenn ich bitten darf.«
    Karin setzte sich und hob den Gegenstand auf. Es war ein stabiler weißer Kabelbinder.
    »Hören Sie …«, setzte sie zu einer Erwiderung an.
    Der Mann fuhr herum und richtete die Waffe auf ihren Kopf. »Schnauze! Sie tun, was ich sage, sonst haben Sie die längste Zeit Ihre Schmierenartikel geschrieben. Ist das klar?«
    Während Karin noch überlegte, ob der Mann sie wohl kannte, hakte er nach: »Ob das klar ist, hab ich gefragt?« Sie spürte das kalte Metall der Harpunenspitze an ihrer Stirn.
    »Aber ja.« Mehr brachte sie im Augenblick nicht heraus – der Kerl schien es wirklich ernst zu meinen. Immerhin, ihr Denkvermögen funktionierte noch: Hatte sie sich vorhin nicht selbst zu erkennen gegeben? Natürlich. Der Mann hatte alles mitgehört. Kein Wunder also, dass er über ihre Tätigkeit Bescheid wusste. Und noch etwas anderes fiel ihr auf: Irgendetwas an seiner linken Hand schien nicht in Ordnung zu sein. Der Handschuh spannte sich dort weniger und schien schlaff und unbewegt – als würde ihm der kleine Finger fehlen.
    »Aufstehen und umdrehen«, befahl der Maskierte. »Und jetzt die Hände auf den Rücken.« Gehorsam kam sie seiner Forderung nach. Er legte einen Kabelbinder um ihre Handgelenke und zog ihn kräftig zu, nachdem er ihn noch einmal auf korrekten Sitz überprüft hatte. Nur mit Mühe konnte Karin einen Schmerzensschrei unterdrücken. Dann stieß er sie zurück auf die Bank.
    Das war’s dann wohl, dachte sie beklommen. Der Gedanke, diesem Menschen hilflos ausgeliefert zu sein, wirkte lähmend auf sie. Schon drohte Panik sie zu erfassen – als der Mann mit einem Laut der Überraschung plötzlich in den Knien einknickte. Einen Moment lang fürchtete sie, unter ihm begraben zu werden, doch noch im Fallen setzte er zu einer Drehung an, und sein rechter Arm schnellte nach vorne und federte den erwarteten Aufprall etwas ab – nicht ganz schmerzlos allerdings, wie sein Stöhnen verriet.
    Nun, da er Karin nicht mehr die Sicht verdeckte, erkannte sie, was die Ursache war. Mesut Sahin hatte den Moment genutzt, in dem der Maskierte ihr die Fesseln anlegte. Unbemerkt hatte er sich auf den Rücken gedreht, dann die Beine angezogen und dem Mistkerl die Füße in die Kniekehlen gerammt. Allerdings hatte sich Sahin zu früh gefreut. Rascher, als Karin erwartet hätte, war der Maskierte wieder auf den Beinen. Sein linker Arm hing zwar schlaff herab, offenbar hatte er sich eine starke Prellung zugezogen. Dafür war er mit dem rechten umso aktiver. Er hatte die Harpune nicht eine Sekunde aus der Hand gelassen. In dem sicheren Gefühl, die Lage trotz der Gegenwehr seiner Opfer zu beherrschen, richtete er sie nun wieder auf Sahin. Und je mehr dieser ängstlich von ihm abzurücken versuchte, umso größeres Vergnügen schien der Maskierte zu empfinden.
    »Wie du siehst, mein Freund, hat sich das Blatt schon wieder gewendet«, meinte er amüsiert. »Hast wohl geglaubt, mich übertölpeln zu können, was? Da musst du schon etwas früher aufstehen.«
    Sahin setzte sich auf, dabei wie gebannt auf die Harpune starrend. »Was soll das alles? Geht’s Ihnen um Geld? Dann sagen Sie mir, wie viel Sie wollen. Ich verspreche Ihnen, den Überfall danach zu vergessen, ehrlich.«
    »Oh, wie großzügig. Vergessen, dass ich nicht lache!« Mit höhnischem Unterton wandte er sich Karin zu. »Was meinen Sie, Lady? Da darf man doch lachen, oder nicht? Dieses Greenhorn hier bietet mir Geld – als ob ich den ganzen Zinnober für Geld veranstalten würde. Pah!« Empört schüttelte er den Kopf.
    »Weshalb tun Sie’s  dann ?«, platzte Karin, ihrer Angst zum Trotz, heraus.
    »Ah … sieh an,

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