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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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die Lady macht sich Gedanken. Sie suchen wohl eine Story für Ihr Schmierenblatt, was? Na gut, die sollen Sie haben. Sie werden nicht enttäuscht sein, das versprech ich Ihnen. Allerdings frage ich mich, ob Sie die Story noch schreiben wollen, wenn das hier vorüber ist.«
    Und dann ging alles sehr schnell.
    Mit einer kaum merklichen Seitwärtsbewegung richtete der Maskierte die Harpune aus und drückte ab. Sahin stieß einen markerschütternden Schmerzensschrei aus und klappte wie ein Taschenmesser in der Hüfte zusammen – sein Plan, sich freizukaufen, war zerplatzt. Mit schreckgeweiteten Augen starrte er auf seinen linken Oberschenkel, aus dem, durch ein rotes Rinnsal markiert, das gefiederte Ende des Harpunengeschosses ragte.
    Ohne sich weiter um Sahins Zustand zu kümmern, zog der Maskierte den wimmernden Banker in die Kabine.
    Bei seiner Rückkehr schlug er die Tür hinter sich zu. »Wir steigen um«, eröffnete er Karin brüsk und wies auf das Motorboot, das kurz zuvor von ihr selbst am Heck der »Anisha« vertäut worden war. Ein Wink mit der Harpune sollte seiner Forderung Nachdruck verleihen.
    »Was haben Sie mit mir vor?«, fragte sie mit dünner Stimme, von der Rohheit des Maskierten zutiefst entsetzt.
    Finster starrte er sie an, bevor er aus seinem Gürtel ein Messer zückte, vor ihr niederkniete und ihre Fußfessel durchtrennte. »Quatschen Sie nicht lange, steigen Sie um – oder brauchen Sie eine schriftliche Einladung?«
    Karin, die rasch um sich geblickt hatte, während er mit dem Durchtrennen des Kabelbinders beschäftigt war, ahnte den Grund für die plötzliche Eile. Offensichtlich war auch ihm das Schiff nicht entgangen, das aus nordwestlicher Richtung direkt auf sie zugestampft kam. Was Wunder, dass er Vorkehrungen für seine Flucht treffen wollte, eine Flucht, bei der ihr offenbar eine wichtige Rolle zukam: die Rolle der Geisel, die im Ernstfall sein Entkommen ermöglichte. Sie fragte sich, ob sie sich seinen Befehlen verweigern sollte, doch sie verwarf den Gedanken sogleich wieder. Hatte der Mann nicht zur Genüge demonstriert, zu welcher Skrupellosigkeit er fähig war?
    Als wollte er die Dringlichkeit seiner Aufforderung unterstreichen, wechselte er mit einem gewagten Sprung auf das Motorboot hinüber. Dort inspizierte er kurz das Armaturenbrett und die Steueranlage. »Wie praktisch«, rief er höhnisch zu Karin hinüber, »Sie haben den Zündschlüssel gleich stecken lassen! Dann hab ich mich wohl umsonst auf die Leibesvisitation bei Ihnen gefreut.« Er lachte freudlos, während er den Motor anließ. »So, Lady, letzter Aufruf. Oder wollen Sie mit dem Kahn dort drüben absaufen?«
    Im ersten Moment dachte Karin, sie hätte sich verhört. Absaufen? Was meinte er mit absaufen?
    Ein schrecklicher Verdacht keimte in ihr auf.
    ***
    Zusammen mit Horvath und einem weiteren Beamten stand Wolf im Steuerhaus des Wapo-Kreuzers. Mit starken Nachtgläsern starrten sie zur »Anisha« hinüber.
    »Am Heck der Jacht liegt ein Motorboot«, sagte Wolf alarmiert. »Jetzt springt eine Gestalt von der Jacht auf das Motorboot, der Statur nach ein Mann. Komisch, der hat doch … ja, ich würde sagen, der hat eine Sturmhaube auf.«
    »Genau«, antwortete Horvath, ohne das Glas abzusetzen.
    Unruhig trat Wolf von einem Fuß auf den andern. »Teufel noch mal, ich fürchte, wir kommen zu spät. Könnt ihr nicht noch einen Zahn zulegen, Geza?«
    »Wir fahren bereits volle Kraft. Da, jetzt springt eine zweite Person auf das Motorboot, seht ihr’s?«
    »Ja, eine Frau«, pflichtete Wolf ihm bei. »Offenbar sind ihre Hände auf dem Rücken gefesselt. Jetzt fahren sie los. Ich begreif das alles nicht.« Verzweifelt kurbelte er an seinem Glas herum, in der Hoffnung, das Bild noch etwas schärfer zu bekommen. »Moment mal«, stieß er plötzlich hervor, »die kenn ich doch … das ist … ja, das ist Karin Winter, die Reporterin vom ›Seekurier‹. Was, in drei Teufels Namen, macht die da drüben?«
    »Geduld, Leo, auch wenn’s schwer fällt. In einer guten Minute haben wir sie erreicht«, versuchte Horvath ihn zu trösten.
    »Das wird ja immer toller!«, rief in diesem Augenblick Horvaths Kollege. Die Jacht wurde wie von Geisterhand plötzlich hochgehoben, eine Sekunde lang glaubte Wolf sogar, den Kiel zu erkennen, bevor sie schwer ins Wasser zurückfiel und massive Verdrängungswellen verursachte.
    »An Bord der Jacht muss eine Explosion stattgefunden haben. Was geht da bloß vor?«
    »Du hast recht, das war eine

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