Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
sagen, du wirst mir langsam unheimlich, Mädchen.« Anerkennung schwang in seiner Stimme mit. »Nein, nein, natürlich hab ich nichts dagegen. Lieber tausendmal so als andersrum. Also, tschau dann.« Er wollte das Gespräch bereits beenden, als ihm noch etwas einfiel. »Halt, bist du noch da? – Habt ihr auch die Handys von Hauschild und Hörmann zu orten versucht? – Nicht? Dann veranlasse das. Ich melde mich wieder, sobald es bei uns etwas Neues gibt. Ende.«
    Zufrieden wandte er sich wieder Horvath zu. »Schön, wenn man sich auf seine Kollegen verlassen kann.« Als Horvath die Augenbrauen hochzog, setzte er hinzu: »Jo hat versucht, Sahins Handy zu orten, doch das Ding ist leider ausgeschaltet. Wär auch zu schön gewesen.«
    An Steuer und Radar kam mit einem Mal Unruhe auf. »Möglicherweise haben wir sie«, rief einer der Beamten über die Schulter zurück. Er hielt ein starkes Fernglas an die Augen. »Ja, es ist die ›Anisha‹«, bestätigte er. »Auf zwei Uhr, Entfernung zirka acht-null-null. Irgendetwas scheint dort vor sich zu gehen. Wir sollten uns beeilen.«
    »Dann nichts wie ran.« Horvath nickte und trat zum Steuerstand. »Volle Kraft voraus. Wenn wir dort sind, längsseits gehen.«
    Der Kollege am Steuer bestätigte den Befehl.
    »Wie lange noch?«, wollte Wolf wissen.
    »Sechs, sieben Minuten, dann sind wir drüben«, antwortete Horvath. Plötzlich lachte er. »Das Übersetzen aufs andere Boot wird leider etwas unruhig werden.«
    »Übersetzen? Bei diesem Wellengang?« Wolf legte besorgt die Stirn in Falten.
    »Tut mir leid, Leo. Besseres Wetter kann ich dir nicht bieten. Aber du schaffst das schon.«
    ***
    Karin Winter kamen der Wind und das unruhige Wasser mehr als ungelegen. Unter diesen Umständen war ein sanftes Anlegen am Heck der »Anisha« so gut wie ausgeschlossen. Und tatsächlich kollidierte das Motorboot mehrfach mit der Bordwand des Seglers. In ihrer begreiflichen Aufregung hatte sie nicht an die Fender gedacht, die den Aufprall hätten verhindern oder wenigstens mildern können. Na ja, Sahin würde ihr schon nicht den Kopf abreißen, schließlich war an seinem Boot kein Schaden entstanden.
    Wo hielt sich der Skipper eigentlich auf? Das Deck war leer, auch das Steuerrad lag verlassen – ungewöhnlich, insbesondere bei der herrschenden Wetterlage. Vermutlich steuerte der Autopilot.
    »Hallo!«, rief sie laut, »Hallo, Herr Sahin, kann ich an Bord kommen? Ich muss Sie sprechen.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Ich bin Karin Winter vom ›Seekurier‹.«
    Schon fürchtete sie, nicht gehört worden zu sein, als die Kabinentür sich doch noch öffnete. Ein junger Mann blickte heraus; der ihr vorliegenden Beschreibung nach musste es sich um Sahin handeln.
    »Guten Tag, Herr Sahin. Falls Sie mich nicht verstanden haben: Ich bin Karin Winter vom ›Seekurier‹. Ich weiß, unser Zusammentreffen ist etwas ungewöhnlich, aber dürfte ich Ihnen trotzdem ein paar Fragen stellen? Es geht um Ihre Verbindung zu dem verstorbenen Handwerker Ewald Seitz im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit für die Spielbank Lindau.«
    Mesut Sahin zeigte nicht die geringste Reaktion – als hätte er sie überhaupt nicht wahrgenommen. Mit unbewegtem Gesicht, die Hände auf dem Rücken, stand er reglos unter der Tür und starrte in ihre Richtung.
    »Hallo, Herr Sahin? Sind Sie einverstanden? Darf ich mein Boot festmachen und an Bord kommen?«
    Nach schier endlosen Sekunden schüttelte er unvermittelt den Kopf. »Gehen Sie«, stieß er hervor.
    Immerhin, er schien sie verstanden zu haben. Aber irgendetwas stimmte hier trotzdem nicht. Entweder war der Kerl stockbesoffen, oder er hatte gekifft. Und das auf einer Segeljacht, noch dazu bei diesem Wetter – das konnte schlimme Folgen haben. Während Karin noch überlegte, wie sie vorgehen sollte, machte Sahin überraschend ein paar kurze Trippelschritte nach vorn.
    Erst jetzt ging ihr auf, was die ganze Zeit über nicht gestimmt hatte: Sahin war nicht allein an Bord. Unmittelbar hinter ihm trat ein zweiter Mann aus der Kabine – zumindest vermutete sie, dass es sich um einen Mann handelte, denn allzu viel konnte sie von ihm nicht erkennen. Er war von kräftiger Statur und dunkel gekleidet. Über sein Gesicht hatte er eine wollene Sturmhaube gezogen, in die auf Höhe der Augen zwei Schlitze geschnitten waren. Unsanft stieß er Sahin in den Rücken, sodass dieser nach vorne stolperte und bäuchlings auf den Boden fiel. Als er den Kopf hob, blutete er aus

Weitere Kostenlose Bücher