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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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nickte und ein mattes »Danke, Rosi« zustande brachte. Mit gesenktem Kopf eilte die junge Frau hinaus.
    Als hätte ihn das Schließen der Tür wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt, hob Matuschek den Kopf und wandte sich Erwin Teufel zu. »Tut mir leid, Herr Teufel, ein Notfall. Unsere Kollegin Karin Winter ist das Opfer einer Entführung geworden … Sie ist, wie ich höre, nur knapp dem Tod entkommen.« Seine sonst so forsche Miene drückte Ratlosigkeit aus. Abrupt stand er auf und fixierte seine Kollegen. »Sie müssen das Interview leider ohne mich weiterführen, meine Herren. Bitte haben Sie Verständnis, Herr Teufel.« Er lächelte schmal. »Sie sehen, uns Zeitungsleuten geht es nicht viel besser als Ihnen in der Politik: Immer wieder macht uns die Realität einen Strich durch die Rechnung.«
    Leicht außer Atem erreichte Matuschek eine knappe Viertelstunde später die Anmeldung des Überlinger Krankenhauses.
    »Guten Abend, Matuschek ist mein Name«, rief er der jungen Frau hinter dem Schalter zu. »Ich komme wegen Frau Winter, Karin Winter. Man hat mich angerufen.«
    »Ah ja, ich weiß Bescheid. Sekunde bitte, eine Kollegin führt Sie zu ihr.«
    Kurz darauf wurde er zu einem Einzelzimmer am Ende des Ganges geleitet. Sein Blick fiel durch die offene Tür auf einen weiß gekleideten jungen Mann, der vor einem Krankenbett stand und gestenreich auf eine Patientin einredete. Neben ihm, von einem Fuß auf den andern tretend, ein hochgewachsener Mittsechziger, seinen grauen Trenchcoat lässig über die Schulter gelegt. Es war Kommissar Wolf, wie Matuschek erleichtert feststellte. Als er Matuschek sah, kam er ihm entgegen.
    »Gut, dass ich Sie noch antreffe, Herr Wolf. Sagen Sie, hab ich das richtig verstanden: eine Entführung? Karin Winter wurde draußen auf dem See entführt? Von wem denn? Wurde der Täter gefasst? Und wie geht es Frau Winter jetzt?«
    »Offenbar schon wieder besser«, knurrte Wolf. »Sie will das Krankenhaus so schnell wie möglich verlassen. Vielleicht gelingt es ja Ihnen, sie zur Vernunft zu bringen. Die Ratschläge des Arztes jedenfalls hat sie in den Wind geschlagen.« Wolf schien ernstlich aufgebracht.
    »Das ist gut, das ist sehr gut«, erwiderte Matuschek grinsend. Als Wolf ihn verständnislos anblickte, zuckte er mit den Schultern. »Trösten Sie sich, so ist sie eben. Immer mit dem Kopf durch die Wand.« Er seufzte. »Nehmen wir’s als ein Zeichen, dass sie wieder auf dem Damm ist.«
    »Verstehe. Nun, ich muss los. Muss mir dringend trockene Klamotten anziehen«, meinte Wolf im Gehen. »Lassen Sie sich von Frau Winter berichten, was passiert ist.« Er hob grüßend die Hand und eilte davon. Kopfschüttelnd sah Matuschek ihm nach, bevor er sich umdrehte und auf Karins Krankenbett zuging.
    Der Arzt kam ihm ein paar Schritte entgegen. »Herr Matuschek, Sie sollten Ihrer Mitarbeiterin ins Gewissen reden«, beschwor er ihn, nachdem Matuschek sich vorgestellt hatte. »Zwar hat sie, soweit wir festgestellt haben, keine Verletzungen davongetragen, abgesehen von ein paar Hämatomen und Schürfwunden durch die Fesselung. Aber auch mit einem posttraumatischen Belastungssyndrom ist nicht zu spaßen. Bitte reden Sie ihr aus, dass sie das Krankenhaus innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden verlässt.«
    In der Zwischenzeit hatte sich Karin aufgesetzt. »Wird aber auch Zeit, Jörg! Vielleicht hörst ja  du  auf mich. Ich will raus hier, würdest du das bitte dem Herrn mal klarmachen? Mir geht’s schon wieder prima.«
    »Hör mal, Karin …«, versuchte Matuschek, sie zu besänftigen, als der Arzt ihn unterbrach.
    »Frau Winter, das ist Ihr subjektives Empfinden«, belehrte er sie. »Ich muss ganz entschieden dafür plädieren, dass Sie die nächsten vierundzwanzig Stunden zur Beobachtung hier auf der Station bleiben. Erst dann können wir sicher sein, dass Sie nicht mit unerwarteten Folgen zu rechnen haben. Bitte glauben Sie mir.«
    »Ich weiß, lieber Doktor, Sie meinen es gut, aber ich möchte darüber nicht verhandeln. Bringen Sie mir Ihr Formular. Ich unterschreibe Ihnen, dass ich auf eigene Verantwortung das Krankenhaus verlasse. In Ordnung?«
    »Karin, sei vernünftig, mit einem Schock ist nicht zu spaßen. Bleib wenigstens bis morgen früh. Einverstanden?«
    »Ihr Chef hat recht. Alles ist besser, als gleich zu gehen. Im Übrigen: Was haben Sie davon, wenn Sie sich selbst entlassen und in der Folge dann eine psychotherapeutische Behandlung notwendig wird?«
    Mit

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