Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
den beiden.

14
    Um kurz vor elf wurde Peschke in der Polizeidirektion abgeliefert. Zwei Vollzugsbeamte brachten ihn in eine U-Haft-Zelle – gerade noch rechtzeitig vor der von Sommer angesetzten Dezernatsleiterbesprechung. Die Teilnahme an diesen Treffen war für jeden Dezernatsleiter Pflicht, sie dauerte aber nur maximal eine halbe Stunde. Gleich im Anschluss, jedenfalls noch vor Mittag, plante Wolf, sich mit seinen Leuten zusammenzusetzen. Die Terminierung war eng, verdammt eng sogar, doch er hatte keine Wahl. Spätestens am Nachmittag musste Peschke einem ersten Verhör unterzogen werden, sonst konnte es passieren, dass der Staatsanwalt ihnen auf die Pelle rückte.
    Außerdem hatte sich seit gestern eine Menge getan, das schleunigst resümiert und abgeklärt werden musste. Beileibe noch kein Durchbruch, Gott sei’s geklagt. Immerhin, die Zahl der losen Fäden schien etwas kleiner geworden.
    So kam es, dass Wolf um Schlag halb zwölf den Verhörraum betrat, in der Linken vier flache quadratische Pappkartons balancierend, auf denen eine zusammengefaltete Zeitung lag. Er nickte Jo und Dicky kurz zu, bevor er die Zeitung und einen der Kartons am Kopfende des Besprechungstisches abstellte, der den optischen Mittelpunkt des Verhörraumes bildete. Die restlichen drei Kartons platzierte er auf dem Sideboard gleich neben der Tür, auf dem auch das Festnetztelefon stand. Dann nahm er an der Stirnseite des Besprechungstisches Platz.
    Als gelte es, eine kultische Handlung zu vollziehen, machte er sich vorsichtig an das Öffnen des Verpackungskartons. Zum Vorschein kam ein Dinnele, die badische Antwort auf den elsässischen Flammkuchen. Der Bäcker hatte es vorsorglich in handliche Segmente geteilt, von denen Wolf nun das erste in Angriff nahm. Zwei volle Kannen Kaffee zusammen mit Tassen und Besteck ergänzten das Arrangement auf dem Tisch.
    »Diesmal«, nuschelte er, als sich auch Jo und Dicky gesetzt hatten, »hat sich die Winter gründlich verrannt. Hängt immer noch ihrer skurrilen Selbstmörderthese nach.« Leider hatte er im wörtlichen Sinne den Mund etwas voll genommen, sodass er schwer zu verstehen war. Ratlos sahen sich seine beiden Kollegen an.
    Wolf entschuldigte sich, nachdem er den Bissen hinuntergeschluckt hatte. Mit ausgestrecktem Zeigefinger tippte er auf den »Seekurier«, der mit der Lokalseite nach oben unter der Pappschachtel lag. Der Artikel, über den er sich echauffierte, fiel durch einen deutlich sichtbaren, handtellergroßen Fettfleck ins Auge.
    »Bravo, ein sauberer Abdruck«, bemerkte Jo grinsend, während Vespermann nur ein abfälliges »Tss, tss« hören ließ.
    Wolf griff bereits nach dem zweiten Stück, als er plötzlich innehielt. Er tat, als hätte er erst jetzt bemerkt, dass Jo und Vespermann ihm mit großen Augen beim Essen zusahen. »Hab ich euch etwa Appetit gemacht?«, fragte er scheinheilig. »Oder habt ihr schon gegessen?«
    »Wie hätten wir uns was besorgen sollen – bei dieser Hektik heute morgen?«, nörgelte Vespermann.
    »Riecht jedenfalls verdammt lecker«, kommentierte Jo.
    »Hab ich mir fast gedacht«, meinte Wolf und wies auf die drei Kartons, die auf dem Sideboard standen. »Die sind für euch, also langt zu«, eröffnete er den überraschten Kollegen, während er sich ein weiteres Stück zwischen die Zähne schob.
    Jo ließ sich das nicht zweimal sagen. »Bevor ich mich schlagen lasse …« Sie stand auf und griff nach einem der Kartons. »Was ist mit dir?« Ihre Frage war an Vespermann gerichtet.
    Der schien mit sich zu kämpfen, doch schließlich nickte er. »Na gut, bring mir eins mit.«
    »Keiner zwingt dich«, bemerkte Wolf kauend.
    »Was ist mit der dritten Schachtel?«, fragte Jo.
    In diesem Augenblick ging die Tür auf, und Marsberg kam herein, gefolgt von seinem Stellvertreter, Kriminaloberkommissar Hartmut Preuss.
    Beim Anblick der Pappschachteln runzelte Marsberg die Stirn. »Sind wir hier bei einer Fressorgie gelandet, oder was? Was is’n das für ’ne Arbeitsauffassung?«
    »Ihr kommt zu zweit?«, meinte Wolf verwundert. »Das bringt meine ganze Arithmetik durcheinander. Es ist nämlich nur noch  ein  Dinnele da. Müsst ihr eben teilen. Nehmt Platz, bitte.«
    Marsberg und Preuss hatten nichts dagegen. »Mahlzeit«, antworteten sie wie aus einem Mund und suchten sich, den vierten Dinnelekarton in ihrer Mitte, zwei freie Stühle.
    »Ich falle für ein paar Tage aus, deshalb hab ich Hartmut mitgebracht«, erklärte Marsberg wenig später

Weitere Kostenlose Bücher