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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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ein. Danach beschaffte er einen stabilen Karton, den er zur Hälfte mit Schaumstoffflocken füllte, in die er die Skulptur bettete.
    Noch während er den Karton mit den Flocken vollends auffüllte, wurde es im Vorraum unversehens laut. Eine kräftige Männerstimme ertönte, zwei andere hielten dagegen, und im Nu war ein erregter Disput im Gange, der beständig anschwoll – bis Peschke sich entschloss, nach dem Rechten zu sehen.
    Er hatte die Tür noch nicht ganz erreicht, als sie unversehens von außen aufgerissen wurde. Ein hochgewachsener Mittsechziger stürmte in das Büro, zwei betreten schauende Mitarbeiter des Antiquitätenhändlers hinter sich lassend. Offenbar hatte es draußen eine Rangelei gegeben, denn seine frankophil anmutende Kopfbedeckung drohte abzurutschen. Ihm folgte ein kleinerer Mann, der auffallend füllig wirkte und neben einem stattlichen Bauch über markante Geheimratsecken verfügte.
    »Tut uns leid, Herr Peschke, aber die Herren waren nicht aufzuhalten«, entschuldigte sich einer der Mitarbeiter.
    »Wer sind Sie?«, herrschte Peschke die beiden Eindringlinge an.
    »Der erste vernünftige Satz in diesem Haus«, antwortete der Hochgewachsene aufatmend, nachdem er sein Barett wieder zurechtgerückt hatte. Er zückte einen Ausweis und hielt ihn Peschke unter die Nase. »Kriminalhauptkommissar Wolf von der Kripo Überlingen. Hier neben mir mein Kollege, Oberkommissar Vespermann.«
    »Ja, und? Was haben wir mit der Kripo zu schaffen?«, wollte Peschke wissen, der vergebens in Wolfs Gesicht zu lesen versuchte und nur mit Mühe seine innere Unruhe verbarg.
    »Sind Sie Herr Peschke? Jörg Peschke, der Geschäftsführer von Goldmann & Co.?«, fragte Wolf, derweil sich Vespermann interessiert im Raum umsah und sich schließlich dem Paket auf dem Tisch zuwandte.
    »Ja, und? Weshalb sind Sie hier?«
    Zwischenzeitlich hatte Vespermann wie nebenbei das Paket geöffnet und die Figur halb freigelegt. »Ei, was haben wir denn da? Leo, schaust du mal?«, rief er.
    Vergebens versuchte Peschke, ihm in den Arm zu fallen. »Nehmen Sie sofort Ihre Finger weg, das ist ein Kunstwerk und äußerst kostbar«, bellte er.
    Wortlos schob Vespermann ihn zur Seite und fuhr fort, die JadeFigur freizulegen. Vorsichtig hob er sie aus dem Karton.
    »Sieh mal an«, meinte Wolf ironisch, als er näher trat, »das Ding sieht dem Jade-Elefanten des ermordeten Herrn Hauschild verflucht ähnlich … man könnte glatt meinen, wir wären fündig geworden.« Er zog aus einer Manteltasche ein Schriftstück hervor. Nachdem er es auseinandergefaltet hatte, hielt er es Peschke hin.
    »Was soll ich damit?«, fragte Peschke aufgebracht.
    »Lesen«, befahl Wolf. »Sie haben dieses Schriftstück sicher sehnlichst vermisst. Ich schenke es Ihnen … es ist eine Kopie.«
    »Eine Kopie von was?«
    »Von einem Echtheitszertifikat. Genauer gesagt: Von dem Echtheitszertifikat zu dem Kunstwerk, das hier vor uns steht …«
    »… und dessen Besitz Sie gegenüber unserer Kollegin vehement bestritten haben«, fügte Vespermann hinzu. »Gestern Mittag, Sie erinnern sich? Na klar tun Sie das. Ihr Theater mit dem kaputten Lastenaufzug soll ja sehr überzeugend gewesen sein, hahaha.« Er schien sich diebisch zu freuen. »Sie könnten sich einen Riesengefallen tun, Herr Peschke, indem Sie uns den Namen des Vorbesitzers beziehungsweise desjenigen verraten, von dem Sie die Figur erworben haben.«
    »Dazu kann ich nichts sagen.«
    »Sie können oder Sie wollen nicht?«
    »Ich möchte zunächst meinen Anwalt sprechen.«
    »Herr Peschke«, sagte Wolf und schlug dabei einen dienstlichen Ton an, »wir müssen Sie leider bitten, mit uns zu kommen.«
    »Wieso? Bin ich jetzt verhaftet, oder was? Dann will ich den Haftbefehl sehen. Sie können mir nichts beweisen, überhaupt nichts.«
    »Das wird sich herausstellen. Bitte kommen Sie.«
    »Erst den Haftbefehl.«
    »Wir verhaften Sie nicht. Wir nehmen Sie nur vorläufig fest, das ist etwas anderes. Und zwar wegen Gefahr im Verzug.«
    »Dürfen Sie das überhaupt? Ich dachte immer, wir leben in einem Rechtsstaat.«
    »Wir dürfen, glauben Sie mir.«
    »Ich will sofort meinen Anwalt sprechen, hören Sie? Das ist mein gutes Recht.«
    »Das will Ihnen ja keiner nehmen, Herr Peschke – aber alles zu seiner Zeit. Jetzt begleiten Sie uns erst mal zur Polizeidirektion, dann sehen wir weiter. Auf geht’s …«
    Während Vespermann Peschke zu ihrem Wagen führte, klemmte Wolf sich die Jade-Figur unter den Arm und folgte

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