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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Als weder bei Wolf noch bei Jo gleich der Groschen fiel, zog er ungeduldig die Brauen zusammen. »Ihr wisst aber schon noch von dem Mord an dem Barmann, oder?« Als ein Ausdruck des Verstehens über ihre Gesichter flog, atmete er hörbar auf. »Gut. Dann erinnert ihr euch vielleicht auch noch an den Terminkalender des Opfers, von dem ich euch erzählt habe. Na? In dem diese Notiz stand … in der Stunde seines Todes?«
    Wolf winkte ab. »Ach,  das  meinst du.«
    »Ja, genau das meine ich. Und ich weiß jetzt auch, was das heißt,  MI .«
    »Na, dann raus mit der Sprache, oder willst du ein Quiz draus machen?«
    Vespermann lachte schief. »Na ja, da hättet ihr wohl schlechte Karten. Hier, seht mal, was weiter hinten in dem Terminkalender steckte.« Mit diesen Worten hielt er Wolf eine Visitenkarte hin.
    Anstatt danach zu greifen, fragte Wolf allen Ernstes: »Ist das jetzt die erste Quizfrage?«
    »Ach Quatsch. Hier, seht euch das an.«
    Wolf griff nach der Karte und studierte sie. Neugierig sah ihm Jo dabei über die Schulter.
    »Ich werd verrückt«, rief Wolf plötzlich aus. Er ließ die Karte sinken und brach in Lachen aus.
    »Nicht wahr, da staunt ihr.  MI  steht für ›Moskau-Inkasso‹. Das sind Geldein…«
    »Ja, ja, das seh ich«, unterbrach ihn Wolf, kaum dass er sich wieder beruhigt hatte. »Hier, Jo, sieh dir mal die Telefonnummer an … fällt dir daran etwas auf?«
    Jo nahm ihm die Karte ab und betrachtete sie genauer. »Das ist die Vorwahl von Konstanz … und die Telefonnummer … ja, irgendwie kommt sie mir bekannt vor, aber im Augenblick … nein, ich komm nicht drauf.«
    »Na gut«, meinte Wolf nachsichtig, »dann geh mal eine Zeile tiefer. Zu der Mailadresse. Vielleicht fällt jetzt der Groschen?«
    Jo plumpste in ihren Stuhl zurück. »Das glaub ich nicht«, stieß sie halblaut hervor, bis sie gleichfalls laut zu lachen anfing.
    »Wie wär’s, wenn die Herrschaften mich an dem Grund für ihre Heiterkeit teilhaben ließen?«, murrte Vespermann. Offensichtlich hatte er ein dickes Lob erwartet, und nun schienen die beiden sich über ihn lustig zu machen.
    Wolf räusperte sich, bevor er Vespermann die Karte zurückgab. »Entschuldige, Gerd, du kannst das ja nicht wissen. Schon die Telefonnummer kam mir irgendwie bekannt vor. Spätestens bei der Mailadresse war mir dann alles klar.«
    »›[email protected]‹«, las Vespermann halblaut vor. Verärgert schüttelte er den Kopf. »Ja, und? Was soll daran witzig sein?«
    »Pass auf: Es gibt da in Konstanz einen alten Kunden von uns, Kalaschnikow heißt er. Nein, stimmt nicht ganz, eigentlich heißt er Nikoff, Antonin Nikoff, ein Berliner russischer Abstammung. Irgendjemand hat irgendwann das ›Kalasch‹ davorgehängt. Die Kalaschnikow, also das Schießeisen, war mal sein Lieblingswerkzeug, wenn du verstehst, was ich meine. Heute betreibt er seine Geschäfte etwas weniger martialisch. Zuletzt hatte er sich auf Personenschutz und ähnlich dubiose Dienstleistungen verlegt. Offenbar hat er inzwischen auch das Eintreiben von Außenständen in sein Portfolio aufgenommen. Na ja, solange er damit nicht gegen das Gesetz verstößt …«
    »Und wer ist Igor Balakow?«
    »Kenn ich nicht. Dürfte einer seiner Geldeintreiber sein.« Er dachte kurz nach. »Dass der Fall des ermordeten Barmannes uns ausgerechnet zu Kalaschnikow führt …«, meinte er verwundert. »Dem Mann trau ich ja einiges zu – aber Mord? Nein, mit Mord hat Kalaschnikow ganz sicher nichts zu tun.«
    »Du glaubst wohl noch immer an das Gute im Menschen, was?«, meinte Vespermann beißend.
    Wolf tat, als überhörte er seine Bemerkung. Jetzt einen Pastis, dachte er, wenigstens einen klitzekleinen, und danach eine Gitanes reinziehen – das wär’s. Ach ja, und einen anderen Kollegen, bitte. Stattdessen … ach, was soll’s.
    Mit einer Handbewegung verscheuchte er seine trüben Gedanken. Dann stand er auf und ging ein paar Schritte hin und her, ehe er vor Vespermann Halt machte und auf ihn hinabsah. »Mir geht da gerade etwas ganz anderes durch den Kopf. Hatten die Leute von ›Moskau-Inkasso‹ den Barbesitzer nicht wegen seiner Spielschulden aufgesucht?« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er zu Jo hinüber. »Und bei Hauschild – haben wir es da nicht auch mit Spielschulden zu tun?« Nachdenklich kehrte er wieder an seinen Platz zurück und setzte sich, ehe er fortfuhr: »Ist das nun Zufall, oder besteht zwischen den beiden Fällen ein Zusammenhang? Wenn ja,

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