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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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blind. Da hinten ist das Konzilgebäude, dort das Münster und …« Wolf verstummte und hob horchend den Kopf.
    »Was ist?«, fragte Marsberg irritiert.
    Wolf lauschte noch einmal konzentriert, dann zuckte er mit den Achseln. »Mir war so, als hätte ich meinen Namen gehört.«
    Marsberg sah ihn zweifelnd an. »Das sind jetzt aber keine Entzugserscheinungen, oder? Vielleicht solltest du dir von der Stewardess einen Pastis bringen lassen«, spöttelte er.
    »Ah, du hast recht. Ein Pastis und eine Gitanes, das wär’s jetzt.« Schon begann Wolfs frankophil angehauchtes Herz, höher zu schlagen. Er stellte sich vor, er säße in einer Bar am Hafen, irgendwo an der Küste der Halbinsel Quiberon, wo die Luft nach Salz schmeckte und nach   coquilles Saint-Jacques , hierzulande Jakobsmuscheln genannt.
    Just in diesem Augenblick hörte er die Stimme der Flugbegleiterin über Lautsprecher sagen: »Achtung, eine wichtige Durchsage: Ein Herr Wolf, Leo Wolf aus Überlingen, wird im Cockpit verlangt. Bitte melden Sie sich beim Piloten. Danke.«
    Marsberg war perplex. »Tatsächlich, du hattest recht. Aber wenn du mich fragst … das klingt nicht gut.«
    Wolf seufzte. »Na klasse. Am Samstag wird uns keiner in die Suppe spucken, hast du gesagt, erinnerst du dich?« Kopfschüttelnd machte er sich auf den Weg ins Cockpit. Als er kurz darauf zurückkehrte, hatte sich seine Miene verdüstert.
    »Und, was ist?«, wollte Marsberg wissen.
    »Na was wohl? Dreimal darfst du raten.« Marsberg war nicht nur Wolfs Freund, sondern als Leiter des D3 auch beruflich mit ihm verbunden. Er wusste natürlich, dass es sich bei der Nachricht um einen Einsatz wegen eines Todesfalls handeln musste. »Ein Suizid, reine Routine. Trotzdem, ich muss da hin.«
    »Einen Scheißberuf hast du«, knurrte Marsberg mit gespielter Leichenbittermiene, ehe sich sein Gesicht zu einem Grinsen verzog. »Na gut, verschieben wir unser geplantes Mittagessen eben auf heute Abend.«
    »Gut. Falls es sich tatsächlich um einen Suizid handelt.«
    »Ich bitte dich, hör auf zu unken. Womöglich landet dann der Mord an dem Barbesitzer, an dem ihr gerade dran seid, bei uns. Wo wir doch unsere eigenen Fälle kaum schaffen.« Er lachte auf, als er Wolfs missmutiges Gesicht sah. »Sollte ein Scherz sein, Leo. Kopf hoch, das wird schon.«

3
    Gleich nach der Landung hatten Wolf und Marsberg die Rückfahrt angetreten. Dabei drehte sich alles um ein einziges Thema: den Zeppelin. Die Sätze flogen nur so hin und her; besonders Wolf schwärmte in den höchsten Tönen von dem Flug und ließ sich auch durch Marsbergs ironisches Lächeln nicht irritieren.
    Kurz vor Nußdorf verließen sie die B31 und schlugen den Weg Richtung Überlingen ein. In engen Kurven ging es nun zum See hinunter.
    Als sie Nußdorf passierten, wurde Wolf plötzlich zappelig und zeigte zum rechten Straßenrand. »Halt an«, rief er hastig und machte sich an seinem Gurt zu schaffen, worauf Marsberg eine Vollbremsung hinlegte, um die ihn selbst erfahrene Rallyefahrer beneidet hätten. Noch bevor er nach dem Grund fragen konnte, hatte Wolf den Wagen bereits verlassen und eilte auf ein Ladengeschäft zu.
    Kurz darauf saß er wieder im Wagen und hielt Marsberg eine offene Tüte hin. »Hier, bedien dich«, sagte er. »Frische Butterbrezeln. Als ich eben das Bäckerschild sah, konnte ich einfach nicht widerstehen.«
    Marsberg unterdrückte einen Fluch und griff zu. Da er wie Wolf die filigraneren Teile des Backwerks bevorzugte, erinnerte die Geräuschkulisse im Wagen bald an ein mittelgroßes Mahlwerk.
    »Wo soll ich dich rauslassen?«, fragte Marsberg, als sie wenig später Überlingen erreichten.
    »Strandweg, gleich hinter dem Bahnübergang«, nuschelte Wolf kauend.
    »Am Strandweg?« Anerkennend pfiff Marsberg durch die Zähne. »Mein lieber Herr Gesangverein. Nicht gerade eine Arme-Leute-Adresse. Komisch. Hier hätte ich einen Suizid am wenigsten vermutet. Na ja, so kann man sich irren. Wie ist es, soll ich mitkommen?«, bot er an.
    »Nicht nötig, Rolf, danke. Bei einem Suizid haben sie den Leichnam vielleicht sogar schon weggebracht. Und die paar Meter bis zu meinem Fahrrad geh ich danach gern zu Fuß. Danke noch mal, dass du mir bei dem Rundflug Gesellschaft geleistet hast. Du warst mir eine große Stütze.« Er zwinkerte ihm bedeutungsvoll zu. »Grüß deine Frau von mir.«
    Marsberg hatte bereits wieder den Motor angelassen, als Wolf noch etwas einfiel. »Ach ja, wegen heute Abend: Um sieben im

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