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Seeraeuber vor Sylt

Titel: Seeraeuber vor Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Franz
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mit, wie der Steuermann den Jungen beobachtete. Als Broder wieder an Deck stand, ginger zu ihm hinüber und sprach leise auf ihn ein. Doch Broder ließ sich nicht beirren. Der Entschluss, den er gefasst hatte, stand fest: Wenn die Rosenboom die Insel Sylt passierte, würden sie von Bord gehen. Jaike, Gerhard, Ouwe und er.
    Wenige Stunden später ruderten sie das kurze Stück nach Rantum hinüber. Mit jedem Ruderschlag wuchs der Abstand zwischen ihnen und dem Holk. Broder und Jaike konnten den Blick nicht von dem stolzen Schiff abwenden. Und auch Ouwe sah der Rosenboom lange hinterher.
    Nur Gerhard verspürte nicht die geringste Wehmut, als der mächtige Dreimaster schließlich im Licht des Mondes am Horizont verschwand. Er hatte nur den Wunsch, nach Hause zu kommen. Ängstlich saß er in dem schaukelnden Beiboot, und erst als er den Boden der Insel Sylt unter den Füßen hatte, atmete er auf.

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    Ein glänzender Beweis
    Der junge Graf war vom Strandvogt mit allen Ehren aufgenommen worden. Er hatte neue Kleider bekommen und ihm wurde sogar Wein statt Bier zum Essen serviert. Jeden Morgen aber, nach dem Frühstück beim Strandvogt, lief Gerhard zu Jaike und Broder hinüber. Die beiden Kinder hatten zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas wie Ferien. Weil sie sich doch um den hohen Besuch kümmern mussten, waren sie von der Arbeit beim Torfstechen und Salzsieden befreit.
    Auch Pidder hatte nichts dagegen, dass Broder ihm nicht beim Netzeflicken half. Er war einfach nur froh, dass der Junge wieder da war. »Düwel ouk«, sagte er zu Ouwe, der neben ihm am Strand saß. »Was die Kinners alles anstellen, wenn man sie mal allein aufs Meer lässt. Da kommen die, so mir nix, dir nix, mit dem Sohn unseres Grafen zurück!«
    Jaikes Mutter war der Schreck, ihre Tochter beinahe an das Meer verloren zu haben, noch anzusehen. Immer wieder stand sie vor der Salzbude undschaute nach den drei Kindern, die stundenlang in den Dünen lagen und einfach nur in den Himmel schauten.
    »Schön ist es hier bei euch«, sagte Gerhard. Er sah den bauchigen Wolken hinterher, die der Westwind zum Festland trieb. »Aber ich wünschte trotzdem, bald nach Hause zu kommen.« Ein tiefer Seufzer ging durch seinen Körper. »Auch wenn Vater nicht mehr lebt … Ob Mutter wohl schon Bescheid weiß, dass es mir gut geht?«
    Broder setzte sich auf und ließ den feinen Sand durch seine Finger rieseln. »Der Bote ist ja gleich losgelaufen. Arwin braucht nur ein paar Stunden durch das Watt, um zum Festland zu kommen. Aber ob er dann gleich ein Fuhrwerk gefunden hat, das ihn zu eurer Burg mitgenommen hat …«
    »Unsere Brieftauben wären längst schon da«, sagte Gerhard. »Sie bräuchten kaum mehr als eine Stunde, um von hier zur Burg zu fliegen.«
    Jaike stieß ihn freundschaftlich mit dem Ellenbogen an. »Jetzt übertreibst du aber«, sagte sie.
    »Nein«, antwortete Gerhard. »Sie schaffen fast sechzig Meilen in der Stunde.«
    Broder lachte. »Aber leider hattest du keine Brieftaube in der Hosentasche, als dich die Piraten geschnappthaben. Also kannst du auch keine losschicken. Du wirst schon drauf vertrauen müssen, dass Arwin auch nicht gerade eine Schnecke ist.«
    Gerhard setzte sich im Schneidersitz auf und schaute über das Meer Richtung Küste. »Sicher holt mein Onkel mich höchstpersönlich ab«, sagte er düster.
    »Magst du ihn nicht?«, fragte Jaike.
    »Er ist kein richtiger Onkel, sondern nur der Stiefbruder meines Vaters. Er mischt sich immer in alles ein. Am liebsten wäre er selbst der Herr auf Hohenholstein.« Gerhard legte sich wieder zurück in den Sand, um den Wolken zuzuschauen. »Na, egal. Hauptsache, es kommt überhaupt endlich jemand.«
    Lange brauchte er nicht zu warten. Schon am nächsten Tag war ein Ewer zu sehen, der sich von Osten her auf Sylt zuschob. Es war ein kleines Schiff ohne Kiel, das im flachen Wasser vor den Inseln besser zurechtkam als die Koggen und Holks. An Deck des Schiffes stand ein Mann, der mit seinen roten, eng anliegenden Beinlingen und dem kurzen, weiten Umhang als vornehmer Herr zu erkennen war. Aufgeregt lief Gerhard am Hafen von Rantum auf und ab. Broder und Jaike wollten sich zurückziehen, doch er bat sie zu bleiben.
    Jaike wischte sich die Hände am Kleid ab. »Ach, weißt du … so ein Graf …«
    »Er ist kein Graf«, antwortete Gerhard fast schon trotzig.
    »Aber ein Edelmann«, meinte auch Broder und sah misstrauisch zu, wie der Ewer am Holzsteg anlegte. Er mochte die feinen Herrschaften

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