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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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in die Schlachterhalle führte.
    Â»Warten Sie.« Ein Unterton in der Stimme der Angestellten ließ Jo stocken. Erwartungsvoll kehrte sie zum Tresen zurück, wo sich die Frau misstrauisch umsah, ehe sie sich zu Jo hinüberbeugte.
    Â»Gestern Abend sind acht polnische Mitarbeiter völlig überraschend heimgefahren. Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen«, flüsterte sie.
    Â»War Herr Kacinsky darunter?«, flüsterte Jo zurück.
    Die Angestellte nickte.
    Jo hob dankend die Hand und verließ das Gebäude. Um die Hintergründe dieser Massenflucht – um was sonst sollte es sich bei dem überstürzten Auszug aus dem Gelobten Land handeln? – würden sich die Kollegen vom Zoll kümmern. Leider war damit auch die Gelegenheit dahin, sich von Kacinsky die Übereinstimmung des Phantombildes mit dem Käufer des Rinderauges bestätigen zu lassen.
    Die Rückfahrt verlief nur wenig entspannter. Nach wie vor regnete es Bindfäden, immer wildere Böen schüttelten den Wagen, je näher sie Überlingen kamen, und alles, was fuhr, war von einer undurchdringlichen Gischtwolke umhüllt. Schürmann musste sich voll auf die Straße konzentrieren, nur das Nötigste wurde gesprochen. Bei Espasingen gerieten sie in einen Stau, der ganz offensichtlich die Folge eines Regenunfalls war. Als sie die Unfallstelle schließlich passierten, glich die Straße einem Schlachtfeld. Verletzte wurden in Sankas verladen, genervte Polizisten versuchten, den Gaffern Beine zu machen, die Szenerie ertrank im Regen.
    Kein Wunder, dass selbst Jo den eigentlichen Anlass der gemeinsamen Fahrt vorübergehend verdrängte. Erst kurz vor der Ortseinfahrt Überlingen wurde er ihr wieder bewusst. Sie nahm all ihren Mut zusammen und fragte mit leicht belegter Stimme: »Wenn ich schon unser gestriges Date versaut habe, darf ich Sie dann für heute Abend einladen … sozusagen als Wiedergutmachung?«
    Plötzlich wirkte Tom Schürmann total entspannt. »Wenn Sie meinen, Lady, dass es Ihr Dienst erlaubt?«, grinste er. »Wann und wo?«
    * * *
    Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, als Jo wieder in der Polizeidirektion eintraf. Bereits bei der Anfahrt hatte sie bemerkt, dass in Wolfs Büro noch Licht brannte. Am besten schaute sie gleich mal bei ihm rein. Wenn sie an ihr Date mit Tom Schürmann dachte, konnte sie sich gar nicht früh genug zurückmelden, zumal sie wichtige Neuigkeiten mitbrachte.
    Â»Na endlich«, wurde sie von Wolf empfangen, der vor einer Platte mit Butterbrezeln saß und auf beiden Backen kaute. »Hanno hat es mal wieder den Appetit verschlagen. Du musst für ihn einspringen.« Einladend schob er ihr die Platte zu, ehe er lautstark Kaffee aus einer Tasse schlürfte – wenigstens hielt Jo es für Kaffee.
    Â»Geht nicht. Hab heute Abend ein Essen«, erklärte sie und schob die Platte zurück.
    Jetzt erst gewahrte sie Hanno Vögelein, der Wolf gegenübersaß und noch immer wie ein Häufchen Elend wirkte. Zudem schien er um seine Atemwege zu fürchten, warum sonst hatte er Hals und Oberkörper so dick eingepackt? Apathisch sah er zu, wie Jo ihren Block aus der Tasche zog und sich rittlings auf einem Stuhl niederließ. »Wo fehlt’s denn heute?«, fragte sie ihn und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.
    Â»Vermutlich eine besonders heimtückische Form der Vogelgrippe«, vermutete Wolf, noch ehe Vögelein antworten konnte. »Schau uns an, Hanno: Wir ignorieren sämtliche Symptome, deshalb geht’s uns blendend.«
    Â»Das denken Sie! In Wirklichkeit hat man Sie nur nicht gründlich genug untersucht«, entgegnete Vögelein matt.
    Â»Du redest, als hätte der Doktor ausgerechnet bei dir einen virulenten Raucherhusten im Endstadium diagnostiziert. Das ist doch Kokolores. Gegen Atemwegserkrankungen gibt’s ein ganz einfaches Rezept: immer weiteratmen! Wer atmet, lebt, wer nicht atmet, ist tot, so einfach ist das.« Augenzwinkernd sah Wolf zu Jo hinüber.
    Â»Sie sollen sich nicht immer über Hannos Symptome lustig machen, Chef«, sagte sie tadelnd, doch auch in ihren Augen funkelte es schelmisch. Lassen Sie uns lieber über unseren Fall sprechen. Sie wollen doch sicher wissen, was mir Friedhelm Sonntag erzählt hat, oder?«
    Â»Schieß los.«
    Â»Der Nachlass der zuletzt verstorbenen alten Dame geht laut Testament an … na, was

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