Seeteufel
denken Sie?«
»Ich will keine Fragen. Ich will Antworten.«
» Heavenâs Gate «, sagte sie und zwang sich zu einem möglichst beiläufigen Ton.
Vögeleins Kopf ruckte hoch, während sich zwischen Wolfs Augen eine steile Falte bildete.
»Also doch!«, stieà Wolf hervor und legte die halbe Brezel, die er in der Hand hielt, auf die Platte zurück.
»Sie scheinen damit gerechnet zu haben.«
»Jedenfalls wundertâs mich nicht. Hast du sonst noch was auf der Pfanne?«
»Ich war noch einmal bei der Firma in Singen, von der das Auge stammt. Wollte dem polnischen Arbeiter das Phantombild zeigen. Doch der Mann ist weg.«
»Was soll das heiÃen â weg?«
»Offensichtlich haben sie ihn gestern noch, zusammen mit sieben weiteren Mitarbeitern, nach Polen zurückverfrachtet.«
»Ist nicht unser Bier. Gibâs weiter an den Zoll.«
»Mach ich. Und was war hier so los?«
»Es gibt eine Antwort aus Augsburg. Gabriello, wie sich der groÃe Meister unter Eingeweihten nennt, war an dem Arsenraub offensichtlich nicht beteiligt. Weder haben ihn die Angestellten der Apotheke auf dem Bild erkannt, noch wurden seine Fingerabdrücke gefunden. Auch sein Alibi für den Dienstag nach Pfingsten ist hieb- und stichfest.«
»Wird ja immer geheimnisvoller. Hat die Telefonüberwachung von Neidling schon etwas ergeben?«
Wolf sah zu Vögelein hinüber. Der räusperte sich ausgiebig, was prompt einen längeren Hustenanfall auslöste. Mit zittrigen Fingern kramte er eine Pillenschachtel hervor.
»Negativ«, hauchte er schlieÃlich mit brüchiger Stimme. »Er hat zwar mehrere Gespräche geführt, allerdings ohne ein verräterisches Wort in den Mund zu nehmen. Aber was nicht ist, kann noch werden.«
Das Telefon klingelte. Unwillig über die Störung stand Wolf auf und meldete sich. Nach kurzem Zuhören reichte er den Hörer an Jo weiter. Kaum hatte sie ihren Namen genannt, runzelte sie die Stirn. Nach mehrmaligem »Aha« und »Verstehe« dankte sie dem Anrufer und legte auf.
»Das war Friedhelm Sonntag, der Notar. Jetzt haltet euch fest: Die Sekte hat das Erbe ausgeschlagen.«
»Ausgeschlagen? Was soll das heiÃen?«, fragte Vögelein.
»Na, was wohl. Sie lehnen die Erbschaft ab, nicht mehr und nicht weniger.«
»Haben sie die Absage begründet?«, wollte Wolf wissen.
»Haben sie. Der Dienst an Gottes Wort vertrage sich nicht mit weltlichem Besitz, oder so ähnlich. Jetzt fällt das Erbe an eine gemeinnützige Organisation.«
»Wozu die Obdachlosenszene wohl kaum gehören dürfte. Penner haben bekanntlich keine Lobby«, spielte Vögelein auf Einstein und Havanna an.
»Apropos Penner«, griff Wolf Vögeleins Gedankengang auf. Er war zum Fenster getreten, nachdenklich nagte er an seiner Unterlippe. »Hat die Fahndung nach Göbbels schon was gebracht?«
Jo und Vögelein schüttelten stumm den Kopf.
Wolf schob sein Barett zurück und kratzte sich an der Stirn. »Wenn da mal nicht eine weitere Schweinerei dahintersteckt. Der Typ ist mir irgendwie ans Herz gewachsen, wär direkt schade um ihn. Ich denke, ich werde heute Abend mal die einschlägigen Treffs aufsuchen, vielleicht kommt ja von seinen Kumpanen ein brauchbarer Hinweis. Jedenfalls sollten wir sein spurloses Verschwinden nicht tatenlos hinnehmen.«
»Ich könnte nachher die Kollegen vom Streifendienst drauf ansetzen, Chef«, bot sich Vögelein an.
»Gute Idee. Tu das.«
Zum zweiten Mal klingelte das Telefon. Unwillig riss Wolf den Hörer hoch und nannte seinen Namen.
»Sieh an, unsere Mitarbeiterin Karin Winter«, grinste er. »Falls Sie noch Stoff für Ihre Samstagsausgabe suchen, Madame: Bedaure, auÃer den bekannten Morden können wir nichts Neues liefern ⦠Wie bitte? Leserbriefe? Was haben wir mit Ihren Leserbriefen am Hut?«
Er hörte ihr mit zunehmender Aufmerksamkeit zu, mehrfach zog er dabei die Augenbrauen hoch, bis er sich mit dem geknurrten Satz verabschiedete: »Diesen Stuss glaube ich erst, wenn ich ihn schwarz auf weià lese.« Damit unterbrach er das Gespräch.
»Das muss man erst mal einordnen â¦Â«, schimpfte er aufgebracht und lief wie ein Tiger im Käfig ein paar Schritte hin und her.
»Was ist los? Was wollte die Winter? Spannen Sie uns nicht so auf die Folter, Chef«, drängte Jo.
Wolf
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