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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Matuschek, dann machte sie sich auf den Weg.
    Bereits eine Viertelstunde vor der genannten Zeit stand sie gegenüber der Einfahrt in die Waschanlage, die an der Ausfallstraße Richtung Lippertsreute/Salem lag. Auf diese Weise konnte sie das Eintreffen ihres Mittelsmanns kontrollieren – und falls man ihn beschattete, würde ihr das nicht entgehen. Zwar hatte die Dämmerung aufgrund des schlechten Wetters bereits eingesetzt, das ganze Gelände jedoch war taghell erleuchtet.
    Endlos zogen sich die Minuten dahin. Unmittelbar vor dem genannten Zeitpunkt wurde es plötzlich spannend. Ein dunkelblauer BMW näherte sich der Anlage. Das Kennzeichen stimmte, ein » RV « für Ravensburg. Im Wagen saß nur ein Mann – ihr Mann. Sie hatte ihn gleich erkannt. Verstohlen winkte er ihr zu.
    Karin machte sich bereit. Sie musste das Ganze sekundengenau timen, wenn sie im richtigen Moment unauffällig zusteigen wollte. Jetzt fädelte sich der Wagen in die Einfahrt ein. Schon wollte Karin auf ihn zugehen, als einer der rot gekleideten Angestellten der Waschanlage neben dem BMW auftauchte. Mit geübten Griffen schob er die Antenne ein, ehe er die Fahrertür öffnete und dem Fahrer eine Bemerkung zuwarf. Danach entfernte sich der Mann wieder.
    Schnell entschlossen eilte Karin zu dem BMW hinüber. Mit einem halblaut gemurmelten »Hallo« schlüpfte sie hinein – keine Sekunde zu früh, die rotierenden Bürsten waren bereits verdammt nahe. Aufatmend ließ sie sich in den Beifahrersitz fallen.
    Sofort fuhr sie wieder hoch. Auf der Sitzfläche lag etwas Hartes. Sie griff nach dem Ding und nahm es weg, wollte es vor sich auf die Ablage legen, als sie überrascht innehielt.
    Das war doch … nein, sie hatte sich nicht getäuscht: Das Ding war tatsächlich eine Pistole! Karin schnellte herum, nahm mit aufgerissenen Augen den Fahrer ins Visier. Der verzog darüber keine Miene, sah unverändert geradeaus.
    Plötzlich sprühten tausend Düsen fein zerstäubtes Wasser auf den Wagen, mannshohe Bürsten begannen zu rotieren, knallten wie Peitschenhiebe auf die wassertrüben Scheiben, die Sicht nach außen war gleich null.
    Noch immer blieb der Fahrer stumm.
    Â»Falls Sie’s noch nicht bemerkt haben …« Sie musste beinahe schreien, um den Lärm der Bürsten zu übertönen. »Ich bin jetzt da. Legen Sie schon los!«
    Im Hintergrund vernahm sie näherkommendes Sirenengeheul.
    Sigi Felger reagierte nicht.
    Â» Sie haben mich angerufen, falls Sie’s vergessen haben sollten. Wenn Sie nicht bald reden, sind die vier Minuten um, dann sind wir durch die Anlage durch. Also?«
    Nichts. Langsam kam bei Karin Panik auf. Einem plötzlichen Impuls folgend, hielt sie die Waffe hoch.
    Â»Hören Sie! Wenn Sie glauben, mit solchen Spielzeugen Eindruck auf mich zu machen, dann haben Sie sich geschnitten. Sagen Sie, was Sie zu sagen haben. Wir haben nicht ewig Zeit.«
    Sie tippte ihm bekräftigend an die Brust – als der Mann zu ihrer Verblüffung seitlich wegkippte.
    Impulsiv presste sie beide Hände vor den Mund, wollte aufschreien und brachte dennoch keinen Ton heraus. Nun endlich realisierte sie, was in dem Wagen nicht gestimmt hatte.
    Ein kalter Schauer rieselte ihr den Rücken hinab. Sie hatte die ganze Zeit neben einem Toten gesessen!
    Karin zwang sich, ihm ins Gesicht zu sehen. Dabei entdeckte sie an der ihr abgewandten Seite seines Gesichts einen dünnen roten Streifen, der an einem dunklen, kreisrunden Fleck am Haaransatz seinen Anfang nahm und sich bis zum Kinn hinunterzog. Der Kragen der schwarzen Jacke glänzte feucht, als sei der Stoff mit einer dunklen Flüssigkeit getränkt. Blut!
    Nichts wie raus hier, war Karins erste Reaktion. Doch daran war im Augenblick nicht zu denken. Sie versuchte, ihre aufkommende Panik zu unterdrücken, sich mit Gewalt zur Ruhe zu zwingen, was ihr leidlich gelang. Ihr nächster Gedanke galt der Waffe. In einem Anflug von Ekel warf sie die Pistole auf den Boden – als ein Rest von Geistesgegenwart sie veranlasste, sie noch einmal hochzunehmen. Mit dem linken Zipfel ihrer Jacke fasste sie die Waffe am Lauf, wischte mit der anderen Seite alle Flächen darauf ab, bevor sie sie erneut fallen ließ.
    Krampfhaft bemühte sie sich, einen klaren Gedanken zu fassen. Als der Mann vor wenigen Minuten in die Anlage einfuhr, war er noch quicklebendig gewesen.

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