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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Meter tief, dreißig Meter. Das Meer war durchgedreht. Das Wasser war eine Wand. Das Wasser war hart wie Stein. Das Wasser war eine Mauer. Das Wasser war der Tod.
    Frans ließ die Pistole fAllen. Frans hob sie wieder auf. Frans verlor das Gleichgewicht. Er war auf dem Weg hinaus, einen Meter von der Tür entfernt. Er schwankte.
    Egon war auf dem Weg hinein. Der Sturm warf ihn hinein.
    Ein Schuss löste sich. Noch ein Schuss.
    Egon explodierte. Egons Kopf wurde gespalten. Egons Körper fiel.
    Frans hielt immer noch die Pistole in der Hand. Er ließ sie fAllen. Er stürmte zur Tür hinaus.
    Egon lag still auf dem nassen Boden. Durch die Türöffnung sprudelte Wasser herein.
    Er zurrte das Ruder fest. Er schleppte den Körper in den Schutz. Er suchte nach Frans. Er rief seinen Namen durch den Sturm. Frans antwortete nicht. Er wusste, dass er noch an Bord war. Er fand ihn. Frans versuchte etwas zu sagen. Er hörte nicht hin. Frans sah ihn an. Er schloss die Augen.
    Jesus!

38
    Um halb zwölf landeten sie auf dem Flugplatz von Inverness. Die Sonne schien, aber sie stand niedrig und hatte keine Kraft. Vom Taxi in die Stadt aus sah Winter eine offene Landschaft, irgendwo im Norden schimmerte Wasser und südlich der Stadt die Silhouetten der großen Berge. Es waren die Highlands.
    »Die sind ja höher, als ich gedacht habe«, sagte Angela.
    »Das ist schön.«
    Inverness bestand aus alt und neu. Widerwärtige Betonrondelle schraubten sich in das mittelalterliche Zentrum. Auf dem Hügel konnten sie das Schloss sehen. Das Taxi fuhr langsam durch die Stadt und kroch am River Ness vorbei. Sie passierten eine Brücke, fuhren fünfhundert Meter am Fluss entlang und hielten vor dem kleinen Glenmoriston Hotel, in dem Winter, auf Macdonalds Empfehlung, ein Zimmer gebucht hatte. Behaglich, gut gepflegt und teuer, wie Macdonald gesagt hatte. Winter fand den Preis nicht besonders hoch, nicht wenn man ihn mit seinem Apartmenthotel in London verglich, und dort hatte er noch nicht einmal den vollen Preis bezahlt.
    Das Zimmer im ersten Stock war groß, von dort hatten sie einen Panoramablick über den Fluss und den Park dahinter und die dreihundert Jahre alten Granithäuser zu beiden Seiten der Kathedrale. Winter öffnete das Fenster. Der Wind war immer noch mild. Er sah Leute auf den Parkbänken am anderen Ufer sitzen. Bis dorthin war es nicht weit. Möwen kreisten über den Bänken. Tauben trippelten darum herum. Die Leute aßen von ausgebreitetem Butterbrotpapier fish & chips. Schellfisch, den Erik Osvald aus dem Meer geholt hatte. Kartoffeln, die Steve Macdonalds Vater geliefert hatte. Essig aus der besten Schnapsbrennerei.
    Winter konnte zwei Brücken sehen, die über den Fluss führten. Es war erst Anfang Oktober, aber der Himmel über dem Fluss hing tief und hatte die Farbe von Stein, die Sonne war jetzt verschwunden. Der Himmel berührte die Brücken.
    Angela stellte sich neben ihn.
    »Die Decke ist hier ziemlich niedrig«, sagte sie und schaute zum Himmel hinauf.
    »Etwas Ähnliches hab ich noch nie gesehen«, sagte Winter.
    »Aber du bist doch schon mal hier gewesen?«
    »Da war es Sommer. Der Himmel war blau, wenn ich mich richtig erinnere.«
    »Du erinnerst dich doch immer richtig!«
    Sie lächelte ihn freundlich an.
    »Nicht mehr so wie früher«, sagte Winter und dachte an Arne Algotsson. Niemand wusste, wie lange man sein Gedächtnis noch haben würde. Angela hängte einige Kleidungsstücke auf. Er ließ seinen Koffer ungeöffnet liegen. Sie setzte sich aufs Bett, das groß war und trotzdem klein in dem Zimmer wirkte.
    »Das Zimmer gefällt mir«, sagte sie, »wirklich ein schönes Hotel.«
    So war es. Die Lobby war klein, aber nicht zu klein. Rechts eine einladende Bar mit Ledersesseln und hinter der Theke gut gefüllte Flaschenregale. Links lag das Restaurant.
    »Ich ruf zu Hause an«, sagte Angela.
    Er ging ins Bad und wusch sich die Hände. Er hörte ihre Stimme und kehrte ins Zimmer zurück. Sie hielt ihm den Hörer hin.
    »Elsa.«
    Er nahm ihn und hörte seine Tochter, die schon angefangen hatte zu erzählen, was tagsüber passiert war. Kein Kindergarten, während sie weg waren. Elsa im Mittelpunkt, umgeben von Großmutter Siv, Tante Lotta und den Kusinen Bim und Kristina. Verwöhnt werden. Aber das war nichts Neues. Er hatte nichts dagegen, Kinder im zarten Alter zu verwöhnen. Gesetze, Regeln, Verordnungen und Verbote würden noch früh genug kommen. Im erwachsenen Leben entgehen ihnen die meisten nicht, und dann gab

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