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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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mit unendlicher Leichtigkeit kombiniert: Wasserfall und Blätter, Linde und Stein. Wer stand für was? Wer für den Wasserfall, wer für die Blätter? Sollte das physisch übersetzt werden?
    »Hat er keinen Schlüssel für die Wohnung?«, fragte sie.
    »Wir haben das Schloss ausgetauscht«, sagte Lindsten.
    »Wo sind seine . Sachen?«
    »Er weiß, wo er sie abholen kann«, sagte Lindsten.
    Irgendwo, wo niemals die Sonne scheint, dachte Aneta Djanali.
    »Dann haben Sie ihn also heimatlos gemacht.«
    Lindsten lachte auf, ein freudloses Lachen.
    »Er hat schon lange keine einzige Nacht mehr in dieser Wohnung verbracht«, sagte er. »Er ist hier gewesen, das stimmt. Aber nur, um . um .« Und plötzlich schien sein Gesicht zu zerreißen, und sie sah, wie sich seine Augen mit Tränen füllten und er sich abrupt zum Fenster abwandte, als schäme er sich für sein Verhalten, aber es war keine Scham.
    »Er hatte kein Besuchsverbot«, sagte Aneta Djanali.
    »Leider.«
    »Als ob das was nützen würde«, sagte Lindsten mit gedämpfter Stimme, den Kopf gesenkt.
    »Er hätte Besuchsverbot bekommen können, wenn . Anette ihn angezeigt hätte«, sagte Aneta Djanali. »Oder jemand anders. Ich hätte das veranlassen können, kurzfristig. Ehrlich gesagt bin ich deswegen eben gekommen.«
    Er schaute auf, seine Augen glänzten immer noch.
    »Das ist nicht mehr nötig«, sagte er, »es hat sich erledigt.«
    Plötzlich war es, als glaube der Vater seinen eigenen Worten nicht mehr. Sie hörte ein Rumsen im Flur, noch einen Fluch. Für sie war es Zeit zu gehen. Diese Leute mussten einen Umzug durchziehen, einen Aufbruch, der zu einem neuen Lebensabschnitt führen sollte. Das hoffte sie wirklich für die Frau, deren Gesicht sie drei Sekunden lang gesehen hatte.
    »Du kennst jemanden von dort?«, fragte Johanna Osvald. Sie schien sich erheben zu wollen. Winter blieb bei der Karte stehen. »Aus Inverness?«
    »Ich . glaube.«
    »Einen Kollegen? Also einen Polizisten?«
    »Ja. Er wohnt in London, aber er ist Schotte.«
    Winter dachte nach, suchte im Archiv der Erinnerung. Da gab es viele Korridore. Er sah London, einen Kommissar in seinem Alter mit schottischem Akzent, ein Foto von einer schönen Frau und zwei hübschen Kindern, Zwillinge, das Gesicht des Kommissars, das man vielleicht nicht schön nennen konnte, aber vermutlich attraktiv für den, der es beurteilen konnte. Ein Mensch, der Wurzeln hatte. Einen Hof außerhalb von Inverness. Das hatte Steve erzählt. Winter blickte auf die Karte, die einen großen Maßstab hatte.
    »Steve Macdonald«, sagte Winter. »Er stammt von dort.«
    »Meinst du, du könntest ihn fragen?«, sagte Johanna Osvald.
    »Ja«, erwiderte Winter.
    Aber wonach?, dachte er.
    »Er kann doch bestimmt überprüfen, ob mein Vater ein Auto gemietet hat?«
    »Das können wir machen«, sagte er.
    »Ja . und wenn dein Kollege von dort stammt, kennt er vielleicht jemanden, der . tja . sehen kann, ob . nein, ich weiß nicht.« Sie stand jetzt neben Winter vor der Karte. Sie machte den Eindruck, als wollte sie nichts sehen, nichts von dem Land sehen, das eine so große umwälzende Rolle im Leben der Familie Osvald gespielt hatte. Und diese Rolle vielleicht weiterhin spielen würde, dachte Winter.
    Er spürte ihre Nähe, hörte ihr Atmen. In dieser Sekunde dachte er daran, dass die Jahre vergehen, ein ganz banaler Gedanke, der der Wahrheit entsprach.
    »Wenn du mehr wissen willst, kann Steve uns vielleicht sagen, an wen wir uns wenden können«, sagte Winter und drehte sich zu ihr um.
    In was werde ich da hineingezogen?, dachte er.
    Normalerweise wäre dieses Gespräch beendet gewesen, bevor es angefangen hatte. Jetzt war es fast zu einem Fall geworden. Einem internationalen Fall.

5
    Er stand auf der höchsten Erhebung. Unter ihm lag die Kirche. Dort hatte er manchmal gebetet, früher, zu Jesus für seine Seele gebetet. Die Kirche war das einzige Überbleibsel aus der ganz alten Zeit, die es noch in Newton gab.
    Als der Lord und die Lady das Dorf 1836 verließen, blieb die Kirche stehen. Sie war aus dem vierzehnten Jahrhundert. Vierzehntes Jahrhundert, das klang wie vor aller Zeit, vor den großen Segellastern. Den großen Entdeckungen.
    Was für ein irrwitziger Entschluss es dennoch war! Der Lord und die Lady flohen vor dem Dorf. Sie wollten es nicht neben ihrem Schloss haben.
    Sie wollten keine Eisenbahnlinie neben dem Schloss haben.
    Er sah die Viadukte, wie sie in der Luft nach Halt suchten. Sie mussten dort unten gebaut

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