Segel aus Stein
sich im Bahnhof beim Touristenbüro nach einem freien Zimmer erkundigt, und man hatte ihm eine Pension genannt, an deren Namen er sich nicht erinnerte. Aber er erinnerte sich daran, wie er vom Bahnhof aus in das Viertel gegangen war, wo die Pensionen lagen. Es war ein weiter Weg dorthin gewesen, jedenfalls kam es ihm in der Erinnerung so vor, weiter als man ihm im Touristenbüro am Bahnhof gesagt hatte. Durchs Zentrum und über die Brücke, durch ein weiteres Zentrum, das aussah, als ob es aus einer anderen Zivilisation stammte, hinein in ein Villenviertel, Häuser aus Stein, Granit, und links und rechts und geradeaus und nach links und rechts und rechts und rechts und links. You can't miss it, dear. Das war einer seiner ersten Kontakte mit dem eigentümlichen britischen Volk.
Er hatte so lange nach der Straße gesucht, wo sein B&B sein sollte, dass sich der Straßenname für alle Zeit tief in seiner Erinnerung eingeprägt hatte. Er erinnerte sich auch deswegen daran, da er nach einer Avenue Ausschau gehalten hatte, jedoch keine entdecken konnte und erst recht nicht, als er die Straße endlich fand: Ross Avenue.
Eine Straße wie jede andere.
Winter drehte sich mit einem Gefühl des Staunens in seinem Körper zu ihr um.
»Hast du nicht gesagt, dass sein B&B in der Ross Avenue war?«
»Ja.«
Er drehte sich wieder zur Karte um.
»Da bin ich schon mal gewesen«, sagte er. »Ich habe in einem B&B in der Ross Avenue gewohnt. Eine Nacht.«
»Wie merkwürdig«, hörte er sie sagen.
Winter wollte nicht sagen, dass es damals gewesen war, nach jenem Sommer. Er drehte sich wieder zu ihr um. Ihm war ein neuer Gedanke gekommen.
»Ich kenne jemanden, der aus der Gegend von Inverness stammt«, sagte er. »Ein Kollege.«
Vater Lindsten goss ihr Kaffee ein und reichte ihr die Tasse. Sein Sohn hatte am Fenster gestanden und hinausgesehen, war dann weggegangen und hatte weiter Sachen rausgeschleppt.
Aneta Djanali saß auf einem Stuhl in der nackten Küche. Der Tisch lehnte zusammengeklappt an der Wand.
»Warum sind Sie denn gekommen?«, fragte Lindsten.
»Ich war kürzlich hier, und da sah es . nicht gut aus«, antwortete sie.
»Was?«
Aneta Djanali nippte am Kaffee, der heiß und stark war. »Die Situation.«
»Haben die Nachbarn angerufen?«
»Ja«, antwortete sie. »Und es war nicht das erste Mal.«
»Aber es war das letzte Mal«, sagte er.
»Jedenfalls von hier«, sagte sie und sah sich in der Küche um. »Von diesem Haus.«
»Nein«, sagte Lindsten, und sie sah die Entschlossenheit in seinem Gesicht. »Es wird kein nächstes Mal geben.« Mit derselben Entschlossenheit nahm er einen Schluck Kaffee. Sie sah, dass ihm der heiße Kaffee in der Kehle brannte.
»Wo ist Anette im Augenblick?«, fragte sie.
Zunächst antwortete er nicht.
»In Sicherheit«, sagte er nach einer Weile.
»Wohnt sie bei Ihnen zu Hause?«
»Vorübergehend.« Er wich ihrem Blick aus.
»Wissen Sie, wo ihr Mann ist?«
»Nein.«
»Die Sache, von der wir reden, ist nicht zu unterschätzen«, sagte Aneta Djanali. »Auch . generell nicht. Es gibt viele Frauen, die Angst vor ihren Männern haben. Oder ihren geschiedenen Männern. Sie versuchen sich zu verstecken, sind gezwungen, sich zu verstecken.«
»Nun, die Sache ist jetzt vorbei«, sagte Lindsten.
»Wer hat diese Wohnung gemietet?«, fragte Aneta Djanali.
»Sie war immer auf Anettes Namen gemietet«, sagte er.
»Der Vertrag läuft noch zwei Monate, aber das verschenken wir. Die Wohnung kann leer stehen.«
»Haben Sie mit dem Mann geredet? Ihrem Mann?«
»Mit dem verdammten Vieh? Er hat gestern angerufen und ich hab ihm gesagt, er soll zur Hölle gehen.«
»Wird er das tun?«
»Falls er bei uns auftaucht, fürchte ich, dass ich Peter nicht daran hindern kann, ihm an die Gurgel zu gehen, und dann würden wir ernsthaft mit der Polizei zu tun kriegen, nicht wahr?«
»Ja, das ist keine gute Idee.«
»Das ist seine eigene Methode«, sagte Lindsten. »Seine eigene wirksame Methode.«
Sie hörten im Flur eine Kiste herunterfAllen, einen Fluch von Peter Lindsten. Der Vater drehte den Kopf zum Flur.
»Der Unterschied wäre nur, dass der Satan es mit einem vom selben Format zu tun kriegen würde.«
Forsblad, Hans Forsblad. Das war der Name des Mannes. Aneta Djanali hatte ihn in den Papieren in der Leitzentrale gesehen und später bei den Kollegen in Kortedala.
Forsblads Name ist auch urschwedisch, dachte sie, der Natur entnommen, und genau wie im Namen der Ehefrau war schwere Kraft
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