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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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jedoch unter Kontrolle. Viele andere schafften das nicht.
    »Einmal, als wir in Scheidung lebten«, sagte er zögernd.
    »Oder vorher. Einmal, ein paar Mal. Ich konnte . so wütend werden, dass ich Lust hatte . Lust hatte zu.« Er sah Aneta gerade in die Augen. »Irgendwas zu zerschlagen, aber nie, niemals bestand die Gefahr, dass ich sie schlagen würde. Nie.«
    »Was hast du denn geschlagen? Oder . wen?«
    »Zum Teufel, Aneta, du kennst mich. Keinen Menschen . tja, mal einen Räuber . aber du verstehst, was ich meine. Niemanden . in meiner nächsten Umgebung. Zu Hause.«
    Er begann seinen Nacken zu massieren, plötzlich, eine nervöse Bewegung. »Ich konnte mit der Faust gegen eine Schranktür schlagen. Das ist passiert. Einmal hab ich gegen einen Küchenstuhl getreten, da ist das Bein abgebrochen.«
    »Himmel.«
    »Es war ein Stuhl.« »Trotzdem: Himmel.«
    Er hörte mit der Massage auf. Sie sah, dass seine Augen einen anderen Glanz bekommen hatten, als ob sie nach innen schauten. Es war, als ob sich der ganze Mann nach innen gekehrt hätte.
    »Dabei wusste ich ja, dass es meine Schuld war. Verstehst du? Dass ich selbst der Grund für meine Wut war oder wie man das nennen soll. Dass ich schuld daran war, wo wir gelandet waren . in welcher Situation. Dass ICH meine Familie zerstörte, jedenfalls auf dem besten Weg war, es zu tun. Und da war ich so verzweifelt, dass ich zutrat.« Er schien aus seinem Innersten zurückzukehren und sah sie an.
    »Ist das nicht ein Paradoxon? Man schlägt sich frei von seiner eigenen Verantwortung.«
    Sie antwortete nicht.
    »Aber die wenigen Male, wo das passiert ist . als ich auf Gegenstände eingeschlagen habe . das waren eben tote Gegenstände.«
    Tote Gegenstände, dachte sie. Das ist auch ein Ausdruck.
    Sie hatte tote Gegenstände gesehen. Halders hatte tote Gegenstände gesehen. Es war ein Teil ihrer Arbeit. Ein Teil der Routine ihrer Arbeit. Routine: Was ist ein Körper, in dem kein Leben mehr ist?
    Jetzt ganz ruhig, Aneta. Dies ist ein Abend außerhalb aller Routine. Auf deinem Sofa liegt ein Mann, und du sitzt auf dem Fußboden und hast die Freude des Sommers in Form eines Bildes in der Hand, und bald sitzt ihr am Küchentisch und esst und trinkt etwas Gutes. In diesem Zimmer ist Licht. Du musst nicht ausgerechnet jetzt die Schatten hereinholen. Das Kontöme erhellt das Zimmer, beleuchtet den Pfad.
    »Es ist ein Versuch, sich von der Verantwortung zu befreien«, sagte sie. »Man entkommt ihr ja nicht.«
    »Viele versuchen es trotzdem«, sagte Halders.
    Sie stand auf. Die Fotos blieben auf dem Fußboden liegen wie ein Fächer. Er drückte den Inhalt und die Stimmung der Bilder aus.
    »Und werden es wieder versuchen«, sagte sie.
    Winter drehte sich auf der Schwelle um und betrachtete die schlafende Elsa. Im Arm hielt sie ihr Kuscheltier Pelle, einen schwarzweißen Panda, dessen Kopf größer war als Elsas. Pelle betrachtete Winter in der Tür. Pelles Blick wich nie aus. In seinem Gesicht war Glauben an die Zukunft.
    »Sie kann alle Bücher auswendig«, sagte er. Angela saß mit einer Illustrierten auf dem Schoß auf dem Sofa. »Sie liest sie mir vor. Wie eine Schauspielerin.« Er stand mitten im Zimmer. »Bis sie einschläft.« Er reckte sich, er war steif geworden auf Elsas Bettrand. »Ich glaub, Pelle kann sie auch alle auswendig, aber er sagt nichts.« Er ließ die Arme sinken.
    »Aber Elsa erzählt enthusiastisch, bis sie mitten in einem Satz einpennt.« »Oder du.«
    »Heute Abend nicht«, sagte er. Sie schaute auf.
    »Kannst du nicht irgendwas machen?«, fragte sie.
    »Was irgendwas?« »Was Leckeres.« Er ging in die Küche.
    Es gab fertigen Reisblätterteig, Eier, Dill und Butter, und von Sonntag war noch etwas geräucherter Lachs übrig.
    Weißer Pfeffer.
    Er trank ein Glas Weißwein, während die Blätterteigrollen im Backofen garten. Es duftete gut. Wynton Marsalis' Saxophon tönte aus dem kleinen Panasonic in der Küche, er hörte aber eigentlich nicht richtig hin. Er sah, wie sich die mehrblättrige Teighülle dort drinnen über dem Inhalt blähte.
    Er trug das Tablett ins Wohnzimmer. Angela saß mit angezogenen Beinen da und sah in den Himmel, der klar und dunkel über dem Vasaplatsen stand.
    »Mmm«, machte sie.
    Er goss ihr Wein ein.
    »Es ist aber doch Dienstag.« Sie hob das Glas. »Die ganze Woche Dienstag.« Er prostete ihr zu. Sie schnitt ihre Rolle auf und sog den Duft ein. »Ahhh!«
    »Man tut, was man kann«, sagte er. »Man versucht seine begrenzten

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