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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Martin arbeitete als Koch in einem guten Restaurant in Manhattan. In der Third Avenue. Er hatte eine komplizierte Beziehung zum Vater. Oder war es umgekehrt? Winter wusste es nicht, aber er hatte ein eigenes Bild von dem, was passiert war. Er hatte nicht nach Einzelheiten gefragt. Und Bertil hatte wieder Kontakt zu seinem Sohn. Sie hatten miteinander gesprochen, ehe es zu spät war. Für Winter war es zu spät gewesen, oder fast zu spät. Er hatte wenige Tage vor dem Tod seines Vaters mit ihm gesprochen. Bengt Winter war im Hospital Costa del Sol außerhalb von Marbella gestorben, und Winter war dort gewesen. Es war das erste Wiedersehen seit fünf oder sechs Jahren mit seinem Vater, und zum ersten Mal hatten sie miteinander gesprochen. Es war eine Tragödie. Grund, sich Nacht für Nacht in den Schlaf zu weinen.
    »Hast du vor, mal rüberzufahren und ihn zu besuchen?«, fragte Winter.
    »Hab dran gedacht.«
    »Dann fahr doch!«
    Ringmar bewegte den Kopf zur Klaviermusik, die durchs Zimmer strömte. Er rieb sich den Nasenrücken.
    »Sie hatten eine Art Cateringauftrag für eine Firma im World Trade Center«, sagte er.
    Winter schwieg, wartete.
    »Martin war verantwortlich für das Büfett.«
    »Wann hat er dir das erzählt?«, fragte Winter.
    »Was meinst du denn? Natürlich nach dem elften. Vorher gab es keinen Grund.«
    Winter nickte.
    »Aber an dem Tag war er nicht dort.« Ringmar verließ das Fenster und setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches. Winter zog an seinem Zigarillo. Die Lautstärke schien zugenommen zu haben, aber die Musik hatte nur das Tempo geändert, war noch nervöser geworden. Verzweifelt. Tales from New York.
    »Himmel, er hätte an dem Tag dort sein sollen, aber dieses Unternehmensberatungsbüro, oder was das nun war, hatte den Empfang auf den nächsten Tag verschoben.«
    Ringmar krächzte etwas, das wie ein halbes Lachen klang.
    »Aus dem Empfang am nächsten Tag ist nichts geworden.«
    »Wie . hat Martin reagiert?«
    »Er dankt Gott, glaube ich.«
    »Mhm.«
    »Er hat angefangen, in die benachbarte Kirche zu gehen«, sagte Ringmar, und Winter schien es, als ob sich sein Gesicht erhellte. »Er sagt, er sitzt da, ohne zu beten. Aber dort empfindet er Frieden. Und Dankbarkeit, sagt er.«
    »Fahr rüber«, sagte Winter.
    »Ich war schon fast auf dem Weg«, sagte Ringmar. »Aber jetzt kommt er nach Hause.«
    »Ach?«
    »Nur ein kurzer Besuch. In ein paar Wochen. Wenn das Flugzeug startet.«
    »Die starten wie nie zuvor«, sagte Winter.
    »Der Unterschied ist nur, dass es keine Passagiere mehr gibt«, sagte Ringmar.
    »Einer reicht doch wohl, oder?«
    Winter verließ früh das Büro und machte einen Umweg zur Markthalle. Er kaufte vierhundert Gramm Bauernkäse aus der Bretagne und zwei estnische Fladenbrote, das war alles.
    Aus einer Bar auf der Södra Larmgatan leuchtete es einladend. Sie war neu, und er konnte keinen Namen entdecken. Er ging hinein und bestellte sich ein Bier vom Fass und setzte sich an einen Fenstertisch. An der Theke saß ein einsamer Mann. Der Barkeeper bereitete Gläser, Oliven, Teller, Flaschen und all die anderen netten Sachen vor, mit denen sich Barkeeper in der blauen Stunde beschäftigen, bevor die Gäste kommen. Winter zündete sich einen Corps an. Dies war die beste Zeit in einer Bar, so gut wie leer, voller Erwartung des Abends, die gedämpften Geräusche, die nicht zu identifizieren waren. Er sah sich um. Das einundzwanzigste Jahrhundert hatte einen neuen Trend im Bardesign mit sich gebracht. Es war nicht mehr mini-mini-minimalistisch, so ein Design, das einem das Gefühl gab, in einem verlassenen Hangar zu sitzen.
    Hier gab es Leder und Holz und warmes Licht. Keine nackten Glühlampen an der Decke.
    Hier könnte er sein neues Büro eröffnen. Hier, am Fenster. Während des Verhörs konnte man die brennende Kerze ein wenig näher an das Gesicht der verhörten Person halten und den Augenausdruck beobachten. Die Videokamera könnte auf dem Fensterbrett stehen.
    Die Kollegen vom Gefangenentransport müssten solange an der Bar warten.
    Er nahm sein Handy aus der Innentasche seines Sakkos und rief zu Hause an.
    »Ich bin noch unterwegs«, sagte er.
    Dem Barkeeper fiel ein Glas aus der Hand. Der Boden war aus Stein. Der Mann an der Theke rief »Cheers!«, und hob sein Glas.
    »Da ist ja mächtig was los in der Straßenbahn«, sagte Angela.
    »Ha, ha.«
    Winter sah sich um.
    »Was hältst du von einem kleinen Drink vorm Essen?«, fragte er.
    »Das

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