Segel aus Stein
Hier gab es keine blonden Kinder. Das war ihm aufgefAllen. Keine blauen Augen, keine blonden Haare. Nicht wie auf der anderen Seite. Warum war das so? Es war doch derselbe Himmel, dasselbe Meer.
Die andere Seite war nur eine Nacht und einen Tag entfernt, bei schiffbarem Wetter. Vielleicht ging es jetzt noch schneller. Keine Minenfelder.
Manchmal konnte er eine Fähre sehen, wenn der Sturm die Schiffe näher an die Küste zwang. Sie waren zu weit im Norden, manchmal zu weit im Süden. Er wusste nicht, wohin sie fuhren, und es war ihm auch egal.
Er war fertig mit dem Meer.
Er lebte am Meer, aber niemals mehr darauf oder vom Meer, nie mehr.
Er war an Bord gewesen, als der Trawler unterging. Was passiert war, trug er mit sich herum. Was er selbst getan hatte. Seine Schuld. Was niemals verziehen werden konnte. Er war DORT gewesen. Er wusste mehr als jeder andere.
Niemand war übrig geblieben. Jesus konnte ihm nicht verzeihen.
Aber seltsam!
Oft, uns in eignes Elend zu verlocken, Erzählen Wahrheit uns des Dunkels Schergen, Verlocken erst durch schuldlos Sielwerk, um Vernichtend uns im Letzten zu betrügen.
Er spürte das Meer auf der Haut, als er über den Wellenbrecher ging. Er hatte Salz im Gesicht, das wie eingebrannt war. Was das Gesicht jetzt traf, blieb nicht haften, das lag nicht daran, dass er es später abwusch. Der Wind nahm es mit sich.
Er hatte Wunden am ganzen Körper.
Das Ekzem von der Ölkleidung war ausgetrocknet und hatte Narben an seinem ganzen Körper hinterlassen, wie ein Muster.
Wie eine Karte von seinem Leben auf dem Meer. Ja.
Er strich manchmal über seine Schultern und Beine, in der Dunkelheit, als ob er blind wäre und sein Leben mit dem Finger auf seinem Körper verfolgte. Seine Erinnerungen waren Narben. Die Narben waren weich und glatt unter seinen Fingern, und er dachte, dass all diese Narben die einzigen weichen Partien an seinem Körper waren, doch es gab viele, und sein Körper war eher weich als hart, aber aus falschen Gründen. Er hatte den Körper eines jungen Mannes, aber aus dem falschen Grund. Jesus, JESUS!
Er blieb stehen und wartete, dass die Sonne unterging, und sie ging unter, als das Kind wieder vorbeifuhr, ein Junge. Er wohnte in dem Haus bei den Treppen, auf der Leine hing immer Wäsche, und er sah manchmal eine junge Frau herauskommen und Wäsche aufhängen oder abnehmen.
Auch ihre Haare waren schwarz wie die des Jungen, und an der durchsichtigen Blässe ihres Gesichts war das Meer schuld.
Das Meer zeichnete diese Menschen, formte ihre Gestalten. Weiter oben, ganz weit oben im Norden, in Thurso, Wick ... dort waren die Leute gebeugt wie Zwergbirken im Gebirge, schwarz, blass, windzerfurcht, durchgeblasen.
Er drehte sich zum Zimmer um, als die Sonne versank und zu anderen Kontinenten weiterwanderte. Das Zimmer war genauso dunkel, wie er es haben wollte. Er ging zu dem einzigen Sessel, setzte sich und trank wieder von dem Whisky, der im Glas wartete. Es war einer von der billigeren Sorte.
Er behielt den Alkohol im Mund und sah sich um. Er schluckte.
Nein. Ich verlasse das hier nicht.
Es war das letzte Mal.
Ich bleibe hier.
Erlebte Greuel Sind schwächer als das Graun der Einbildung.
Mein Traum, der Mord nur noch ein Hirngespinst.
Er strich über seinen rechten Arm, der Finger glitt über die glatte Haut, die jetzt schon so viele Jahre lang tot war. Im größten Teil seiner Haut war kein Leben mehr, nur die Oberfläche, die sanft war und gleichzeitig ganz hart, hart wie Stein, wenn er ein wenig fester drückte.
Er streckte sich nach seiner Waffe.
Er reinigte sie.
SIE hatte gesagt, seine Gewalttätigkeit habe sich nicht verändert. War nicht geringer geworden.
Im »Three Kings« bogen sich die Fenster im Wind, der jetzt von Nordwesten stürmte. Er spürte den Zug an der Theke, wo er saß. Vielleicht sagte er etwas zu der Frau, die wie versteinert dastand, aber sie antwortete nicht, hörte nichts.
Manchmal hörte sie zu. Wenn er ihr etwas sagen wollte, wartete er diesen Moment ab. Er wusste, dass er sie brauchen würde.
Die Tür wurde geöffnet. Die Frau bewegte sich. Er hörte eine Stimme. Jemand setzte sich neben ihn.
»Whisky, please.«
»Blended or malt?«
»Just give me whatever...«
Er hörte, wie sich der Fremde unterbrach.
». whatever you fancy.«
»Well, Idon 't fancy whisky.«
»Give me a ... Highland Park«, sagte der Fremde und nickte zu dem Flaschenregal.
Die Frau drehte sich um, nahm eine dickbäuchige Flasche herunter, goss
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