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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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nicht, weil ich verdammt noch mal einfach zu stolz bin!«
    »Gut. Eine von Stolz geprägte Vorstellung von dir selbst ist das stärkste Motiv zu korrektem Verhalten, das man überhaupt haben kann. Zu stolz zum Klauen, zu stolz zum Schummeln, zu stolz, um kleinen Kindern ihre Süßigkeiten wegzunehmen oder kleine Entchen ins Wasser zu schubsen. Maureen, ein moralischer Kodex für einen Stamm muß zum Ziel haben, das Überleben des Stammes zu gewährleisten. Die Einzelperson jedoch hält sich auch in heikler Lage am ehesten aus Stolz an korrektes Verhalten, nicht aus Gründen des eigenen Überlebens. Deshalb geht ein Kapitän mit seinem Schiff unter; darum heißt es ›Der Krieger ist bereit zu sterben, aber nicht bereit zur Kapitulation.‹ Wer nichts hat, wofür er sterben würde, hat auch nichts, wofür er leben könnte. Nächstes Gebot.«
    »Simon Legree. Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten. Bis du mich verdorben hast…«
    »Wer hat wen verdorben? Ich bin der Gipfel an moralischer Rechtschaffenheit, weil ich die Gründe für mein Verhalten genau kenne. Als ich mit dir anfing, hattest du nicht die Spur von Moral, und dein Verhalten zeugte von der schamlosen Naivität eines Kätzchens, das sogar noch angesichts eines offensichtlichen Fehltritts die Unschuldige mimt.«
    »Ja, Sir. Ich wollte sagen: Bis du mich verdorben hast, hielt ich es für den Sinn des Neunten Gebots, daß man nicht lügen soll. Dabei besagt es nur: Wenn du als Zeuge vor Gericht aussagen mußt, dann mußt du die Wahrheit sprechen.«
    »Es heißt viel mehr.«
    »Ja. Du hast mal darauf hingewiesen, daß es der Sonderfall eines allgemeinen Theorems ist. Ich finde, die generelle Aussage sollte so formuliert werden: Erzähle keine Lügen, die anderen schaden könnten…«
    »Du bist dicht dran.«
    »Vater, du hast mich nicht ausreden lassen!«
    »Oh, Maureen, das tut mir leid! Rede weiter!«
    »Ich wollte noch hinzufügen:… aber da du nicht vorhersehen kannst, welchen Schaden deine Lügen womöglich anrichten, lautet die einzig sichere Regel, überhaupt nicht zu lügen.«
    Vater schwieg eine ganze Zeit lang und sagte dann: »Maureen, diese Frage können wir nicht an einem einzigen Nachmittag erörtern. Ein Lügner ist schlimmer als ein Dieb, und doch würde ich mich lieber mit einem Lügner arrangieren als mit jemandem, der selbstgerechten Stolz darin findet, immer und überall die ganze Wahrheit zu sagen, koste es, was es wolle – was auch heißt, ›egal, wer dadurch verletzt wird, egal, welches unschuldige Leben ruiniert wird‹. Maureen, wer sich etwas darauf einbildet, die unverblümte Wahrheit zu sprechen, ist ein Sadist, kein Heiliger. Es gibt viele Sorten von Lügen, Unwahrheiten, Flunkereien, nicht zutreffenden Feststellungen usw. Um die Muskeln des Verstandes zu trainieren…«
    »Der Verstand hat keine Muskeln.«
    »Schlaukopf. Versuche nicht, dem Wolf zu zeigen, wie man Schafe stiehlt! Dein Verstand ist es, der keine Muskeln hat, und genau diesen Mangel versuche ich zu beheben. Versuche einmal, die unterschiedlichen Arten unzutreffender Aussagen logisch zu ordnen. Sobald du damit fertig bist, überlege dir, welche Art man bei welcher Gelegenheit moralisch einwandfrei benutzen darf, falls überhaupt – und falls nicht, warum das so ist. Das sollte dich für die nächsten vierzehn, fünfzehn Monate daran hindern, Unfug auszuhecken.«
    »O Vater, du bist so gut zu mir!«
    »Spare dir deinen Sarkasmus, oder ich versohle dir den Hintern. Erstatte mir in einem Monat oder in sechs Wochen einen ersten, vorläufigen Bericht.«
    »Dein Wille geschehe, Papa. Ich kenne allerdings schon einen Sonderfall: ›Flunkere Mutter nichts vor, damit dein Mund nicht mit Seifenlauge ausgespült wird.‹«
    »Berichtigung: ›Flunkere deiner Mutter nichts vor, was sie durchschauen kann.‹ Würdest du ihr je die unverblümte Wahrheit über unsere Gespräche sagen, müßte ich von zu Hause weggehen. Falls du Audrey jemals dabei ertappst, wie sie mit diesem komischen Bengel poussiert, der sie öfters besucht, was wirst du Mutter dann erzählen?«
    Damit brachte er mich völlig aus der Fassung. Ich hatte Audrey tatsächlich schon beim Poussieren erwischt, und ich hegte auch den unbehaglichen Verdacht, daß die beiden mehr getan hatten, als nur zu poussieren. Das machte mir Sorgen. »Ich sage Mutter gar nichts!«
    »Eine gute Antwort! Aber was erzählst du mir? Du weißt, daß ich nicht Mutters moralistische und puritanische Einstellung

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