Segeln im Sonnenwind
zum Sex habe, und du weißt hoffentlich auch, daß ich nichts von dem, was du mir erzählst, dazu benutzen würde, um Audrey zu bestrafen – vielmehr würde ich ihr nur helfen. Also, was erzählst du deinem Vater?«
Es schien, als ob Wände sich um mich schließen würden, und ich saß gefangen zwischen der Loyalität zu Vater und der Liebe zu meiner ältesten Schwester, die mir immer geholfen hatte und immer gut zu mir gewesen war. »Ich… ich werde… ich würde dir einen Scheiß sagen!«
»Hurra! Du hast die Hürde genommen, ohne die oberste Stange auch nur zu kitzeln! Du hast völlig recht, Liebes; man plaudert nicht aus der Schule, man leistet nicht stellvertretend Geständnisse für andere. Aber du hast ›Scheiß‹ gesagt. Im Falle eines Falles solltest du lieber ›verdammt‹ benutzen.«
»Ja, Sir. Ich würde dir verdammt noch mal nie was über Audrey und ihren jungen Mann erzählen.« (Und lieber Gott – falls es Dich gibt –, laß meine Schwester nicht schwanger werden! Mutter würde einen Anfall kriegen und für sie beten, und alles wäre ganz furchtbar. Dein Wille geschehe, aber nicht zuviel davon. Maureen Johnson, Amen.)
»Beschäftigen wir uns kurz mit Nummer Zehn, und machen wir dann mit denen weiter, die Moses versäumt hat, vom Berg zu holen. Zehn dürfte für dich kein Problem sein. In letzter Zeit irgendwas begehrt?«
»Ich denke nicht. Wieso gibt es die Vorschrift, daß man nicht seines nächsten Weib begehren darf, ohne daß irgendwas über des Nächsten Ehemann gesagt wird? Hat Jehovah da etwas übersehen? Oder gab es damals wirklich keine Schonzeit für Ehemänner?«
»Ich habe keine Ahnung, Maureen. Ich vermute, daß hier einfach ein paar alte Hebräer geschummelt haben, die sich nicht vorstellen konnten, daß ihre Frauen über den Zaun springen würden, wo sie doch so kräftige Helden zu Hause hatten. Das Alte Testament hält Frauen nicht in hohem Ansehen; gleich zu Anfang gibt Adam Mutter Eva die ganze Schuld, und von da an wird es noch schlimmer. Hier in Lyle County, Missouri, haben wir allerdings ein Gesetz, das auch die Ehemänner erwähnt. Und sollte dich hierzulande ein Weib dabei ertappen, wie du ihrem Gatten schmachtende Blicke zuwirfst, kratzt sie dir wahrscheinlich die hübschen grünen Augen aus.«
»Ich werde nicht zulassen, daß sie mich erwischt. Aber gehen wir mal davon aus, daß es andersherum läuft, daß er mich begehrt oder es wenigstens den Anschein hat, als tue er das. Mal angenommen, er zwickt mich in den Hintern?«
»Na ja! So so! Wer war das, Maureen? Wer ist er ?«
»Rein hypothetischer Fall, mon cher père. «
»Sehr schön. Wenn er das, rein hypothetisch gesehen, noch einmal tut, darfst du, hypothetisch gesehen, auf mehrere verschiedene hypothetische Arten und Weisen reagieren. Du kannst ihn hypothetischerweise ignorieren, du kannst so tun, als fehle es dir hypothetischerweise an Tastgefühl im Gluteus maximus sinister – oder ist er Linkshänder?«
»Ich weiß es nicht.«
»Oder du kannst, hypothetisch gesehen, flüstern: ›Nicht hier! Komm nach dem Gottesdienst zu mir.‹«
»Vater!«
»Du hast es selbst zur Sprache gebracht. Wenn es dir besser gefällt, kannst du ihn hypothetischerweise warnend darauf hinweisen, daß ein weiteres hypothetisches Zwicken deinem hypothetischen Vater gemeldet wird, der eine hypothetische Pferdepeitsche und eine hypothetische Schrotflinte besitzt. Du kannst es ihm insgeheim zustecken oder auch laut genug schreien, damit die ganze Gemeinde und seine hypothetische Frau es hören. Damenwahl. Warte einen Moment! Du hast doch von einem verheirateten Mann gesprochen, nicht wahr?«
»Ich habe gar nichts gesagt, aber es war in der Hypothese enthalten, denke ich.«
»Maureen, ein Zwicken in den Hintern drückt eindeutige Absichten aus. Wird es ermutigt, führt es in drei kurzen Schritten zur Kopulation. Du bist jung, aber körperlich bereits eine reife Frau, die auch schwanger werden kann. Hast du vor, in unmittelbarer Zukunft deine Rolle als Frau schon voll auszuspielen?«
KAPITEL DREI
DIE SCHLANGE IM GARTEN
Vaters Frage, ob ich daran dächte, meine Jungfräulichkeit loszuwerden, beunruhigte mich, weil ich seit Wochen an nichts anderes mehr gedacht hatte. Vielleicht seit Monaten. Also antwortete ich: »Natürlich nicht! Vater, wie kommst du nur darauf?«
»Sitzung vertagt.«
»Sir?«
»Ich dachte, wir hätten dich längst von solch billiger Flunkerei geheilt. Ich sehe, daß das nicht der Fall ist, also vergeude
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