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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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bitte nicht meine Zeit. Komm zurück, sobald du Bedarf an einem ernsthaften Gespräch hast.« Er schwenkte den Stuhl zum Schreibtisch herum und rollte die Abdek-kung hoch.
    »Vater…«
    »Hm? Bist du immer noch da?«
    »Bitte, Sir! Ich denke schon die ganze Zeit daran.«
    »Woran?«
    »Daran. Meine Jungfräulichkeit loszuwerden. Mein Jungfernhäutchen zu verlieren.«
    Er funkelte mich an. »Der medizinische Begriff lautet ›Hymen‹, wie du weißt. ›Jungfernhäutchen‹ gehört zur Liste der umgangssprachlichen Synonyme, obwohl es nicht so sehr mit dem Fluch belegt ist wie die kürzeren Wörter. Du solltest allerdings nicht davon sprechen, irgendwas zu verlieren, wo du doch in Wirklichkeit nur dein Geburtsrecht erlangst, jenen überlegenen Status einer gesunden Frau, den dir dein biologisches Erbe ermöglicht.«
    Ich dachte darüber nach. »Vater, was du sagst, klingt so begehrenswert, daß ich am liebsten gleich losrennen und mir jemanden suchen möchte, der mir dabei hilft, das Hymen zu brechen. Sofort. Auf der Stelle. Wenn du mich also entschuldigst?« Ich traf Anstalten, aufzustehen.
    »Hoppla! Nur die Ruhe bewahren! Wenn du das wirklich vorhast, kann es nicht schaden, noch zehn Minuten zu warten. Maureen, wenn es sich bei dir um eine junge Kuh handeln würde, könnte man sagen, daß du bereit wärst, gedeckt zu werden. Aber das ist nicht der Fall. Du bist eine menschliche Jungfrau in einer Welt voller Männer und Frauen, die durch eine komplexe und oft grausame Kultur miteinander verbunden sind. Ich denke, es ist vielleicht besser für dich, wenn du noch ein oder zwei Jahre wartest. Du könntest sogar als Jungfrau in deine Hochzeitsnacht gehen – obwohl ich als Arzt weiß, daß das heutzutage nicht mehr häufig geschieht. Aber – wie lautet doch noch gleich das Elfte Gebot?«
    »Laß dich nicht erwischen.«
    »Wo verstecke ich die französischen Taschen?«
    »Untere rechte Schublade, und der Schlüssel liegt im obersten linken Fach, ganz hinten.«
    Ich tat es weder am selben Tag noch in derselben Woche. Und auch nicht im selben Monat. Aber es geschah nicht allzu viele Monate später.
    Es passierte morgens um zehn an einem milden Tag in der ersten Juniwoche 1897, nur vier Wochen vor meinem fünfzehnten Geburtstag. Der Platz, den ich dafür aussuchte, war der Boden des Kampfrichterstandes an der Rennbahn des County-Festgeländes, und wir benutzten eine zusammengefaltete Pferdedecke, um die harten Planken zu polstern. Ich kannte den Ort gut, weil ich schon an manch einem frostigen Morgen auf dem Stand gesessen hatte, um Vaters Übungsmeilen zu stoppen, den Blick fest auf das Zielband gerichtet und Vaters dicke Stoppuhr in der Hand. Damals, als ich mit sechs Jahren zum erstenmal die Zeit genommen hatte, hatte ich noch beide Hände benötigt, um mit der großen Uhr klarzukommen. Das war in dem Jahr gewesen, als Vater Loafer einen schwarzen Hengst erworben hatte, der vom Vater von Maud S. gezeugt worden war, aber (leider!) nicht so schnell war wie seine berühmte Halbschwester.
    Im Juni 1897 suchte ich diesen Ort gut vorbereitet auf, zu allem entschlossen und mit einem Kondom (einer »französischen Tasche«) in meiner Handtasche sowie mit einer Damenbinde bewaffnet, da ich wußte, daß ich vielleicht bluten würde (die Binde war selbstgemacht, aber das traf damals auf alle zu). Obendrein hatte ich so, falls irgendwas schiefgehen sollte, für Mutter einen Beweis zur Hand, daß ich diesen Monat lediglich drei Tage zu früh dran war.
    Mein Partner bei diesem ›Verbrechen‹ war ein Klassenkamerad von der High School, ein Junge namens Chuck Perkins, ein Jahr älter und fast einen Fuß größer als ich. Wir schwärmten gar nicht füreinander, taten aber so (vielleicht tat er ja nicht nur so, aber wie will ein Mädchen das wissen?). Schon das ganze Schuljahr über hatten wir versucht, einander zu verführen. Chuck war der erste Mann (Junge), für den ich die Lippen zu einem Kuß öffnete, und daraufhin formulierte ich ein weiteres ›Gebot‹: ›Öffne die Lippen nur, wenn du auch planst, die Schenkel zu öffnen‹ – denn ich fand heraus, daß es mir gefiel.
    Und wie es mir gefiel! Chucks Lippen schmeckten süß. Er rauchte nicht und putzte sich die Zähne, die so gesund waren wie meine eigenen, und seine Zunge spielte süß und zärtlich mit meiner. Im späteren Leben begegnete ich leider zu vielen Männern, bei denen weder Lippen noch Atem süß waren, und ich öffnete für sie weder den Mund noch sonst

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