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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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war jetzt richtig wütend.
    »Na na«, sagte ich. »So spricht eine Dame nicht!«
    Als ich nach Hause kam, blinkte der Bildschirm und tönte das Telefonsignal. Ich stellte die Handtasche ab und meldete mich. Es war Donald. »Mama, was ist eigentlich los?«
    »Kann jemand mithören?« Hinter ihm sah ich nur eine kahle Wand.
    »Ich bin in einer der abhörsicheren Nischen bei der Telefongesellschaft.«
    »In Ordnung.« Ich wußte nicht, wie man einem Jungen schonend beibrachte, daß seine Schwester ein Full House hatte. Also drückte ich es brutal aus: »Priscilla ist krank. Sie hat Gonorrhoe und Syphilis.«
    Ich fürchtete einen Moment, er würde ohnmächtig werden, aber er riß sich zusammen. »Mama, das ist ja schrecklich! Bist du sicher?«
    »Natürlich bin ich mir sicher. Ich war dabei, als sie untersucht wurde, und habe die Untersuchungsergebnisse gesehen. Aus diesem Grunde wurdest du ja ebenfalls untersucht. Ich war enorm erleichtert, als ich erfuhr, daß du sie nicht infiziert hast.«
    »Ich komme sofort zurück. Äh, es sind etwa zweihundertvierzig Meilen. Für die Hinfahrt habe ich ..«
    »Donald.«
    »Ja, Mama?«
    »Bleib, wo du bist. Wir haben dich nach Grinnell geschickt, damit du von deiner Schwester wegkommst.«
    »Aber Mama, das sind doch besondere Umstände! Sie braucht mich!«
    »Sie braucht dich eben nicht! Geht das eigentlich nicht in deinen Dickkopf? Sie braucht kein Mitleid, sondern Antibiotika, und genau die bekommt sie auch. Laß sie in Ruhe und gib ihr eine Chance, sich wieder zu erholen – und doch noch erwachsen zu werden. Und letzteres solltest du auch tun!«
    Nachdem ich mich noch nach dem Fortgang seines Studiums erkundigt hatte, schaltete ich die Verbindung ab. Dann tat ich etwas, was ich sonst aus Prinzip unterlasse, aber manchmal aufgrund zwingender Umstände doch tun muß: Ich durchsuchte ein Kinderzimmer.
    Meiner Meinung nach haben Kinder ein Recht auf ihre Privatsphäre, aber dieses Recht ist nicht von absoluter Gültigkeit; schließlich obliegt den Eltern letztlich die Verantwortung für alles, was unter ihrem Dach geschieht. Falls die Umstände es erfordern, muß ein Kind Eingriffe in seine Privatsphäre hinnehmen.
    Mir ist klar, daß einige Theoretiker der persönlichen Freiheit (sowie alle Kinder) anderer Meinung sind. So sei es.
    Priscillas Zimmer war so unaufgeräumt wie ihr Verstand, aber dafür interessierte ich mich jetzt nicht. Ich arbeitete mich gründlich durch ihr Schlaf- und Badezimmer und versuchte, keinen einzigen Winkel auszulassen. Ich bemühte mich dabei jedoch, ihre Kleider und sonstigen Habseligkeiten weitgehend so zu belassen, wie ich sie vorgefunden hatte.
    Keine Spur von Alkohol. Ich entdeckte allerdings einen Vorrat von etwas, das ich für Marihuana hielt, war mir jedoch nicht ganz sicher. Meine Vermutung resultierte eher aus zwei anderen Funden: Unter dem Boden einer Schublade stieß ich auf zwei kleine Packungen Zigarettenpapier, ohne den dazugehörigen Tabak zu entdecken, ob nun lose oder in fertigen Zigaretten. Und zu welchem Zweck dient Zigarettenpapier noch, vom Zigarettendrehen mal abgesehen?
    Mein zweiter merkwürdiger Fund tauchte auf dem Grund einer Schublade in Priscillas Badezimmer auf – ein kleiner rechteckiger Spiegel sowie eine Klinge der Marke Gem. Nun verfügte meine Tochter aber sowohl über einen Kosmetikspiegel, den ich ihr gegeben hatte, als auch über den dreiteiligen Spiegel ihrer Frisierkommode; wozu also noch dieser dritte? Ich starrte die Fundstücke an, den Spiegel und die Rasierklinge, durchsuchte das Bad noch weiter und fand dort, wohin mich mein Gedächtnis führte, einen Gilletterasierer für Doppelklingen, jedoch keinen Gemrasierer. Ich ging Zimmer und Bad noch einmal durch und widmete mich danach vorsichtshalber auch Donalds Gemächern, obwohl ich wußte, daß diese völlig leer waren; schließlich hatte ich nach seiner Abreise aufgeräumt. Ich fand nirgendwo einen weiteren Vorrat an weißem Puder, das wie Puderzucker aussah – was jedoch nur bewies, daß ich eben einen solchen Vorrat nicht gefunden hatte.
    Ich verstaute alles wieder an Ort und Stelle.
    Etwa um ein Uhr früh läutete jemand am Vordereingang. Ich bediente die Sprechanlage vom Bett aus. »Wer ist da?«
    »Ich bin es, Mama. Donald.«
    (Verflucht und zugenäht!) »Na, komm rein.«
    »Ich kann nicht; die Tür ist verriegelt.«
    »Entschuldige, ich bin noch nicht ganz wach. Ich komme.« Ich schnappte mir einen Morgenmantel und Pantoffeln, ging nach unten und

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