Segeln im Sonnenwind
Januar empfing ich den ersten jungen Mann von meiner Liste.
Bis Ende März waren es alle sieben. In drei Fällen machte ich vom Privileg des Sofas Gebrauch. Es handelte sich allerdings um die Couch in Vaters Büro, und ich schloß die Tür ab.
Naß gewordene Feuerwerksknaller, allesamt!
Sicher, es waren ansehnliche junge Männer, diese drei, aber heiraten? Nein.
Ich hatte kein gutes Gefühl mehr bei der ganzen Sache.
Aber am Samstag, dem 2. April, erhielt Vater folgendes Schreiben aus Rolla, Missouri:
Lieber Herr Doktor,
gestatten Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin ein Sohn von Mr. und Mrs. John Adams Smith aus Cincinnati, Ohio, wo mein Vater als Werkzeugmacher arbeitet. Ich besuche im letzten Semester die Bergbauakademie der Universität von Missouri in Rolla, Missouri. Ihren Namen und Ihre Anschrift erhielt ich von Judge Orville Sperling aus Toledo, Ohio, Geschäftsführer der Howard-Stiftung. Judge Sperling unterrichtete mich davon, daß er Ihnen in meiner Angelegenheit geschrieben hat.
Wenn es Ihnen recht ist, werde ich Sie und Mrs. Johnson am Sonntag, dem 17. April, nachmittags aufsuchen. Ich bitte Sie darum, Ihrer Tochter Miss Maureen vorgestellt zu werden, um mich ihr als möglicher Bewerber um ihre Hand präsentieren zu können.
Bitte fühlen Sie sich frei, jede gewünschte Information über mich einzuholen, und ich werde jede Frage, die Sie mir stellen, vollständig und ehrlich beantworten.
Ich freue mich auf Ihre Antwort,
Ihr sehr ergebener
Brian Smith.
Vater sagte: »Siehst du, liebste Tochter? Dein Ritter naht.«
»Hat wahrscheinlich zwei Köpfe. Vater, das bringt einfach nichts! Ich werde noch als alte Jungfer sterben, mit siebenundneunzig.«
»Aber nicht als pedantische alte Jungfer, hoffe ich. Was soll ich Mr. Smith antworten?«
»Oh, schreib ihm, es wäre okay. Schreib ihm, ich würde vor Ungeduld sabbern.«
»Maureen!«
»Ja, Vater, ich weiß – ich bin zu jung, um zynisch zu sein. Quel dommage. Ich werde mich zusammenreißen, Mr. Brian Smith mein freundlichstes Lächeln schenken und überhaupt der ganzen Begegnung mit fröhlichem Optimismus entgegensehen. Inzwischen bin ich allerdings ein wenig voreingenommen. Der letzte Orang Utan…«
(Dieser Affe hatte versucht, mich direkt auf Mutters Sofa zu vergewaltigen, kaum daß Mutter und Vater nach oben gegangen waren. Er brach dann recht abrupt auf, leicht gebeugt und mit beiden Händen zwischen den Beinen. Meine Studien der Anatomie hatten sich ausgezahlt.)
»Ich werde ihm schreiben, daß er uns willkommen ist. Am Sonntag, dem siebzehnten. Das sind von morgen an zwei Wochen.«
Ich begrüßte Sonntag, den siebzehnten, mit wenig Be-geisterung, blieb aber trotzdem zu Hause, als die anderen zur Kirche gingen, bereitete zum Mittagessen ein Picknick vor und nutzte die Gelegenheit für ein zusätzliches Bad. Mr. Smith erwies sich als präsentabel und höflich, wenn auch nicht besonders inspirierend. Vater plagte ihn ein bißchen, und Mutter bot ihm Kaffee an. Etwa um zwei kamen wir schließlich weg – mit Daisy und einer Familienkutsche, während Brians livrierter Stallklepper in unserer Scheune zurückblieb.
Drei Stunden später war ich mir sicher, daß ich mich verliebt hatte.
Wir vereinbarten, daß er am ersten Mai wiederkommen würde. In der Zwischenzeit warteten seine Abschlußprüfungen auf ihn.
Eine Woche später, am Sonntag, dem 24. April 1898, erklärte Spanien den Vereinigten Staaten den Krieg.
KAPITEL FÜNF
AUSZUG AUS DEM PARADIES
Es ist kein schlechtes Gefängnis, von der Tatsache mal abgesehen, daß es überhaupt eines ist. Ich war schon in einem schlimmeren, in Texas, vor über siebzig Jahren auf meiner persönlichen Zeitlinie. Dort schlugen sich die Kakerlaken um die letzten Krümel auf dem Fußboden, dort gab es kein heißes Wasser, und dort waren die Schließer allesamt Verwandte des Sheriffs. So schlimm jener Knast auch gewesen sein mochte, die illegalen Einwanderer kamen trotzdem über den Rio geschlichen und schlugen ein oder zwei Fenster ein, nur um verknackt zu werden, damit sie für den Winter Speck ansetzen konnten. Das sagt wohl etwas über mexikanische Gefängnisse aus, dem ich allerdings nie auf den Grund gehen möchte.
Pixel kommt mich fast jeden Tag besuchen. Die Wachen finden einfach nicht heraus, wie er das schafft. Sie mögen ihn alle, und er hat einigen von ihnen seine bedingte Anerkennung ausgesprochen. Sie bringen ihm Leckerbissen mit, und er läßt sich dazu herab, einen Teil ihrer
Weitere Kostenlose Bücher