Segnet die Tiere
spekulierte Paris. »He, sehen Sie!« Eine vertraute Gestalt kämpfte sich durch die Brandung. »Marima!«
Paris erreichte sie als erster. Sie bebte am ganzen Leib; die Anstrengungen hatten sie ganz offensichtlich erschöpft. Von ihrer ätherischen Schönheit war aufgrund des Wassers kaum mehr etwas übrig. Sie sah aus wie ein zu groß geratenes, völlig durchnäßtes Küken, das sich nach einem warmen Platz und Geborgenheit sehnte. Das purpurne Haar bildete nun eine wirre, zerzauste Masse, die am Kopf klebte, und die Augen waren fast zugeschwollen. Sie taumelte, schnappte immer wieder nach Luft. Ihre Nasenschlitze zitterten.
»Können Sie mich hören, Marima?«
Ihre einzige Antwort bestand aus einem leisen Wimmern. Die Sardalianerin setzte einen Fuß vor den anderen, wankte erneut…
Paris sprang vor, als ihre Beine nachgaben. Er fing sie gerade noch rechtzeitig auf, bevor ihr Kopf gegen den Boden prallte.
Sie erwies sich als sehr leicht, fast wie ein Kind.
»Ruhen Sie sich aus«, sagte er. »Sie haben es überstanden.
Wir kümmern uns um Sie.«
Marima hustete und wandte das Gesicht ab.
»Ganz ruhig. Sie sind in Sicherheit.« Langsam ließ Paris sie auf die Mischung aus Sand und Kies sinken. Die Zähne der jungen Frau klapperten, und sie zitterte noch stärker. »Meine Güte, Sie erfrieren!«
»Nein«, brachte Marima mit dünner Stimme hervor. »Es liegt nicht am Wasser, sondern am Fieber. Es ist die Krankheit.«
»Krankheit?« wiederholte Paris verwirrt.
Kim beugte sich über Toms Schulter. »Welche Krankheit?
Wovon redet sie da?«
»Wir nennen sie die graue Pest«, sagte Marima so langsam, als bereitete ihr jedes Wort große Mühe. »Es ist eine unheilbare Erbkrankheit.«
»Deshalb zittern Sie so?«
Die Sardalianerin nickte. »Die graue Pest wird in Schüben aktiv und führt dann zu Anfällen. Ich hatte schon seit langer Zeit keinen mehr.«
Kim ging neben ihr in die Hocke. »Gibt es kein Medikament dagegen?«
Der Glanz in Marimas Augen trübte sich, und ein Schatten schien auf ihre Miene zu fallen. »Das Blut der Darra enthält ein Enzym, das zu einer Remission des Leidens führt. Leider können wir es nicht synthetisieren, und deshalb brauchen wir das Blut.«
»Darum die ›Ernte‹?«
»Ja. Aber wir ließen uns dazu hinreißen, zu viele der Tiere zu töten. Dadurch wurde viel Blut vergeudet.«
»Wie oft werden die Ernteschiffe angegriffen?« fragte Paris.
»Und wer sind die Micaszianer?«
Bevor Marima Antwort geben konnte, erlitt sie einen
weiteren Hustenanfall, der ihr den Atem raubte und sie in Ohnmacht fallen ließ. Bewußtlos sank sie in Paris’ Arme.
Er wechselte einen betroffenen Blick mit Harry Kim.
Vorsichtig legte er die Sardalianerin auf den Boden, stand dann auf, streifte die Schutzkleidung ab und bedeckte Marima damit.
»Wir brauchen auch Ihren Anzug, Harry.«
»Wie bitte? Ich verstehe nicht ganz…«
»Harry…« Paris schnaubte leise. »Dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt für Scham und ähnlichen Unsinn.«
Kim errötete und sorgte mit seiner eigenen Kombination dafür, daß Marima noch etwas besser vor der Kälte geschützt war. Dann sah er Paris an und deutete auf die Brust des Navigators. »Was ist das da?«
»Diese Narbe?« Paris klopfte auf einen bleifarbenen
Striemen, der sich über die halbe Brust zog. Er lächelte fast liebevoll. »Oh, das hat nichts weiter zu bedeuten. Es ist ein kleines Andenken an die Gefangenenrevolte auf Mala
Figura II.«
»Im Ernst.«
»Na schön. Ich habe ganz allein ein Rudel Mugato
abgewehrt.«
»Tom…«
»Ich bin noch am Leben, und damit hat es sich, in Ordnung?«
Kühler Wind sorgte dafür, daß die beiden Starfleet-Offiziere fröstelten. Sand schabte ihnen über die Haut.
»Ich habe mir immer gewünscht, einen Landurlaub auf diese Weise zu verbringen.« Paris sprach in einem scherzhaften Tonfall, um Kim und vielleicht auch sich selbst aufzumuntern.
Aber er wußte, daß ihre Situation alles andere als lustig war.
Sie befanden sich auf einer fremden Welt, saßen an einem unbekannten Ort fest und hatten weder funktionsfähige Kommunikatoren noch warme Kleidung.
Sein Magen knurrte, und Paris fügte Nahrungsmittel der Liste von Dingen hinzu, die sie fürs Überleben brauchten. Er blickte übers Meer und sah dunkle Wolken, die in ihre Richtung zogen. Der Tag ging zu Ende, wich einer Nacht, die sicher noch mehr Kälte brachte. Die Frage lautete: Wie lange konnten Kim, Marima und er durchhalten?
7
Zwar wies Janeway
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