Sehen Sie, so stirbt man also
Jahrhundert später sorgte eine Zeitungsmeldung für Aufsehen: Angeblich hätten Lakota-Sioux (darunter eine Enkelin) Sitting Bulls Knochen exhumiert und nach Mobridge, South Dakota, gebracht, um sie an einem Ort beizusetzen, der näher an seinem Geburtsort lag. Bestätigt wurde diese Meldung nie – und selbst wenn jemand Knochen bei den Armengräbern ausgegraben hätte, so müsste es doch ein großer Zufall sein, hätten sie ausgerechnet die von Sitting Bull erwischt. Immerhin entstand in Folge dieser Geschichte in Mobridge ein Monument für den großen Sioux-Anführer, das auf einem Hügel über den Missouri blickt, mit einer Statue von Korczak Ziolkowski. Eine wahrlich späte Ehrung.
Zwar hat es durchaus etwas Tragisches, dass Sitting Bull ausgerechnet durch die Hand anderer Indianer starb. Und doch ist es bezeichnend, dass diese zu denjenigen gehörten, die sich mittlerweile der „Zivilisation“ geöffnet hatten; die sich in den Dienst der Menschen gestellt hatten, die ihnen und ihrem Volk ihr Land und ihre Lebensgrundlage nahmen und schließlich eine ganze Kultur vernichten sollten. Apropos, General Custers letzte Worte am Little Bighorn waren angeblich: „Hurra, Jungs! Lasst uns diese letzten paar Roten erledigen und dann zum Lager zurückreiten. Hurra!“
|72| Sissi
„Aber was ist denn mit mir geschehen?“
Wahrheitsgehalt: 100 %
Voller Name: Elisabeth Amalie Eugenie
Tätigkeit: Kaiserin von Österreich und Apostolische Königin von Ungarn
Gestorben: 10. September 1898 in Genf
Im Alter von: 60 Jahren
Todesursache: Erstochen
Quelle: Irma Sztáray
Zitiert nach: Maria Matray und Answald Krüger: Das Attentat. Der Tod der Kaiserin Elisabeth und die Tat des Anarchisten Lucheni, München 2000, S. 19
Durch drei Kinofilme mit Romy Schneider ist sie zur Ikone der Popkultur geworden: Elisabeth von Österreich, genannt Sissi, die Frau Kaiser Franz Josephs. Doch die Filme verraten nicht, wie dramatisch die Wittelsbacherin gestorben ist – durch die Hand eines italienischen Anarchisten.
Wie starb sie?
Man kennt es aus den Filmen: Elisabeth alias Sissi (eigentlich wohl Lisi oder Sisi genannt) war als Kaiserin von Österreich nicht glücklich. Die Etikette und die vielen Regeln bei Hofe ließen die freiheitsliebende und ungestüme junge Frau schnell verzweifeln. Vielleicht auch deshalb war sie schon in jungen Jahren oft krank. Man nimmt an, dass sie lange magersüchtig war, zudem litt sie bereits mit Anfang zwanzig an heftigen Hustenanfällen. Tuberkulose vermuteten die Ärzte schon früh, so dass sie lange Kuren am warmen Mittelmeer verschrieben bekam. Gleichwohl sollte sie nicht an einer Krankheit zugrunde gehen.
Elisabeth war 60 Jahre alt, als sie im Sommer 1898 zur Kur ins hessische Bad Nauheim fuhr. Doch trotz ihrer schwachen Konstitution (mittlerweile hatte sie auch Probleme mit dem Herzen) verließ sie den Kurort und machte sich, nur in Begleitung ihrer Hofdame Irma Sztáray, inkognito und ohne Gepäck auf den Weg nach Genf, um Baronin Julie Rothschild zu besuchen. Offiziell wollte sie sich über Geldanlagen beraten lassen – die Kaiserin zweifelte |73| schon lange an der Zukunft des monarchischen Systems und hatte ihr Privatvermögen in der Schweiz angelegt, falls es dazu käme, dass sie ins Exil gehen müsste.
Sie aß in der Rothschild’schen Villa am Ufer des Genfer Sees zu Abend. Elisabeth hatte großen Appetit und trank Champagner, führte angeregte Gespräche mit der Gastgeberin, die sie sehr schätzte. Später führte Julie Rothschild sie durch ihre Orchideenzucht, und bei dieser Gelegenheit sagte Elisabeth zu ihr: „Ich wünschte, meine Seele könnte durch in den Himmel entfliegen, durch eine ganz kleine Öffnung in meinem Herzen.“ Ihre Hofdame erinnerte sich später an diese Worte, die im Hinblick auf das, was am nächsten Tag geschehen sollte, wie eine düstere Vorahnung erscheinen. Im Luxushotel Beau-Rivage (das durch den Tod Uwe Barschels 89 Jahre später erneut in die Schlagzeilen kommen sollte) verbrachte sie eine unruhige Nacht.
Am darauffolgenden Tag wollte Elisabeth mit dem Schiff über den Genfer See nach Caux fahren, einem Kurort in der Nähe von Montreux. Sie und ihre Hofdame befanden sich gerade an der Promenade auf dem Weg vom Hotel zum Bootsanleger, als ein Fremder auf Elisabeth zukam und ihr etwas an die Brust schlug. Der Einstich des Werkzeugs, das der Mann ihr ins Herz gerammt hatte, war so unscheinbar, dass niemand ihn bemerkte. Offenbar noch nicht einmal
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