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Seherin von Kell

Seherin von Kell

Titel: Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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zurückziehen, Adiss«, gestattete sie ihm mit ihrer leicht zischelnden Stimme, während ihr Schlangenleib sich auf dem Thron ungeduldig noch weiter einrollte.
    »Aber meine Königin!« protestierte er – die gut ein halbes Dutzend Drogen, die er seit dem Morgen zu sich genommen hatte, machten ihn mutig. »Es ist eine Sache von allergrößter Dringlichkeit.«
    »Für Euch vielleicht. Mich interessiert sie nicht. Dingt einen Assassinen, er soll dem Satrapen den Kopf abschlagen. Damit ist die Sache erledigt.«
    Adiss starrte sie bestürzt an. »Aber unsterbliche Salmissra«, quiekte er vor Entsetzen. »Der Satrap ist für die Sicherheit des Staates von unendlicher Wichtigkeit!«
    »Der Satrap ist ein Gesinnungslump, der Euch besticht, damit Ihr ihn im Amt behaltet. Er dient keinem bestimmten Zweck. Entfernt ihn und bringt mir seinen Kopf als Beweis Eurer absoluten Ergebung und Eures Gehorsams.«
    »S-seinen Kopf?«
    »Das ist der Körperteil mit den Augen, Adiss«, zischelte sie sarkastisch. »Begeht nicht den Fehler, mir statt dessen einen Fuß zu bringen! Nun geht!«
    Er stolperte rückwärts zur Tür und verbeugte sich fast bei jedem Schritt.
    »Oh, Adiss«, fügte sie hinzu, »betretet nie wieder den Thronsaal, wenn Ihr Euch nicht zuvor gebadet habt.«
    Er starrte sie verständnislos an.
    »Ihr stinkt, Adiss! Euer Körpergeruch dreht mir den Magen um.
    Und jetzt verschwindet!«
    Er floh.
    »Oh, mein Sadi«, sagte sie seufzend zu sich. »Wo magst du jetzt sein? Warum hast du mich verlassen?«

    Urgit, der Großkönig von Cthol Murgos, trug Wams und hautenges Beinkleid in Blau und saß auf seinem protzigen Thron im Drojimpalast. Javelin war insgeheim davon überzeugt, daß Urgits junge Gemahlin für des Großkönigs veränderte Aufmachung und Haltung verantwortlich war. Er kam offenbar nicht gut gegen sie an. Sein Gesicht hatte einen leicht verwunderten Ausdruck, als wäre etwas äußerst Verwirrendes in sein Leben getreten.
    »Das ist unsere gegenwärtige Einschätzung der Lage, Eure Majestät«, beendete Javelin seinen Bericht. »Kal Zakath hat seine Truppen hier in Cthol Murgos so sehr verringert, daß Ihr sie mühelos ins Meer fegen könntet.«
    »Ihr könnt leicht reden, Markgraf Khendon«, entgegnete Urgit gereizt, »aber ich sehe nicht, daß ihr Alorner eure Kräfte einsetzt, um beim Fegen mitzuhelfen.«
    »Eure Majestät bringt da einen etwas heiklen Punkt zur Sprache.«
    Javelin mußte nun sehr rasch denken. »Wir waren uns zwar von Anfang einig, daß wir im Kaiser von Mallorea einen gemeinsamen Gegner haben, doch die Äonen der Feindschaft zwischen den Alornern und den Murgos lassen sich nicht über Nacht vergessen. Möchtet Ihr wirklich eine cherekische Flotte an Eurer Küste oder Schwa-dronen von algarischen Reitern auf den Ebenen von Cthan und Hagga? Die alornischen Könige und Königin Porenn erteilen natürlich die Anweisungen, aber Feldherren haben ihre eigene Weise, königliche Befehle so zu interpretieren, wie sie ihren Vorstellungen entsprechen. Auch Eure Generale könnten sich dafür entscheiden, Eure Anweisungen mißzuverstehen, wenn sie eine Horde Alorner auf sich zukommen sehen.«
    »Ja, das ist wahr«, gestand ihm Urgit zu. »Was ist dann mit den tolnedrischen Legionen? Zwischen Tolnedra und Cthol Murgos hat es immer eine gute Beziehung gegeben.«
    Javelin hüstelte und schaute sich betont auffällig nach unerwünschten Zuhörern um. Er wußte, daß er jetzt besonders vorsichtig vorgehen mußte. Urgit erwies sich als viel schlauer, als irgendeiner von ihnen erwartet hatte. Tatsächlich war er manchmal glatt wie ein Aal und schien instinktiv genau zu wissen, wie Javelins fein gestimmter drasnischer Verstand funktionierte. »Das wird doch unter uns bleiben, Eure Majestät?« fragte er fast wispernd.
    »Darauf habt Ihr mein Wort, Markgraf«, flüsterte Urgit zurück.
    »Allerdings, wer sich auf das Wort eines Murgos verläßt -und eines Angehörigen der Urga-Dynastie noch dazu – , verrät schlechte Men-schenkenntnis. Murgos sind für ihre Unzuverlässigkeit berüchtigt, und alle Urgas sind von Wahnsinn belastet, wie Ihr wißt.«
    Javelin kaute an einem Fingernagel und befürchtete, daß er zum Narren gehalten wurde. »Wir haben beunruhigende Neuigkeiten aus Tol Honeth erhalten.«
    »Oh?«
    »Ihr wißt doch, wie Tolnedrer sind – stets auf der Lauer nach der großen Chance.«
    »Du meine Güte, ja.« Urgit lachte. »Einige meiner unver-
    geßlichsten Kindheitserinnerungen sind aus der Zeit,

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