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Seherin von Kell

Seherin von Kell

Titel: Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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nicht auffallen.«
    Vella schlüpfte aus dem Zobel und legte ihn über einen Stuhl.
    »Daß Ihr mir ja darauf aufpaßt, Zelmit«, warnte sie. »Ich mag ihn, und ich bin sicher, Ihr wißt genausogut wie ich, was passieren wür-de, wenn er zufällig bei einer Karawane nach Tol Honeth auftauch-te.«
    »Du brauchst ihm nicht zu drohen, Vella«, sagte Yarblek mild.
    »Das war keine Drohung, Yarblek«, entgegnete sie. »Ich will nur vermeiden, daß es zu Mißverständnissen zwischen Zelmit und mir kommt.«
    »Ich hole den Umhang«, erbot sich Zelmit.
    »Ja, tut das«, sagte sie.
    Der Umhang war weniger schäbig denn zerlumpt, und er roch, als wäre er noch nie gewaschen worden. Widerwillig warf ihn Vella sich über die Schultern.
    »Zieh die Kapuze hoch«, riet ihr Yarblek.
    »Dann muß ich gleich nachher mein Haar waschen.«
    »Na und?«
    »Hast du eine Ahnung, wie lange es dauert, bis Haar wie meines im Winter trocknet?«
    »Tu es, Vella! Warum mußt du dich eigentlich immer widersetzen?«
    »Aus Prinzip.«
    Er seufzte. »Kümmert Euch um unsere Pferde«, befahl er Zelmit.
    »Wir gehen den Rest des Weges zu Fuß.« Dann führte er Vella aus dem Kontor. Auf der Straße zog er eine klirrende Kette an einem Lederhalsband aus einer Tasche seines Mantels. »Leg das um!«
    »Ich habe seit Jahren kein Halsband und schon gar keine Kette mehr getragen!« protestierte sie.
    »Es ist zu deinem eigenen Schutz, Vella«, sagte er müde. »Wir müssen in das verrufenste Viertel der Stadt, und der Einäugige Hund ist die berüchtigtste Spelunke dort. Wenn du gekettet bist, wird dich niemand belästigen – außer er will sich mit mir anlegen.
    Ohne Kette würden einige Männer es bestimmt mißverstehen.«
    »Dafür sind meine Dolche da, Yarblek.«
    »Bitte, Vella. Merkwürdigerweise mag ich dich und möchte nicht, daß dir was zustößt.«
    »Zuneigung, Yarblek?« Sie lachte. »Ich dachte, das einzige, was dir wirklich was bedeutet, ist Geld.«
    »Ich bin doch kein völliger Schurke, Vella!«
    »Na ja, man kann dich für einen halten, bis ein echter kommt.« Sie befestigte das Lederband um ihren Hals. »Um ehrlich zu sein, ich mag dich irgendwie auch.«
    Seine Augen wurden groß, und er grinste.
    »O nein! So sehr auch wieder nicht!« fügte sie hinzu.
    Der Einäugige Hund war die übelste Kneipe, die Vella je betreten hatte, und sie war schon in vielen Spelunken und heruntergekom-menen Schenken gewesen. Seit sie zwölf war, hatte sie sich auf ihre Dolche verlassen, wenn es darum ging, sich aufdringliche Bewunderer vom Leib zu halten. Obwohl sie sich selten gezwungen gesehen hatte, einen zu töten – von ein paar übereifrigen abgesehen – , hatte sie sich den Ruf erworben, daß es nicht ratsam war, sich ihr zu nä-
    hern. Manchmal ärgerte sie sich ein bißchen darüber, denn es gab Zeiten, da hätte Vella einen Versuch durchaus begrüßt. Ein kleiner Kratzer da und dort an unwichtigen Körperteilen eines glühenden Verehrers würde ihre Ehre wahren, und danach – nun, wer weiß?
    »Trink hier kein Bier«, warnte Yarblek sie beim Eintreten. »Das Faß ist offen, und es schwimmen gewöhnlich ein paar ertrunkene Ratten darin.« Er wickelte das Kettenende um seine Hand.
    Vella schaute sich um. »Hier könnte es einem wahrhaftig den Magen umdrehen, Yarblek.«
    »Du hast zu viel Zeit mit Porenn verbracht«, brummte er. »Du wirst empfindlich.«
    »Möchtest du, daß ich dir die Gedärme aufschlitze?« erbot sie sich.
    »So kenne ich meine Vella.« Er grinste. »Gehen wir nach oben.«
    »Was ist oben?«
    »Die Mädchen. Drosta kommt nicht wegen Bier mit Rat-
    tengeschmack hierher.«
    »Das ist abscheulich.«
    »Du hast Drosta nie kennengelernt, oder? Mit abscheulich ist er noch nicht halb beschrieben. Er dreht sogar mir den Magen um.«
    »Hast du vor, einfach zu ihm hineinzugehen? Willst du dich nicht vorher unauffällig umsehen?«
    »Du warst zu lange in Drasnien«, sagte er kopfschüttelnd, während sie die Treppe hochstiegen. »Drosta und ich kennen einander.
    Er weiß, daß es nicht klug wäre, mich zu belügen. Ich werde gleich zur Sache kommen, dann können wir diese stinkende Stadt wieder verlassen.«
    »Ich habe so das Gefühl, daß auch du empfindlich wirst.«
    Am Ende des Korridors befand sich eine Tür, und die zwei nadrakischen Soldaten zu beiden Seiten verrieten allein durch ihre Anwesenheit, daß sich König Drosta lek Thun dahinter aufhielt.
    »Wie viele bisher?« fragte Yarblek sie, als er und Vella vor der Tür

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