Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
der gedämpften Stimme des Herzogs besser folgen zu können.
Auch der Bischof schien seine angestaubte Soutane vergessen zu haben. »Er hat noch nicht auf die Klageschrift reagiert«, stellte er fest. »Aber es ist gut zu wissen, dass er sie zur Kenntnis genommen hat.«
»Baron de Troyenne bat mich um meine Unterstützung, wenn er sich vor Gericht für den Angriff auf den Geistlichenverantworten muss. Er meinte, herzöglicher Beistand wäre sicherlich angeraten. Ich habe das natürlich zugesichert.« Der Herzog rieb sich die Hände, die heute in cremefarbenen Handschuhen steckten. »Er versprach, sich erkenntlich zu zeigen, schließlich hätte er noch das eine oder andere Anwesen zu vergeben.«
Der Bischof verschränkte die Arme hinter dem Rücken und beobachtete den Steinmetz, der behutsam mit einem birnenförmigen Hammer den Meißel schlug und den Faltenwurf eines Umhangs schuf. Zufriedenheit zeichnete sich auf beiden Gesichtern ab, auf dem des Bischofs und dem des Steinmetz’.
»Aber«, der Herzog hob den Zeigefinger in die Luft, »ich will, bevor wir in diesen Prozess gehen, eine Einwilligung des Königs, dass wir dem Baron ans Leder dürfen.«
Der Kopf des Bischofs fuhr ruckartig herum. »Was wollt Ihr?«
Unbeeindruckt fuhr der Herzog fort. »König Karl wird vernommen haben, dass ich der Praguerie nicht ablehnend gegenüberstand.«
»Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«, fragte der Bischof unwirsch.
»Wir müssen sichergehen, dass sich der König nicht schützend vor Baron de Troyenne stellt. Gut, der Baron ist inzwischen so gut wie mittellos, insofern ist er dem König nicht mehr sonderlich nützlich. Aber was machen wir, wenn sich der König an meiner Haltung ihm gegenüber stößt und versucht, mir zuwiderzuspielen?«
Der Bischof grunzte, ein Geräusch, das Julien noch nie bei ihm vernommen hatte und das er als Zustimmung wertete. Der Herzog schien tatsächlich einen Zusammenhang herzustellen, der dem Bischof nicht abwegig erschien.
»Und ich weiß auch schon, wie wir das machen.« Zufriedenrieb sich der Herzog das Kinn. »Wahrscheinlich habe ich im Laufe der Jahre viel bei Euch gelernt«, griente er.
Der Bischof schien nicht willens zu sein, auf diesen Ablenkungsversuch einzugehen. »Wie wollt Ihr den König davon überzeugen, sich herauszuhalten?«
»An diesem Punkt kommt mein Bruder ins Spiel.« Der Herzog lachte, als er bemerkte, wie sich die Miene des Bischofs aufhellte. »Arthur ist ja nicht umsonst der Connétable von Frankreich, und so viel ich weiß, sind die beiden derzeit in der Auvergne. Vor den Aufständischen sind dort die Stadttore geschlossen worden, und ich denke, die Stimmung beim König wird ausgelassen bis großartig sein. Er hat einmal mehr einen Erfolg zu verzeichnen, und so wie es aussieht, wird es ihm gelingen, den Aufstand einzudämmen. Ich werde mich darum kümmern, dass mein Bruder, der gute Arthur, der sicherlich derzeit auch in Hochstimmung sein dürfte, dafür sorgt, dass Baron de Troyenne beim König in Ungnade fällt.«
Der Bischof lehnte sich gegen den Strebepfeiler. Julien beobachtete, wie sich Staub löste und auf die Schulterpartie der Seidensoutane rieselte. Beiläufig wischte der Bischof mit der Hand darüber. »Wahrhaftig, Ihr entwickelt ein Gespür für solche Angelegenheiten. Aber wie wollt Ihr Euren Bruder davon überzeugen, sich für unsere Belange einzusetzen?«
»Arthur und ich haben so einige Rechnungen offen, aber in erster Linie vertraue ich darauf, dass seine allseits bekannte Abscheu vor Hexenmeistern ausreichend ist. Und um sicherzugehen, werde ich mich bereit erklären, zwei der Ländereien des Barons, die mir bei der Verurteilung zufallen, an ihn abzutreten. Das wird Arthur überzeugen, da bin ich sicher. Und wenn mein Bruder will, kann er seine Meinung nicht nur wortreich, sondern auch überzeugend darlegen.«
Saint Mourelles
G emüse und Fleisch, sicherlich zartes Huhn. Thymian und Majoran als Gewürz. Mathis folgte Blanche in die Küche der Pfarrei und genoss die anheimelnden Gerüche, die in der Luft hingen. Er sank auf die Bank, lehnte sich kurz zurück, schloss die Augen und lauschte nun den Geräuschen, die Blanche beim Kochen machte. Zischendes Öl, dann ein hölzerner Löffel, der durch den Kessel schabte.
»Der Magister aus Nantes ist da. Der Pfarrer und er sitzen in der Studierstube zusammen«, sagte Blanche, und Mathis öffnete wieder seine Augen. »Morgen will der Magister damit beginnen, die Aussagen
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