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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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Händen hin und her.
    »Verschwinde, mein Hühnchen. Versteck dich oben.«
    Mit wenigen Sätzen sprang Émelie neben sie, wobei der Blick der Kleinen aus dem Fenster fiel, auf die Männer, die inzwischen dabei waren, die Tür einzutreten. Sie klammerte sich an Jola fest und begann zu schreien. Schrill und ohrenbetäubend.
    »Lass mich los, verdammt, lass mich los«, brüllte Jola und spürte, dass die Angst des Mädchens auf sie übersprang. Ihre Versuche, sich aus der Umklammerung zu lösen, verstärkten Émelies Griff.
    Ein Krachen ließ Jola wieder zur Tür schauen. Sie war inzwischen halb geöffnet, der Tisch drohte zu kippen, die Tontöpfe rutschten, fielen und zerbarsten auf dem Boden. Jola hob die Messer in die Luft, an ihrem rechten Arm hing schreiend Émelie.
    Der erste Mann, der sich durch die zertretene Tür in die Küche zwängte, trat einen Eimer beiseite und setzte seinen Stiefel in Tonscherben, die knackend auseinanderbrachen. Er drückte den Tisch beiseite, und seine Schritte wirbelten das über den Boden verstreute Mehl auf. Als er Jola und die schreiende Émelie erblickte, begann er herzhaft zu lachen.
    Sofort verstummte die Kleine.
    »Leg die Messer auf den Boden und was ihr sonst noch bei euch führt, und dann verschwindet auf den Hof«, sagte er, während er sich Staub von seinen Handschuhen klopfte.
    Jola nickte, bückte sich, legte die Messer auf den Boden und schob sich mit gesenktem Kopf und Émelie am Arm an dem Mann vorbei.
    Vor der Tür warteten weitere Männer, die nun die Küche betraten.
    Kurz sah Jola sich um. Die Durchsuchung begann.
    In der Hofmitte standen schon andere Frauen und Männer des Gesindes. Die Männer der Garde, unbewaffnet, die Arme über den Kopf erhoben, wurden über die Zugbrücke vor dasSchloss geführt. Die Männer des Herzogs brüllten Befehle, viele der Frauen des Schlosses weinten, flehten um Erbarmen. Der Küchenmeister wurde über den Hof geschubst, in die Wartenden hineingestoßen, seine Hose hatte er sich vollgepisst. Es interessierte niemanden.
    Émelie begann zu weinen. Die lang gezogenen Schluchzer ließen den mageren Leib erbeben.
    Jola löste die Hand der Kleinen von ihrem Arm und zog das Mädchen an sich. »Mein Hühnchen, bald ist es vorbei«, flüsterte sie. Das Schluchzen verebbte, der Atem wurde gleichmäßiger, und die dürren Ärmchen erwiderten die Umarmung.
    Schweigend sahen sie zu, wie drei Wagen über die Zugbrücke in den Hof hineinfuhren und beladen wurden. Kisten, Bücher, Folianten, Papiere und Papyrusrollen wanderten auf die Ladefläche.
    Als die Männer tönerne Ungetüme auf die Wagen hievten, hob Émelie den Kopf. »Was ist das?«, flüsterte sie.
    »Alchemieöfen.«
    »Oh!«, sagte die Kleine, und Jola hatte dem nichts hinzuzufügen.

Gut Lemoine, Anjou
    S ie haben ihn abgeführt wie einen räudigen Verbrecher und mich in den Hof gezerrt, zum Gesinde geschubst und währenddessen alles durchwühlt. Meine Sachen und das gesamte Schloss. Hast du eine Vorstellung, wie schrecklich das war?«, schrie Francine, wobei ihr Speichel in feinen Tröpfchen durch die Luft flog.
    Bérénice trat einen Schritt zurück und wusste nicht, was sieerwidern sollte. Sie war schockiert und fürchtete sich, es zuzugeben.
    »Amédé trat in den Hof und leistete keinen Widerstand, bedeutete Hauptmann Bouchet und der Garde, sich ruhig zu verhalten. Er war so würdevoll, aufrechten Ganges«, fuhr Francine fort. Ihr Blick hatte sich nach innen gekehrt, die Stimme ihre Schärfe verloren. »Er sagte, alles werde sich in Wohlgefallen auflösen. Er habe einen Streit mit dem Pfarrer aus Saint Mourelles gehabt, und es gebe keinen Grund zur Beunruhigung.« Sie ließ sich auf Bérénices Bettstatt sinken und fasste rechter Hand nach dem samtenen Vorhang, ließ ihn durch ihre Finger spielen. »Als die Männer des Herzogs das Schloss endlich verlassen hatten, mit Amédé und Bergen beschlagnahmter Gegenstände, habe ich den Wagen anspannen lassen und bin – ja, ich bin regelrecht geflohen. Nichts habe ich mitgenommen, ich wollte nur noch weg. Was ist, wenn sie wiederkommen? Wenn sie noch weitere Verhaftungen vornehmen?«
    »Wie kommst du darauf? Warum sollten sie das?«, fragte Bérénice, setzte sich neben Francine und ergriff halbherzig deren andere Hand. Kalt und schlaff lag sie in ihrer.
    »Sie haben die Alchemieöfen mitgenommen und den Pater gesucht. Doch der war verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt«, sagte Francine, ohne auf ihre Fragen einzugehen, und

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