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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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das Herz zerreißt. Dein Verlust, Avels Sprung vom Felsen. Ich vermisse Raymond und Rachel, selbst den Prahlhans Gabin, und wenn ich an Grete denke, dann muss ich ein ums andere Mal weinen. Selbst um die Menschen, die ich kaum oder gar nicht kannte, schmerzt es mich«, sagte sie kläglich, und erste Tränen zogen helle Streifen durch die dunklen Schmutzspuren auf ihren Wangen.
    Mathis rückte näher und schloss Catheline in seine Arme. »Ich war es, der sich unmöglich verhalten hat. Dir böse zu sein, dazu habe ich kein Recht«, flüsterte er und küsste ihr Haar.

Schloss Troyenne
    D ass die Nächte noch schlimmer werden konnten, war für Jola undenkbar gewesen. Doch nun wartete in der Kammer Abend für Abend eine weitere leere Schlafstätte, deren Anblick ihr inzwischen körperlichen Schmerz verursachte. Émelies Gesellschaft war, da das Mädchen nicht viel sprach, weder Trost noch Ablenkung. Vor Müdigkeit zitternd, lag Jola unter ihrem Schaffell und sah in die Dunkelheit, schloss erneut die Augen und wusste doch, dass sie nicht mehr einschlafen würde.Leise erhob sie sich, tastete nach Schürze und Haube und stieg in die Küche hinab. Erstes diffuses Licht fiel durch die verwitterten Holzläden, die das Fenster nur noch notdürftig abdeckten. Schwarz zeichneten sich die Umrisse des Tisches, des Ofens und der Töpfe, die von der Decke hingen, gegen das milchige Grau des Morgens ab. Bei dem Gedanken an das kalte Wasser der Morgenwäsche bildete sich eine Gänsehaut auf Jolas Rücken. Unschlüssig stand sie herum.
    Da sie vor dem ersten Hahnenschrei aufgestanden war, konnte sie sicher sein, dass es noch dauern würde, bis der Küchenmeister auftauchen und mit Arbeitsaufträgen um sich werfen würde. Es wartete noch Abwasch vom Vortag, das Feuer musste entzündet werden, das Brot ging zur Neige. Es war ja nicht so, dass sie nicht wusste, was zu tun war, aber ihre Arme schienen mit ihrem Leib verwachsen zu sein.
    Ein Krachen auf dem Hof ließ sie auffahren.
    Männerstimmen, dann wieder ein Krachen.
    Sie stürzte zur Tür hinaus und sah, dass die Zugbrücke heruntergelassen wurde. Die Männer, die an der Winde standen, trugen Fackeln bei sich, im flackernden Lichtschein konnte Jola erkennen, dass es Fremde waren. Fremde, die ins Schloss einfielen.
    Kaum war die Zugbrücke herabgelassen, ergoss sich ein nicht enden wollender Strom Berittener in den Hof, als wären sie die Reiter der Apokalypse, die vom Weltenuntergang kündeten. Einer der ersten Berittenen hielt eine Standarte in die Höhe, auf der das Wappen von Herzog Johann prangte.
    Die Reiter des Herzogs hatten den Vorteil des Überraschungsangriffs auf ihrer Seite. Vom Pferd aus drängten sie die herbeilaufenden Männer der Garde des Barons zurück, die keine Zeit gefunden hatten, sich für den Kampf zu rüsten oder gar den Harnisch anzulegen.
    Jola wagte es nicht, sich umzudrehen und den Fremden den Rücken zu kehren. Jeden Schritt bewusst setzend, ging sie langsam rückwärts, bis sie im schützenden Dunkel der Küche verschwand. Hastig schloss sie die Tür, schob den Tisch davor, stapelte keuchend die Töpfe und die schweren Vorratskrüge darauf. Sah sich gehetzt um. Lächerlich. Dieses Unterfangen war lächerlich, sie wusste es und konnte doch nicht damit aufhören.
    Schemel und Eimer trat sie unter den Tisch, mit fliegenden Händen ergriff sie mehrere Messer und schob sie zwischen Schürze und Kittel. Geduckt schlich sie zum Fenster und öffnete die Holzlade.
    Amédé de Troyenne. Die Kleider nachlässig übergeworfen, wurde er abgeführt von einem Mann, der seinem Gebaren nach sicher der Hauptmann des Herzogs war. »Amédé de Troyenne«, brüllte er in den Schlosshof hinein, obwohl der Baron nur eine Armlänge entfernt stand, »im Namen des Herzogs und des Bischofs seid Ihr wegen möglicher Fluchtgefahr festgenommen.« Dann winkte er seinen Männern zu, die sich Ameisen gleich in Bewegung setzten und in alle Richtungen verteilten.
    Türen wurden aufgerissen, auf dumpfes Gebrüll erklang angstvolles Geschrei. Mehrere Männer steuerten auf die Tür zu, die in den Küchentrakt führte. Jola packte die Messer, nahm zwei in jede Hand und drückte sich an die Wand. Mit hämmerndem Herzen sah sie, wie die Tür erzitterte, als die Männer dagegenschlugen.
    »Was … Jola?« Barfuß, ohne Schürze und Haube stand Émelie auf der Treppe, die zur Kammer führte. Mund und Augen aufgerissen, flog ihr Blick zwischen der verbarrikadierten Tür und den Messern in Jolas

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