Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
entzog ihr die Hand. »Zudem hat der Hauptmann des Herzogs laut verkündet, dass Amédé wegen des Vorwurfs der ketzerischen Irrlehre verhaftet wird und bis zur Verkündung des Urteils in Haft bleibt. Ich bitte dich, was meinen die damit? Ketzerische Irrlehre? Was ist, wenn wir in Sippenhaft genommen werden?«
Bérénice schüttelte den Kopf, doch bevor sie etwas entgegnen konnte, sprang Francine auf. Stemmte die Arme in die Hüften, was ihr das Aussehen einer plumpen Magd verlieh.»Woher willst du das wissen? Dein Mann ist in Haft, und dich scheint das nicht im Geringsten zu beunruhigen. Hat dir dein Bischofslakai verraten, was er vorhat? Hat er das?«
Erneut flogen Speicheltröpfchen, benetzten Bérénices Gesicht. Langsam wischte sie den Speichel weg und sah Francine unverwandt an. In ihren Gedanken schloss sich ein Kreis.
»Bischofslakai«, sagte Bérénice leise. »Diesen Begriff habe ich letzthin schon einmal gehört. Von meinem eigenen Mann, und zwar, als er mich vergewaltigen wollte.« Sie erhob sich, und Francine wich zurück. »Du hast ihm erzählt oder vielmehr ihm gegenüber behauptet, dass ich ein Verhältnis mit dem Magister habe. Du warst das!«
»Ach, willst du etwa sagen, dass du das nicht hast? Nichts tust du für Amédé, nichts. Aber ich werde aussagen, ich werde für deinen Mann aussagen. Da sitzt dieser Magister beim Pfarrer, denkt, wir sind dumm und wissen nichts davon. Und eifrig sammelt er Aussagen, die Amédé belasten sollen. Mal sehen, was er sagt, dein Lakai, wenn ich erscheine und ihm eröffne, dass Amédé sich stets in meiner Begleitung befunden hat.«
»Benutze dein Köpfchen, du solltest bei so einem Prozess keine Falschaussage machen. Ich werde sonst in eigener Person bestätigen, dass du lügst. Sicherlich warst du, nachdem ich ohne dich das Schloss verlassen habe und zum Gut zurückgereist bin, immer wieder mit Amédé zusammen, aber beileibe nicht unentwegt. Dafür wird es zu viele Zeugen geben. Und bevor sich unsere Wege trennten, warst du lange mit mir hier, im Anjou. Das weiß jeder, mache dich also nicht lächerlich.«
Die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst, reckte Francine das Kinn vor. Mit dem Schuh klopfte sie einen schnellen Takt auf den steinernen Boden. »Du willst ihn ans Messer liefern, oder? Das lasse ich nicht zu, das verspreche ich dir.«
Bérénice lächelte milde. »Schön, gut zu wissen. Und nun sage mir: Ist Hauptmann Bouchet auch verhaftet worden?«
»Nein, warum sollte er?«
»Es gibt auf Schloss Troyenne keinen Kämmerer, nichts und niemanden mehr, der noch Verantwortung übernehmen kann, weil mein Mann das Geld nur noch in seine Garde und anderen Unfug gesteckt hat. Und mir wäre es fast lieber, das Schloss wäre ohne den Hauptmann als unter seiner Fuchtel. Wir werden heute noch aufbrechen.«
Und sobald ich wieder in Troyenne bin, wirst du, lieber Julien, erscheinen und mir so einiges erklären müssen, fügte sie in Gedanken hinzu.
Schloss Troyenne
S ie war erbost, das sah Julien, kaum dass er den Saal betreten hatte. Die Arme hielt sie verschränkt und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Es mutete merkwürdig an, Bérénice an dem Tisch anzutreffen, an dem sonst ihr Mann seine Tage vertrunken hatte. »Ihr habt nach mir schicken lassen, Frau Baronin?« Er deutete eine Verbeugung an.
»Lass das«, sagte sie streng, während sie in die eine Ecke des Saales deutete, direkt bei den Fenstern. Bevor sie ihm folgte, öffnete sie die Tür noch einmal und sah in den Gang hinaus. Kaum stand sie neben ihm, beugte sie sich vor, dicht an sein Ohr. »Was soll das alles? Das mit der Verhaftung und der Durchsuchung? Und wann hattest du vor, mir zu sagen, dass du meinen Mann anklagst?«
»Es muss sein. Der Bischof kann es vor Gott und seinem Gewissen nicht mehr verantworten, weiterhin tatenlos zuzuschauen.Und ich kann es darüber hinaus nicht mehr ertragen, dich in der Nähe eines derart gefährlichen Mannes zu wissen.«
»Was werft ihr meinem Mann vor?«
»Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Anklagepunkten. Er ist Pfarrer Jeunet gegenüber handgreiflich geworden und hat unter anderem versucht, ihn zu erwürgen. In der Dorfkirche. Er denkt, dass er sich ausschließlich dafür verantworten muss.«
»Den Pfarrer? Den Alten aus dem Dorf soll er angegriffen haben? Das glaube ich nicht.«
»Was glaubst du nicht? Dass dein Mann, der Teufelsbeschwörungen betreibt, der sein Land versetzt und der sich unentwegt betrinkt, davor zurückscheut, sich an
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