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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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schnalzendes Geräusch und schüttelte missbilligend den Kopf.
    Tatsächlich faltete der Pfarrer die Hände auf dem Tisch. »Jedenfalls verlangte er nach einem Prokurator, nach jemandem, der ihn verteidigt. Doch dieses Recht wurde ihm abgesprochen. Da es keine Zeugen gibt, die ihn mit ihren Aussagen entlasten, muss man wohl laut der Prozessordnung keinen Prokurator hinzuziehen. Ich glaube, das war ein Schlag für den Baron: keine entlastenden Zeugenaussagen. Nichts. Von niemanden.«
    »Das weiß man nicht genau«, sagte Mathis nachdenklich und strich über den weißen Vogel, der seinen Becher zierte. »Ich konnte den Baron bis in den Flur hinaus wüten hören. Er brüllte, dass das Gericht Zeugenaussagen unterschlagen habe. Herzog Johann hatte ihm wohl versichert, für ihn einzutreten.«
    »Ich habe mich umgeschaut«, sagte Pfarrer Jeunet. »Die Baronin und ihre Schwester schwiegen, vielleicht haben sie ihre Gründe. Pater Bertrand ist verschwunden, und der Herzog spielt Katz und Maus, befürchte ich. Aber der Hauptmann, warum hat der Hauptmann nicht ausgesagt?«, überlegte er laut.
    Alle sahen sich an.
    »Vielleicht, weil er mit dem Baron unter einer Decke steckt?«, warf Jola ein.
    Sofort sprang Yann auf. »Ich muss nach Hause, ich muss nach Hause«, rief er, und seine Augen waren durch den übermäßigen Biergenuss trüb geworden. Er schwankte.
    Pfarrer Jeunet nahm seine Hand und zog ihn wieder auf dieBank zurück. »Wir müssen das jetzt zu Ende bringen, und deshalb bleibst du in Nantes«, sagte er und schob Yanns Bier beiseite.
    Nochmals sprang Yann in die Höhe und machte sich vom Griff des Pfarrers los. Sofort stand Mathis auf und hielt dem Schmied seinen freien Arm entgegen. »Ich bringe dich ins Bett. Jetzt ist es ohnehin zu spät für den Heimweg, denn die Stadttore sind geschlossen.«
    »Meinst du, dass ich morgen abreisen kann?« Yanns Stimme war zu einem Jammern geworden, doch er hakte sich ein.
    »Das werden wir morgen sehen«, sagte Mathis so ruhig wie möglich.

In den Wäldern bei Saint Mourelles
    B is tief in die Nacht hatte sie unter den Büschen gelegen und war erst aus der Erdmulde gekrochen, als sie den Mond durch die Zweige hatte scheinen sehen. Hatte auf Knien gewartet, gelauscht und war dann zur Höhle geflüchtet.
    Zwei Tage waren seitdem vergangen, und der Durst war inzwischen unerträglich geworden. Mit den Händen hatte sie ihren Urin aufgefangen, aber dann bei dem Versuch, ihn zu trinken, würgen müssen. Sie spürte, dass der Durst sie schwächte, austrocknete, die Lippen springen ließ und die Gedanken bannte.
    Ich muss zum Fluss, entschied sie. Ob ich hier umkomme oder von den Berittenen entdeckt werde, welchen Unterschied macht das noch?
    Sie zog sich an der Felswand in die Höhe und fühlte heftigen Schwindel, der sie umgehend wieder in die Knie zwang. Aufallen vieren kroch sie zum Ausgang der Höhle und verharrte keuchend. Ihr Blick irrlichterte durch die Umgebung, und sie glaubte, den Fluss zu erkennen.
    Catheline lächelte und drückte sich erneut in die Höhe. Bevor sie die ersten Schritte setzen konnte, hörte sie die Pferde.
    Sie kommen, dachte sie schwerfällig.
    Kurz drehte sie sich um, sah in die Höhle und überlegte, ob sie sich in Sicherheit bringen sollte. Sie schüttelte den Kopf und hielt nach den Reitern Ausschau, die sie derweil ebenfalls entdeckt hatten. Brüllend stießen sie den Pferden die Sporen in den Leib und jagten auf Catheline zu.
    Vielleicht soll es so sein, dachte sie, trat auf die Lichtung, schloss die Augen und spürte das Heranjagen der Pferdehufe als sachtes Beben des Bodens, das beständig zunahm.

Schloss Nantes
    G ut, dass der Bischof eine Pause eingelegt hat, sonst wäre ich geplatzt vor Wut, dachte Julien und stieß die Tür zum unteren Saal des Schlosses auf, in dem die Zeugen saßen. Erschrocken fuhren einige von ihnen zusammen.
    »Die Zeugen können abreisen, wurde mir von Pater Blouyn mitgeteilt. Vielen Dank für alles, ich wünsche einen guten Heimweg«, stieß Julien hervor. Bevor er sich zum Gehen wandte, sah er Jola Cogul an. »Ihr sollt Euch bitte bei der Baronin de Troyenne melden. Eines der Mädchen, das zur Begleitung mitgereist ist, ist anscheinend erkrankt, und es wird Hilfe benötigt.«
    »Moment! Magister Lacante, bitte wartet und berichtet uns vom heutigen Prozesstag. Stimmt es, dass Catheline vorgeführtwurde?«, fragte der Bauer mit dem Treibstecken, den die Wachen heute von seinem Lauschposten vor der Tür des oberen Saales

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