Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
Hals. Verdammt, was plant der Baron?, fluchte er innerlich und sah zum Bischof. Der zuckte mit den Schultern. Auch ihn schien dieser offensichtliche Wechsel in der Taktik zu irritieren.
»Diese Aussage kann nur Jola Cogul gemacht haben, sie ist Magd am Schloss und die Schwester der Catheline Cogul. Jedenfalls sollte das ehrwürdige Gericht in Erwägung ziehen, dass diese Aussage wertlos ist. Die Magd Jola versucht, ihre Schwester zu schützen und den Verdacht auf mich zu lenken, was der Frau nicht zu verdenken ist. Aber diese Spange ist niemals ersetzt worden.«
»Wie, sagtet Ihr, heißt die Frau, die Ihr verdächtigt, mit den Morden in Verbindung zu stehen?«, hakte der Bischof nach. Er war nun augenscheinlich auf der Hut.
»Catheline Cogul. Sie hat jede der Leichen entdeckt.«
Julien richtete sich auf. »Ich möchte festhalten, dass diese Behauptung nicht der Wahrheit entspricht. Diese Frau hat keineswegs jede der Leichen gefunden.«
Der Bischof wandte sich an Julien. »Welche Leichen hat sie denn gefunden? Ist sie vernommen worden?« Julien wurde heiß, er schüttelte den Kopf.
»Warum?«, fragte Pater Blouyn, und der Tadel in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Weil sie kurz vor meiner Verhaftung verschwunden ist, sich abgesetzt hat«, antwortete Amédé de Troyenne grinsend und ließ Julien dabei nicht aus den Augen. »Aber es wäre sicher interessant, ihre Aussage zu hören.«
»Das ist nicht vonnöten«, wies ihn der Bischof zurecht.
Doch der Pater schüttelte den Kopf. »Das sehe ich anders«, sagte er, »ich würde die junge Frau gern vernehmen, denn wirbefassen uns ernsthaft mit jedem Hinweis. Insofern wäre ich damit einverstanden, dass sie noch als Zeugin aufgerufen wird, wenn sie denn rechtzeitig herbeigeschafft werden kann.«
Julien fröstelte. Sie hatten alle Fallstricke vorab überprüft, doch damit hatten sie nicht gerechnet: mit einem Inquisitor, der mit dem Angeklagten sympathisierte.
Herberge in Nantes
H eute habe ich vom Vikar erfahren, dass man uns in dieser Herberge untergebracht hat, weil das Hospiz belegt ist.« Pfarrer Jeunet wies mit der Hand durch die Gaststube, vor ihm stand eine Schüssel, aus der heißer Dampf emporstieg. Eine Gemüsesuppe, die vor Fettaugen glänzte. »Ich hatte mich schon ein wenig gewundert, bin aber der Meinung, dass wir hier gut untergebracht sind. Erstaunlich, dass man die Frauen hier schlafen lässt, aber das soll nicht unsere Sorge sein. Angeblich musste das Schankmädchen seine Kammer räumen.«
Mathis sah sich um. Auf den Holzbänken drängten sich Handwerker, Kuriere und Fuhrleute. Die Luft war stickig, und dennoch war die Stimmung, dieser gelassene Alltag anderer Menschen, beruhigend.
»Immerhin ist der Schlafsaal von der Gaststube getrennt«, sagte Yann und schlürfte mürrisch seine Suppe. Er brach sich ein Stück Brot vom Laib, der vor ihnen lag, und winkte dem Schankmädchen, ihm noch ein Bier zu bringen.
Ja, aber dass die meisten der Männer nackt schlafen, fügte Mathis in Gedanken hinzu, ist nicht für alle gut zu ertragen. Pfarrer Jeunet war über den Kleiderhaufen gestiegen, den der Mann auf dem Strohsack neben ihm auf den Boden geworfenhatte, und war in seiner Kutte auf den ihm zugewiesenen Strohsack gesunken. Ein Gebet, dann hatte er mit gefalteten Händen die Augen geschlossen und sie trotz der Unruhe, die bei gut dreißig Personen in einem Saal auch des Nächtens entstand, nicht mehr geöffnet.
Mathis war sich sicher, dass der alte Mann kaum geschlafen hatte. So wenig wie er selbst. Kurz war er eingedämmert und hatte von Catheline geträumt, die von Männern der Garde misshandelt wurde. Ein Traum, der so schlimm geworden war, dass er sich selbst geweckt hatte. Später waren ihm die Augen erneut zugefallen, und Ania war ihm erschienen. Hinter ihr hatten all die anderen gestanden, die in den letzten Monaten von ihnen gegangen waren. Schweigend hatten sie Mathis angesehen, jedes der Gesichter ein stummer Vorwurf, dem Leben entrissen worden zu sein. Danach hatte Mathis schlaflos auf seinem Lager gelegen und auf die Morgendämmerung gewartet.
Ein Lautenspieler riss ihn aus seinen Gedanken. Inmitten der Gaststube, direkt neben der Feuerstelle, auf der die Suppe warm gehalten wurde, begann der Musikant, ein Lied zum Besten zu geben. Kurz darauf schob er sich aufdringlich durch die Bankreihen.
»Ihr habt also heute eure Aussagen beim Schreiber des weltlichen Gerichts gemacht?«, fragte Pfarrer Jeunet in die Runde.
Jola und
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