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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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sank.
    »Was wird mit Catheline geschehen?«, ächzte er, während er sich den gekrümmten Leib hielt.
    Für einen Moment war Julien versucht, auf ihn einzutreten, seine ganze Wut an diesem Krüppel auszulassen, doch er beugte sich hinab, bis sein Gesicht dicht vor dem des Bretonen war. »Du hältst dein Maul. Niemand weiß etwas davon, und wenn was durchsickert, das kann ich dir versichern, ist das Todesurteil für dieses Weib gesprochen. Also überlege dir gut, was du jetzt machst: weiterhin mit dieser Information hausierengehen oder Gott im Gebet um Vergebung anflehen. Vielleicht kannst du ihm dabei ja klarmachen, dass es nicht nur ihr Leben ist, das bei diesem Prozess auf dem Spiel steht.« Dann ließ er den Krüppel sitzen, wo er war: inmitten des Drecks auf dem Schlosshof.

    Wortlos hatte eine Wache die Tür geöffnet, und mit einem Kopfnicken hatte der Mann angedeutet, dass Catheline ihm folgen solle. Er führte sie noch tiefer in die Unterwelt hinein, vor eine kleine, hölzerne Tür, vor der gut eine Handvoll Männer wartete. Beim Näherkommen erkannte sie, dass der Promotor, Magister Lacante, Bischof du Clergue, Pater Blouyn und der Herr Baron sowie zwei weitere Wachen auf sie warteten.
    Amédé de Troyenne, deinetwegen bin ich in dieser Unterwelt, schrie es in Catheline auf. Deinetwegen hängt mein Leben am seidenen Faden. Ich wünsche dir das ewige Höllenfeuer, endlose Pein und …
    »Territio mere verbalis, das Erschrecken mit Worten«, unterbrach der Promotor ihren stummen Fluch. »Habt Ihr davon schon gehört?«
    Catheline schüttelte den Kopf.
    »Das ist eine Führung durch den Folterkeller, die dem Angeklagten, in diesem Fall dem Baron de Troyenne, aufzeigen soll, was ihn erwartet«, erklärte er und schob sie durch die Tür.
    Hinein in den Folterkeller.
    In die Hölle.
    Der Baron und die Wachen folgten, während die anderen Männer im Gang zurückblieben.
    »Was soll ich denn hier?«, flüsterte Catheline und hörte, wie ihre Zähne aufeinanderschlugen. Ihr Blick sprang zwischendem Baron und dem Promotor hin und her. Der eine blass und still, der andere ruhig und mit rosigen Wangen.
    »Pater Blouyn ist der Meinung, dass es nicht schaden kann, auch Euch über alles zu unterrichten, denn eine Komplizenfolter ist ebenso erlaubt wie eine Zeugenfolter«, antwortete der Promotor und schob Catheline ein Stück weiter.
    Hinein in die Tiefen der Hölle.
    »Der Beklagte, an dem die peinliche Befragung vorgenommen werden soll, wird zuerst entkleidet und bekommt einen Folterkittel umgelegt. Daraufhin werden ihm die Haare geschoren.« Kurz musterte der Promotor ihren Haarknoten. »Wäre schade darum, aber das tut nichts zur Sache. Noch einmal wird dem Angeklagten die Möglichkeit gegeben, sein Geständnis abzulegen. Wenn er noch immer keine Einsicht zeigt, beginnt die Folter.«
    Der Promotor schwieg, als wolle er dem Baron und ihr Zeit geben, den Schrecken des Ortes auf sich wirken zu lassen, die Apparaturen und Instrumente, von deren Existenz Catheline nicht einmal etwas geahnt hatte, genauer in Augenschein zu nehmen.
    »Der Scharfrichter, der die Hinrichtungen vornimmt, führt auch die peinliche Befragung durch. Begonnen wird diese mit dem Anlegen der Daumenschrauben, manchmal auch gleich mit dem Anlegen der Beinschrauben. Das dort ist die Streckbank. Demjenigen, der auf ihr liegt, wird zudem eine Rolle Stacheln unter den Rücken geschoben. In Tour Neuve arbeiten wir mit den bewährten Mitteln. Zudem verfügen wir noch über einen Stuhl mit hölzernen Stacheln. Sicherlich könnt Ihr Euch selbst ausmalen, wie es sein muss, dort Platz zu nehmen.«
    Catheline bemerkte, dass die stachelüberzogene Sitzfläche dunkler war als der Rest des Stuhles. Entsetzt blickte sie den Promotor an, und der lächelte freundlich zurück.
    Der Promotor bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Er zeigte in die Höhe: »Das ist der trockene Zug, eine kraftvolle Winde, an der die Hände festgebunden werden. Die Füße werden mit Steinen beschwert, und dann wird die Winde gedreht, um die Glieder zu strecken. Häufig kommt zusätzlich die Peitsche zum Einsatz.«
    Dann steuerte der Promotor auf eine Feuerstelle zu, die irgendwer vor ihrem Erscheinen befeuert hatte. Versonnen blickte er in die gelbrot züngelnden Flammen. Ohne aufzuschauen, deutete er zu einem Tisch, auf dem verschiedene Zangen lagen. »Zu guter Letzt kommt das Feuer. Die letzten verbliebenen Haare, also jene, die noch nicht geschoren wurden, werden abgebrannt, meist mit

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