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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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gehen?«, rief sie ihm zu.
    Er schüttelte den Kopf, öffnete die Tür und antwortete mit gesenkter Stimme: »Es tut mir leid, dass Ihr festgehalten werdet, aber dieser Pater Blouyn … Sagen wir es so: Er ist anders,als wir es uns vorgestellt haben. Das Anketten konnte ich Euch ersparen, mehr kann ich aber derzeit nicht für Euch tun. Außer …« Er trat beiseite und winkte den Gang hinab.
    Catheline hörte den Treibstecken, das vertraute gleichmäßige Klacken auf dem steinernen Boden und atmete aus.
    Kurz blieb Mathis stehen, musterte sie, während der Magister hinter dem Gitter aus Cathelines Blickfeld verschwand.
    Mathis hat den Magister nie leiden können, auch wenn ich nie verstanden habe, warum, durchfuhr es sie. Aber er muss ihn gefragt haben, ihn gebeten haben, mich sehen zu dürfen. Er hat seinen verdammten Stolz geschluckt und um Hilfe gebeten. Für mich. Sie machte zwei Schritte, stand vor ihm. Betrachtete ihn zärtlich, um dann die Arme um ihn zu schließen.
    »Geht es dir gut?«, flüsterte er.
    Catheline spürte gehauchte, flüchtige Küsse auf ihrem Haar. Sie schloss die Augen und lauschte Mathis’ Herzschlag nach.
    »War ich schlimm? Bei der Vernehmung, meine ich? Hat der Magister was gesagt? Hat er gesagt, wie es um mich steht?«
    »Der Magister ist selbst ratlos. Es gab wohl, deutete er Pfarrer Jeunet gegenüber an, eine Auseinandersetzung zwischen dem Pater und dem Bischof, weil der fürchtet, dass der Inquisitor sich zu sehr vom Geblüt des Angeklagten beeindrucken lässt.«
    Sie presste ihre Wange noch fester gegen Mathis’ Brustkorb. »Du meinst, Pater Blouyn hält mich fest, weil er mich vielleicht noch gebrauchen kann? Weil er vielleicht mich zur Schlachtbank führen wird?«
    »Nein, das ist Unsinn«, antwortete Mathis.
    Catheline hörte das Schlucken in seiner Kehle. Dann das Räuspern des Magisters.
    Zeit für den Abschied.
    Ihr wurde übel vor Angst. Gleich würde sie wieder der Einsamkeitgegenüberstehen, die, das wusste sie schon jetzt, noch grausamer zulangen und von ihr Besitz ergreifen würde. Sie ließ die Arme sinken und musste fast lachen. Es war Mathis, der sich inzwischen regelrecht an ihr festkrallte, sein Gesicht auf ihren Kopf presste und keine Anstalten machte, der Aufforderung des Magisters nachzukommen.
    Der zögerte nicht, trat neben Mathis und packte seinen Arm, zerrte daran. »Wir können nicht ewig bleiben, länger geht es nicht. Ich habe im Kerker alleine nichts zu suchen und Ihr schon gar nicht. Wenn man uns entdeckt, dann gnade uns Gott.«
    Die Tür wurde geschlossen. Mathis’ Rücken war gebeugt wie der eines alten Mannes. Unentwegt sah er sich um, bis er um eine Ecke verschwand.

    Inzwischen hatte der Mann einen Namen. Mathis Maury. Und jener lief immer langsamer und blieb schließlich stehen.
    Ungehalten drehte Julien sich um. »Nun kommt schon«, sagte er und wies zum Haupttor. »Ich begleite Euch noch, damit es mit der Nachtwache keine Schwierigkeiten gibt, weil Ihr so spät das Schloss verlasst.«
    »Danke«, sagte Mathis und bewegte sich dennoch nicht weiter.
    »Das ist nicht der Rede wert, und jetzt kommt.«
    »Es gibt da noch etwas, das ich Euch sagen muss.«
    Julien spürte, dass sich seine Schultern verspannten, ein untrügliches Zeichen, dass sich das nächste Problem ankündigte. »Was wollt Ihr mir sagen?«, fragte er gedehnt und sah sich um. Warum hatte dieser Hinkefuß darauf gewartet, bis sie allein waren?
    »Wir werden den Prozess nicht gewinnen können«, sagte Mathis Maury, und seine Stimme brach. »Was wird dann aus Catheline?«
    Julien trat näher und kniff die Augen zusammen. »Warum werden wir den Prozess nicht gewinnen?« Sein Herz begann zu hämmern.
    »Der Pater wird sie dann opfern, oder?«
    »Verdammt«, Julien ballte die Fäuste, »worum geht es?« Es kostete ihn Überwindung, diesen Bauern nicht am Umhang zu packen und ihn zu schütteln, bis die Antwort aus ihm herausfiel.
    »Es gibt eine Falschaussage«, nuschelte der, ohne ihn anzusehen.
    Ungläubig schüttelte Julien den Kopf. Er glaubte, das Wort »Falschaussage« vernommen zu haben. Das war unmöglich. Keiner dieser kleinen Bauern würde die Frechheit besitzen, bei einem Inquisitionsprozess zu lügen.
    »Blanche Boudet, sie hat eine Falschaussage gemacht.«
    »Wie lange wisst Ihr das schon?«
    »Seit wir Nantes erreicht haben.«
    O mein Gott, brüllte es in Julien auf, und seine rechte Faust raste vor. Schlug dem Bauern in die Magengrube, der zusammenknickte und auf die Knie

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