Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
beschritten, hämmerte es in ihrem Kopf, ist die Ehe erstritten.
Saint Mourelles
M athis hob die Hand, um an die Tür der Pfarrei zu klopfen, und ließ sie wieder sinken. Kurz betrachtete er die Maserung der verwitterten Holztür und überlegte, ob er nicht doch später wiederkommen sollte. In den letzten Tagen hatte er es erneut vermieden, den Pfarrer aufzusuchen, und auch an der Sonntagsmesse hatte er nicht teilgenommen. Blanche, die bei ihm erschienen war, um nach dem Rechten zu sehen, hatte er erzählt, dass sein Bein ihm unerträgliche Schmerzen bereiten würde.
Nochmals hob Mathis die Hand. Hämmerte mit der Faust an die Tür. Zu laut, zu lang, doch er musste sichergehen, dass sein Klopfen gehört wurde. Er konnte den Besuch nicht länger aufschieben, musste ihn endlich hinter sich bringen. Es war unwahrscheinlich, dass Catheline ihre Schwester getroffen und gesprochen hatte, seit er Jola bei den Stallungen auf dem Schlosshof begegnet war. Doch der Versuch, sich selbst zu beruhigen, scheiterte. Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Catheline die Wahrheit erfahren würde.
Mathis spürte, dass Wut in ihm aufkam. Er hatte Catheline deutlich gemacht, dass sie nicht heiraten würden. Es stand ihmfrei, seine Zeit zu verbringen, wie es ihm gefiel, und trotzdem wurde er das Schuldgefühl nicht los. Es bohrte sich immer tiefer in ihn hinein und war neben den Erinnerungen an Anias weiße Haut und flinke Finger, die ihn kurzatmig machten, beinahe das Einzige, was in seinem Kopf noch Platz fand.
Er wollte gerade die Hand heben, um das dritte Mal um Einlass zu bitten, als die Tür geöffnet wurde. Catheline stand vor ihm. Sie hatte ein Tuch ums Haar gebunden, und ihre Hände waren tropfnass. »Oh, du bist es«, sagte sie nur, wischte die Hände an der Kittelschürze ab und trat beiseite.
Der Pfarrer blickte aus der Studierstube in den Flur. »Mathis! Geht es dir wieder besser? Das freut mich, komm doch rein.«
Erleichtert setzte sich Mathis in der Studierstube an den Tisch.
Der Pfarrer schaute zu Catheline hinüber. »Würdest du uns bitte Apfelwein bringen?«, fragte er.
Wortlos verschwand Catheline. Mathis war unsicher, ob ihr Blick heute tatsächlich undurchdringlich wirkte oder ob diese Wahrnehmung nur das Ergebnis seines schlechten Gewissens war.
Der Pfarrer klopfte ihm auf die Schulter und verjagte den Gedankengang. »Gut, dass du wieder wohlauf bist, es ist viel geschehen in den letzten Tagen«, sagte er und ließ sich neben ihm nieder. Mathis betrachtete den Pfarrer aufmerksam, der fahrig über sein Haupt strich. »Catheline hat mir berichtet, dass der Baron dich mit einer falschen Auskunft abgespeist hat. Dass ihr davon ausgeht, dass entweder der Hauptmann oder er selbst mit den Taten in Zusammenhang stehen könnte. Darüber habe ich Magister Lacante per Boten informiert.«
Die Tür öffnete sich, und Catheline trat ein, sie trug einen Krug und zwei Becher bei sich.
»Wie kommst du dazu, Pfarrer Jeunet zu erzählen, dass der Baron mit den Taten in Zusammenhang steht?«, fuhr Mathis sie an und hörte, dass seine Stimme die kaum verhohlene Wut verriet.
Catheline stellte die Becher ab, goss aufreizend langsam den Apfelwein ein, schob sie vor den Pfarrer und ihn und platzierte dann den Krug mittig auf dem Tisch. Sie machte sich nicht die Mühe, ihn anzusehen. »So ist es doch, oder? Er verbreitet Lügen, das haben wir doch festgestellt.«
Mit der flachen Hand schlug Mathis auf den Tisch, dass der Pfarrer und Catheline zusammenzuckten. »Herrgott, Pfarrer Jeunet hat den Bischof angeschrieben mit Mutmaßungen und Gerüchten. Gerüchten, die du in die Welt setzt, weil du wütend auf mich bist.«
Jetzt erwiderte Catheline seinen Blick, eine Braue steil in die Stirn erhoben. »Wie bitte? Ich soll wütend auf dich sein? Wovon redest du da?«
»Du bist wütend, weil ich so viel Zeit auf dem Schloss verbringe und weil deine Schwester dir Unwahrheiten einflüstert. Es geht dir doch nur darum, mir klarzumachen, dass ich unrecht habe. Immer unrecht habe, egal, was ich tue.«
»Was hat Jola damit zu tun?«, fragte Catheline misstrauisch und legte den Kopf schräg.
Verdammt, fluchte Mathis innerlich. Ein wahrlich gelungener Auftakt für ein Gespräch! Wie konnte ich Catheline auf Jola ansprechen? Ich bin so blöde, wie ich lahm bin. Er räusperte sich und hoffte, dass seine nächste Feststellung zur Ablenkung taugen würde. »Ich habe mit dem Baron gesprochen, und ich denke, dass ich weiß, wer als
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