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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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wiedersehen, doch er musste auch zur Kenntnis nehmen, dass sie sein Erscheinen auf dem Gutshof unterband. Obwohl sie ihn angeschrieben und um einen Termin für ein vertrauliches Gespräch gebeten hatte.
    Julien fixierte das Tor, und nach kurzer Zeit huschte Bérénice hindurch. Langsam schritt sie aus, als wäre sie spazieren, mehrfach hielt sie inne und schien die Aussicht zu genießen. Sie verhielt sich wie eine Frau, die etwas zu verbergen hatte. Umgehend erhob sich Julien und zog sich weiter in den Wald zurück, woraufhin sie ihren Schritt beschleunigte.
    Kurz darauf stand sie vor ihm, die Haut ihres Gesichtes war vom Wind leicht gerötet. Ein wenig außer Atem lächelte sie ihn an.
    »Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit nehmt, mich zu empfangen.Wenn ich ungelegen komme, müsst Ihr es mir nur mitteilen«, begrüßte Julien sie.
    Bérénice winkte ab. »Ich freue mich sehr über Euren Besuch. Aber bittet Euren Boten das nächste Mal, dass er Eure Schreiben unbedingt nur mir selbst übergibt. In diesem Haus kommt nicht jeder Brief bei seinem Empfänger an. Euer Brief hat mich zwar erreicht, aber es gab in letzter Zeit einige Probleme grundsätzlicher Art.«
    Julien lachte kurz auf. »Auch ich wäre schon längst bei Euch erschienen, wenn der Vikar mir Euer Anschreiben früher überreicht hätte. Er hatte es entgegengenommen und schlichtweg vergessen.«
    Sie schüttelte den Kopf und musste ebenfalls lächeln. »Genug davon, das Wetter ist heute so mild, ich dachte, Ihr hättet vielleicht ein wenig Freude daran, mich bei meinem Spaziergang zu begleiten? Auch hier lässt sich mein Anliegen besprechen.«
    Julien bot ihr seinen Arm an und genoss die Berührung, als sie sich bei ihm einhakte. Nicht nur, dass sie meine Anwesenheit verheimlicht, sie will auch sichergehen, dass meine Briefe nicht in falsche Hände geraten, unabhängig davon, dass sie stets formell verfasst sind. Sie benimmt sich …, er schluckte trocken, sie benimmt sich tatsächlich wie eine Frau, die etwas verheimlichen will. Welchen Grund sie für ihr Verhalten auch immer haben mag, es ist ihre Entscheidung, ob und wann sie mich ins Vertrauen zieht, beschloss er und genoss die Sonnenstrahlen, die durch die Bäume fielen und den Wald in ein reizvolles Licht- und Schattenspiel tauchten. Diese Frau blieb ihm ein Rätsel. Schon die Tatsache, dass sie im Wald mit ihm spazieren ging, allein, anstatt ihn offiziell im Beisein anderer zu empfangen, war seines Erachtens nach in seiner Konsequenz kaum zu überbieten. Fast hätte er den Kopfgeschüttelt, so vertieft war er in seine Gedanken, die nicht weiterführten.
    »Wart Ihr schon einmal in Troyes?«, unterbrach Bérénice seine Grübeleien, deutlich um einen Plauderton bemüht.
    Er nickte, musterte ihr Profil, beeindruckt vom Schwung ihrer Wimpern und den weichen Lippen. »Ja, warum?«
    »Stimmt es, dass dort Hausaltare hergestellt werden?«
    »Ja, man arbeitet in Troyes viel mit Elfenbein, schneidet die schönsten Diptychen und Triptychen daraus.«
    Sie nickte. »In meinem Gemach habe ich ein Betpult, es ist mit Schnitzereien verziert und eine wahre Augenweide. Doch neben dem Fenster würde ich gern noch einen Hausaltar aufstellen, die Lichtverhältnisse dort sind gut. Ich habe mal einen mit bemalter Predella gesehen, er war wunderschön, besonders wenn er geschlossen war. Auf den beiden Flügeltüren sah man den Engel, der Maria erschien und ihr die Ankunft des Heilands verkündete. Das ist eine meiner liebsten Stellen in der Bibel.«
    Der Gedanke an ihr Gemach ließ Julien einen Schauer den Rücken hinablaufen. Sie richtet sich hier ein, frohlockte er. Weit weg von ihrem Mann. Auf dem Hinritt war es ihm aufgefallen: Anjou war eine Idylle. Eine Landschaft, in der sich Felder und dichte Wälder abwechselten. Immer wieder unterbrach das weithin erkennbare Muster der Weinfelder, in denen die Rebstöcke Spalier standen, den Wechsel von Feld und Wald. Es war eine Umgebung, die Bérénice sichtbar glücklich machte. Zumindest wirkte sie gelöster, und die Züge in ihrem Gesicht waren weicher geworden.
    Als hätte sie seine Gedanken erahnt, sagte sie: »Vielen Dank, dass Ihr den Weg auf Euch genommen habt und ins Anjou gekommen seid. Schließlich ist es nicht mehr Eurer Diözese zuzurechnen. Ich hoffe, dass der Liebreiz der Umgebung Euch ein wenig für den längeren Ritt entschädigt hat.« Sie schaute ihndirekt an und blieb erschrocken stehen. »Was bedrückt Euch? Ich sehe doch, wie sich Euer Blick

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